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Götz von Berlichingen

Johann Wolfgang von Goethes 1773 erschienenes historisches Schauspiel »Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand« wurde 1774 in Berlin uraufgeführt und ist eines der bekanntesten Werke der Literaturepoche des Sturm und Drang.
Götz von Berlichingen
Johann Wolfgang von Goethe
Götz von Berlichingen

Werkdaten

Titel
Götz von Berlichingen
Vollständiger Titel
Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand
Gattung/Textsorte
Erscheinungsjahr
1773
Uraufführung
1774
Literarische Epoche oder Strömung

Inhaltsangabe

Johann Wolfgang von Goethes 1773 erschienenes historisches Schauspiel »Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand« wurde 1774 in Berlin uraufgeführt und ist eines der bekanntesten Werke der Literaturepoche des Sturm und Drang. An einer Vielzahl von Handlungsorten werden die Zeit und das Leben des Ritters Gottfried »Götz« von Berlichingen geschildert. Der Protagonist lebt im 16. Jahrhundert, dem Übergang vom Mittelalter zur Moderne, und ist als freier Ritter den traditionellen Werten von Ehre und Treue verbunden. Er führt einen aussichtslosen Kampf gegen die neue Weltordnung, die sein ehemaliger Jugendfreund und heutiger Gegenspieler, der Ritter Adelbert von Weislingen, repräsentiert.


1. Akt

Der Ritter Götz von Berlichingen hat im Kampf die rechte Hand verloren. Diese wurde durch eine eiserne Prothese ersetzt. Trotz seiner Behinderung setzt er sich weiter für Freiheit und Gerechtigkeit ein. Er erkennt nur den Kaiser und Gott als Herren an. Die Fürsten hassen ihn deshalb, während er von Bauern und einfachen Leuten verehrt wird. Seine Frau Elisabeth unterstützt ihren kämpferischen Mann, seine Schwester Maria dagegen sähe Götz gern angepasster. Carl, sein Sohn, ähnelt seiner sanftmütigen Tante.

Götz von Berlichingen lebt in Fehde mit dem Bischof von Bamberg und bringt dessen Gefolgsmann Adelbert von Weislingen als Gefangenen auf seine Burg Jagsthausen. Er behandelt ihn freundlich und erinnert sich der gemeinsamen Jugend. Er kann nicht verstehen, warum Weislingen seine Unabhängigkeit als Ritter aufgegeben und sich zum Fürstendiener gemacht hat. Es gelingt ihm, den Freund zurückzugewinnen und auf seine Seite zu ziehen: Weislingen will sich vom Bischof lossagen und frei leben. Zudem verlieben sich Weislingen und Maria ineinander. Götz gibt dem Verlöbnis der beiden seinen Segen.


2. Akt

Im Auftrag des Bischofs von Bamberg reist der Höfling Liebetraut zu Weislingen, um diesen zur Rückkehr nach Bamberg bewegen. Weislingen erliegt Liebetrauts Schmeicheleien und der Aussicht auf die Gunst der unbekannten schönen Adelheid von Walldorf und folgt ihm nach Bamberg. Dort kündigt er dem Bischof seinen Dienst auf. Der verführerischen Adelheid gelingt es jedoch, ihn umzustimmen und zum Bleiben zu bewegen. Als Götz vom Verrat des Freundes und zukünftigen Schwagers erfährt, beginnt Adelheid bereits, den wankelmütigen Weislingen und seine Untätigkeit zu verachten.


3. Akt

Nachdem Berlichingen mit seinem Kameraden Hans von Selbitz reiche Kaufleute überfallen hat, suchen diese Hilfe beim Kaiser. Dieser hat eine hohe Meinung von den Angreifern. Er wird jedoch von Weislingen aufgehetzt, belegt Berlichingen mit der Reichsacht und lässt ihn von einem Exekutionsheer verfolgen. Unterdessen hält der Ritter Franz von Sickingen bei seinem Freund Götz um die Hand von Maria an und Berlichingen stimmt der Verbindung zu.

