Hans Falladas Roman »Kleiner Mann – was nun?« erschien 1932. Folgen der damaligen Weltwirtschaftskrise wie hohe Arbeitslosigkeit, Armut, Werteverlust und politische Orientierungslosigkeit werden am Beispiel des Angestellten Johannes Pinneberg und seiner Frau Emma, genannt Lämmchen, geschildert. Die Handlungszeit umfasst die Jahre 1930 bis 1932, Schauplätze sind die Kleinstadt Ducherow an der Ostsee und Berlin.
Vorspiel: Die Sorglosen
Als die zweiundzwanzigjährige Verkäuferin Emma Mörschel, genannt Lämmchen, und der ein Jahr ältere Buchhalter Johannes Pinneberg erfahren, dass sie ein Kind erwarten, heiraten sie kurz entschlossen. Glücklich verliebt stellen sie sich auf ein Leben in bescheidenen Verhältnissen ein. In der Arbeiterfamilie, aus der Lämmchen stammt, ist der Angestellte Pinneberg nicht willkommen; zu seiner Mutter Mia, einer Lebedame in Berlin, hat er keinen Kontakt.
Erster Teil: Die kleine Stadt
Nach der Hochzeit bezieht das Paar ein möbliertes Zimmer außerhalb von Ducherow. In einem Brief an Mia stellt Lämmchen sich als Schwiegertochter vor. Pinneberg versucht, seinen Ehestand im Ort zu verheimlichen. Sein Chef, der Getreidehändler Kleinholz, will ihn nämlich mit seiner Tochter Marie verkuppeln. Als Kleinholz Johannes und Lämmchen in flagranti ertappt, entlässt er seinen Buchhalter. Weder die Gewerkschaft der Angestellten noch sein früherer Arbeitgeber Bergmann, Inhaber eines Konfektionsgeschäfts, sehen sich in der Lage, Pinneberg zu einer neuen Stelle zu verhelfen. Mia lockt das Paar mit der Aussicht auf Arbeit nach Berlin.
Zweiter Teil: Berlin
Trotz Einstellungsstopps gelingt es Mias Liebhaber Holger Jachmann, Johannes eine Stelle als Verkäufer in der Herrenabteilung im Kaufhaus Mandel zu verschaffen. Das junge Ehepaar wohnt zunächst bei Mia, die eine unangemessen hohe Miete verlangt. Zudem muss Emma ihr unentgeltlich den Haushalt führen. Bis spät in die Nacht feiern Mia und Jachmann teure und laute Partys.
Pinneberg ist ein guter Verkäufer; gleichwohl wird ihm von den Vorgesetzten keine Wertschätzung entgegengebracht und sein Gehalt entspricht nicht seinen Erwartungen. In seinem Kollegen Heilbutt findet Johannes einen Freund.
Mia geht in ihrer Wohnung zweifelhaften Kuppel-Aktivitäten nach, was Johannes im Betrieb in Schwierigkeiten bringt. Der Tischlermeister Puttbreese vermietet dem Paar illegal eine Wohnung im oberen Teil eines Lagerschuppens. Trotz materieller Entbehrungen genießen Lämmchen und Johannes ihre Zweisamkeit.
Wenig später wird im Kaufhaus Mandel der hoch dotierte Organisator Spannfuß eingestellt, der Einsparungen vornehmen soll. Neu eingeführte Verkaufsquoten erhöhen den Druck auf die Angestellten. Der Konkurrenzkampf nimmt zu und es kommt zu Betrügereien.
Gegen Ende der Schwangerschaft stellt Lämmchen sich immer mehr auf ihr Kind ein. Johannes fühlt sich – auch sexuell – vernachlässigt. Im März 1931 wird der Sohn Horst geboren, von den Eltern Murkel genannt. Das Geld im Haus Pinneberg wird immer knapper. Die finanzielle Beihilfe zur Geburt, eine Leistung der Krankenversicherung, lässt auf sich warten. Pinneberg leidet unter der Armut und der Rechtlosigkeit des »kleinen Mannes«.
Unterdessen geht die Rationalisierung bei Mandel weiter, die Verkaufsquote ist schwer zu erreichen und Angst regiert unter den Mitarbeitern. Überraschend wird der erfolgreiche Heilbutt entlassen. Er ist Anhänger der FKK-Bewegung (Freikörperkultur). Aktfotos von ihm kursieren neuerdings auf der Straße und gefährden angeblich den Ruf des Unternehmens Mandel.
Als Murkel zahnt und Pinneberg nach einer durchwachten Nacht zu spät zur Arbeit kommt, wird er verwarnt. Sorge und Armut schwächen zunehmend sein Selbstbewusstsein. Er ist gedrückter Stimmung, was sich auch auf seine Ehe auswirkt. Ende September ist er sicher, seine Verkaufsquote nicht zu schaffen, als unerwartet Franz Schlüter erscheint. Aufgeregt bedient Pinneberg den Schauspieler, den er aus dem Kino kennt. Schlüter probiert viele Teile an, kauft jedoch nichts. In seiner Verzweiflung schildert Pinneberg ihm seine bedrängte Lage und fleht ihn an, er möge ihm etwas abkaufen. Pinneberg hofft auf Schlüters Verständnis, da dieser im Film die Rolle des »kleinen Mannes« spielt. Tatsächlich beschwert Schlüter sich über Pinnebergs Zudringlichkeit. Dieser wird daraufhin fristlos entlassen.
Nachspiel: Alles geht weiter
Vierzehn Monate später, im November 1932, wohnen die Pinnebergs in einer Laube vierzig Kilometer östlich von Berlin, die Heilbutt ihnen mietfrei überlässt. Ihr Leben inmitten streitender Nachbarn, Kommunisten und Nationalsozialisten, ist trostlos, die finanzielle Not groß. Johannes macht die Hausarbeit und kümmert sich um Murkel. Politisch bezieht er keine Position. Lämmchen stopft unterdessen bei wohlhabenden Leuten Strümpfe. Sie verwaltet das knappe Geld der Familie, hält um ihres Mannes willen die Moral aufrecht und kämpft für eine bessere Zukunft.
Zweimal in der Woche fährt Pinneberg nach Berlin, um seine Arbeitslosenunterstützung abzuholen. Seine Kleidung ist zerschlissen und schmutzig. Eines Tages wird er von einem Polizisten herumgestoßen und gedemütigt. Unter Lämmchens Blick und in ihren Armen findet Johannes seine Würde wieder. Das Paar fühlt sich sicher und geborgen in seiner Liebe.
Der Roman machte Fallada quasi über Nacht berühmt und sein Titel erlangte einen bis heute sprichwörtlichen Charakter: »Kleiner Mann – was nun?«. Am Ende der Weimarer Republik greift der Autor die Themen auf, die die Menschen auf der Straße bewegen. Der Roman gehört zur Literaturströmung der »Neuen Sachlichkeit«, die sich um eine objektive Darstellung der Realität bemüht. Eine politische Antwort auf die im Titel gestellte Frage gibt der Autor nicht: Einzig der Rückzug auf das kleine private Glück sichert das Überleben der Pinnebergs.
Hinweis: Die im Roman erwähnte »Deutsche Angestellten Gewerkschaft« ist eine fiktive Bezeichnung und steht in keiner Verbindung zur 1945 gegründeten »Deutsche Angestellten-Gewerkschaft« (DAG).