Nach heftigen Kämpfen zwischen dem Reichsheer und Berlichingens Gefolgsleuten gelingt Berlichingen der Rückzug auf seine Burg. Er verheiratet Maria mit Sickingen und befiehlt dem Paar, Jagsthausen zu verlassen und sich vor den heranziehenden Truppen in Sicherheit zu bringen. Die Burg wird belagert und trotz seiner bedrängten Situation verspottet Berlichingen seine Angreifer. Er erklärt, dass er einzig dem Kaiser Respekt erweise. Schließlich handeln Berlichingens Gefolgsleute freien Abzug aus. Als Berlichingen die Burg verlässt, wird er festgesetzt.


4. Akt

Die Ratsherren von Heilbronn sitzen über Berlichingen zu Gericht. Er soll – angeblich im Namen des Kaisers – begnadigt werden, sofern er ein öffentliches Geständnis ablegt. Berlichingen lehnt ab: Der Überfall auf die Kaufleute war nach seiner Überzeugung kein Angriff auf den Kaiser und das Reich. Er kommt frei, als sein Schwager Sickingen dem Rat der Stadt droht, ganz Heilbronn niederzubrennen. Berlichingen kann sich nach Jagsthausen zurückziehen. Der Kaiser wird zunehmend alt und schwach, stellt sich jedoch vor Götz, was Weislingen wütend macht. Auf seiner Burg eingeschlossen und zur Untätigkeit gezwungen, beginnt Berlichingen widerwillig, seine Geschichte aufzuschreiben.


5. Akt

Im Bauernkrieg zwingen die Aufständischen Berlichingen, den Bann zu brechen und seine Burg zu verlassen. Er beugt sich dem Druck der gemäßigten Bauern Kohl und Wild und übernimmt für vier Wochen die Hauptmannschaft. Er will sich für die Ziele der Bauern einsetzen und verlangt dafür den Verzicht auf Gewalttaten. Die Bauern Metzler und Link sind mit der Übereinkunft jedoch nicht einverstanden und brennen mit ihren Anhängern die Burg Miltenberg nieder. Weislingen macht mit seinen Reitern Jagd auf Berlichingen. Dieser wird schwer verwundet festgenommen.

Adelheid ist ihres Mannes so überdrüssig, dass sie ihn töten lässt. Ihr ergebener Geliebter, Weislingens Knappe Franz, vergiftet seinen Herrn. Auf dem Sterbebett lässt Weislingen sich von Maria erweichen und vernichtet das von ihm unterschriebene Todesurteil gegen Berlichingen. Franz stürzt sich aus Verzweiflung über seine Tat in den Main, Adelheid von Weislingen wird wegen Ehebruchs und Mordes von einem Femegericht zum Tode verurteilt.

In Gegenwart seiner Frau Elisabeth und Schwester Maria stirbt Götz von Berlichingen in seinem Kerker in Heilbronn. Er sagt den Anwesenden eine düstere Zukunft unter einer ehrlosen Regierung voraus und im Augenblick seines Todes ruft er nach Freiheit.


Das Schauspiel »Götz von Berlichingen« ist ein Markstein in der Entwicklung des deutschen Dramas und begründete Goethes Ruhm. Eine erste Niederschrift des sogenannten »Urgötz« erfolgte 1771 als dramatisierte »Lebensbeschreibung des Herrn Gözens von Berlichingen«. Nach einer Umarbeitung wurde daraus das vorliegende Drama. Die zahlreichen Handlungsorte der mehr als fünfzig Szenen und die Fülle der Figuren in diesem Klassiker erinnern an die Dramen Shakespeares. Hier wie dort prallen Individualität und persönliche Eigenheiten der Protagonisten auf sich verändernde gesellschaftliche Verhältnisse.

Veröffentlicht am 5. August 2014. Zuletzt aktualisiert am 27. September 2022.

Autor des Werkes

Deutscher Schriftsteller, Künstler und Politiker
Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832), der größte deutsche Dichter und Denker, war ein Universalgenie. Als Naturforscher kam er zu bedeutenden Erkenntnissen. Der »Dichterfürst« war zudem Staatsmann und beeinflusste die Kunst seiner Zeit. Berühmt ist auch Goethes Farbenlehre.

Kurze Zusammenfassung

Der Ritter Götz von Berlichingen hat den alten Freund Weislingen, inzwischen ein Vertrauter des Bischofs, gefangen genommen, weil der Bischof von Bamberg einen seiner »Buben« (Knappen) inhaftiert hat: Fürstliche Macht steht in Fehde mit freiem Rittertum. Weislingen entscheidet sich erneut für Götz, verlobt sich mit dessen Schwester, kehrt jedoch, von einem Höfling zu der verführerischen Adelheid gelockt, an den Bamberger Hof zurück und intrigiert von nun an gegen Götz, der sich durch Überfälle rächt und deshalb mit der Reichsacht belegt wird. Vor ein Gericht gestellt, befreit ihn Sickingen. Der Kaiser schätzt die Geradlinigkeit Götz‘, der sich – entgegen der Festlegung, auf seinem Schloss in ritterlicher Haft zu bleiben – kurzzeitig den aufständischen Bauern anschließt, um ihnen zu ihrem Recht zu verhelfen. Götz wird von Weislingens Truppen gefangen genommen. Weislingen wird ermordet. Die Anstifterin Adelheid, der Weislingen und andere verfallen waren, findet ihr Ende durch ein Femeurteil. Götz stirbt in Gefangenschaft.

Zeitgeschichtlicher Hintergrund

Goethe lebte von 1749 bis 1832, nach seinem Studium in Leipzig (1765–1768) und Straßburg (1770/71) seit 1775 vorwiegend in Weimar, der Hauptstadt des Herzogtums (seit 1815 Großherzogtums) Sachsen-Weimar-Eisenach.

Angeregt durch die »Lebens-Beschreibung« des historischen Götz, durch Freunde in Straßburg und die Schwester schrieb Goethe zunächst 1771 den »Urgötz«, die erste Fassung des »Götz von Berlichingen«, der 1773 die neu gestaltete endgültige Fassung folgte.

Das Stück brach mit dem französischen Klassizismus und seinen deutschen Anhängern (Gottsched); es ist ein Höhepunkt der Dramatik des Sturm und Drang und gilt als erstes nationales deutsches Geschichtsdrama und eigenständige Nachfolge Shakespeares.

Entstehung und Quellen

Die entscheidende Quelle war Götz’ »Lebens-Beschreibung«, 1731 erschienen. Andere Materialien waren die »Chronica« (1531) Sebastian Francks, literarische Texte (Gerstenbergs »Ugolino«) und rechtshistorische Werke. In sechs Wochen entstand 1771 die erste Fassung. Nach konstruktiver Kritik Herders schrieb Goethe vom Januar bis März 1773 das Stück neu.

Chronologie und Schauplätze

Der historische Götz (Gottfried) von Berlichingen, ein fränkischer Reichsritter, wird um 1480 auf der Burg Jagsthausen in Württemberg geboren, beteiligt sich an Kriegen Kaiser Maximilians I., führt Fehden gegen Nürnberg und den Schwäbischen Bund. Er wird in Heilbronn inhaftiert und von Franz von Sickingen befreit. 1525 führt Götz in Schwaben einen Haufen aufständischer Bauern im Bauernkrieg. Im Stück stirbt er 1525 in Gefangenschaft, tatsächlich tritt sein Tod erst 1562 auf Burg Hornberg in Neckarzimmern ein. Maximilian I. starb bereits 1519 – beträchtliche Zeit vor dem Bauernkrieg –, Sickingen 1523. Das Stück zieht verschiedene historische Ereignisse zusammen und spielt von 1517 bis 1526. Es hat 50 Schauplätze, handelt in Franken (und begrenzt in Schwaben): Es beginnt in Schwarzenberg, spielt vorwiegend auf Götz‘ Burg Jagsthausen, am Bischofssitz in Bamberg und in Heilbronn, wo Götz stirbt.

Hauptpersonen

Götz von Berlichingen:

  • fränkischer Reichsritter, nur dem Kaiser untertan, historische Gestalt,
  • kraftvoller Selbsthelfer von ca. 45 Jahren,
  • rechtsbewusst, tugendhaft, ehrlich, aber auch Raubritter,
  • sein Rittertum ist durch die moderne Kriegstechnik historisch überholt.

Elisabeth:

  • wie ein Spiegel für Götz‘ Charakter,
  • weibliche Entsprechung zu Götz ohne eigenes Profil,
  • praktisch denkende, energische Hausfrau.

Carl:

  • wohlerzogener Sohn Elisabeths und Götz‘,
  • gibt die Tradition des freien Reichsritters, damit des Selbsthelfers auf,
  • wird im Kloster erzogen.

Maximilian I.:

  • tritt im Zentrum des Stückes auf, historische Gestalt: Kaiser des Hlg. Röm. Reiches Deutscher Nation,
  • begabter Politiker und erfolgreicher Kriegsherr, »der letzte Ritter auf dem Thron«,
  • gebildeter Politiker, Mäzen der Kunst, leidenschaftlicher Jäger.

Weislingen:

  • ursprünglich wie Götz als freier Ritter geboren, fiktive Gestalt,
  • geschmeidiger Hofmann und Politiker,
  • zwiespältiger Charakter, in den Goethes eigene Treulosigkeit eingearbeitet wurde,
  • politisch und ökonomisch der moderne Mensch.

Sickingen:

  • historische Gestalt, Führer der Ritterschaft, gilt ebenfalls als »letzter Ritter«,
  • charakterlich Götz ähnlich,
  • interessante Rittergestalt mit der Utopie einer Adelsdemokratie.

Adelheid von Walldorf:

  • Frauenfigur vom Typus Femme fatale: intelligent, schön und gefährlich,
  • setzt ihre Ziele mit Verführung und Verbrechen durch,
  • dämonische Figur des Sturm und Drang.

Maria:

  • Götz‘ Schwester und liebende Frau, liebt Weislingen, heiratet Sickingen,
  • vertritt eine christlich geprägte Erziehung und setzt sie bei Carl um,
  • Kontrastperson zu Elisabeth und Adelheid.

Metzler:

  • Georg Metzler von Ballenberg, Bauernführer im Bauernkrieg, historische Gestalt,
  • eröffnet gemeinsam mit Sievers, einer erfundenen Gestalt, das Stück,
  • wird zum Gegenspieler des Götz von Berlichingen, hingerichtet.

Stil und Sprache

  • Die altertümlich wirkende Sprache geht auf Götz‘ Biografie zurück und schafft Zeitkolorit, differenziert nach den verschiedenen Gruppen.
  • Statt Vers und rhythmisierter Sprache freie Rede nach dem Vorbild Shakespeares.
  • Mit Sprache werden soziale Unterschiede zwischen Hof und Volk beschrieben.

Bekannte Textstellen

»Es wird einem sauer gemacht, das bisschen Leben und Freiheit.« (1. Akt)

»Wo viel Licht ist, ist starker Schatten – doch wär mir’s willkommen. Wollen sehen, was es gibt.« (1. Akt)

»Vor Ihro Kaiserliche Majestät hab ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber, sags ihm, er kann mich im Arsch lecken.« (3. Akt)

Interpretationsansätze

  • formale Besonderheiten eines Sturm-und-Drang-Dramas: Titel, Auflösung der Dreieinheit usw.
  • nationales Geschichtsdrama und Ansätze zum bürgerlichen Schauspiel
  • die Veränderungen in beiden Fassungen, die neue Gestalt des 5. Aktes
  • der Unterschied zwischen Götz‘ historischer und dramatischer Bedeutung
  • der Einfluss Shakespeares

Lektürehilfe

Königs Erläuterungen zu »Götz von Berlichingen«

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