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Kapitel 7

Zusammenfassung

Hans und sein Vater arbeiten gemeinsam an der Mostpresse. Dabei helfen ihnen zwei Kinder des Schuhmachers, von denen Hans erfährt, dass Emma am Morgen heimgereist ist. Er denkt den ganzen Tag an Emma: Einerseits schmerzt ihn ihre Abreise, andererseits ärgert er sich über die Arroganz, die sie ihm gegenüber an den Tag gelegt hat. Dazu kommt, dass seine neu erwachte Sehnsucht nach ihr noch immer ungestillt ist. Das Ergebnis all dieser Emotionen ist eine »trübe Qual« (S. 159), die Hans die ganzen nächsten Tage plagt und auch nachts wachhält – Liebeskummer.

Währenddessen rückt sein erster Tag als Mechanikerlehrling immer näher. Bei dem Gedanken daran wird ihm zunächst elend zumute. Er fühlt sich in seinem Stolz gekränkt, dass er nun nach all den Jahren Studium als kleiner Lehrling anfangen soll. Allmählich aber beginnt Hans sich mit dem Gedanken anzufreunden. Seine düstere Stimmung, verursacht durch Emmas Abreise, hellt sich ein wenig auf.

Dennoch scheint für Hans zusammen mit Emmas Abreise alles Schöne und Begehrenswerte aus der Welt verschwunden zu sein. Seinen Ärger über sie hat er mittlerweile vergessen, stattdessen idealisiert er sie in seinen Gedanken. Dass es abgesehen von ihr noch andere schöne Dinge im Leben gibt, will Hans gar nicht mehr wahrnehmen.

Er fängt als Mechanikerlehrling an. Da er nicht so stark ist, soll er zunächst leichtere Aufgaben erledigen und mit dem eigentlichen Schmieden erst später anfangen, wenn er zu Kräften gekommen ist. Zum ersten Mal in seinem Leben produziert Hans etwas Sichtbares und Brauchbares – und es gefällt ihm. In der Werkstatt fühlt er sich als Teil eines großen Ganzen. Die Ernüchterung folgt jedoch rasch: In der Mittagspause ist er erschöpft, er fühlt sich unendlich müde, und auch seine qualvollen Erinnerungen an Emma holen ihn wieder ein.

Die körperlich anstrengenden Aufgaben in der Werkstatt beginnen schnell, Hans zu überfordern und bereits am zweiten Tag ist er »hoffnungslos« und »todunglücklich« (S. 165). Am Sonntag lädt August, der ebenfalls in der Werkstatt arbeitet, ihn ein, mit ihm und ein paar Freunden nach Bielach zu kommen. Auf dem Weg zu seinem Treffen mit August bemerkt Hans, dass er zum ersten Mal seit Monaten wieder Gefallen an einem Sonntag findet. Als er auf die Gruppe um August und seine Freunde trifft, freut er sich, zu ihnen gehören zu dürfen.

Auf dem Hinweg nach Bielach raucht Hans seine erste Zigarre und es herrscht ausgelassenes Geplauder unter den Handwerksburschen. Sie erzählen einander wilde Geschichten in sagenhaftem Ton, übertreiben und schmücken aus. Oft ähneln sich diese Geschichten sehr, da auch die Erlebnisse der Handwerksburschen sich sehr ähneln. Hans jedoch ist hingerissen und vergnügt, er lacht viel und fühlt sich fast schon als einer von ihnen. Sticheleien gegen ihn gibt es nur wenige, und wenn, dann sind sie harmlos.

In Bielach kehren sie zunächst in den »Anker« ein, ein eher modernes Lokal. Sie rauchen und trinken viel – was Hans im Stillen bewundert. Er lacht mit den anderen mit, riskiert sogar ein paar Witze und genießt es, Teil der Gruppe zu sein. Er trinkt ordentlich Bier und taut unter der Wirkung des Alkohols noch ein wenig mehr auf. Bald schon wird er jedoch so betrunken, dass er ein wenig die Kontrolle über das verliert, was er tut. Dennoch trinkt er weiter, bis ihm schwindelig wird. Da wird Hans klar, dass er betrunken ist, und schlagartig lässt seine Freude an der Trinkerei nach. Ihm graust vor dem Heimweg, der Reaktion des Vaters und dem nächsten Tag in der Werkstatt.

Den Heimweg tritt Hans ganz allein an, und es plagen ihn Scham und Selbstvorwürfe.
Zuhause wartet sein Vater auf die Rückkehr des Jungen. Dieser ist wütend, dass Hans so lang weggeblieben ist und will ihm eine Lektion erteilen, wenn er heimkommt. Schließlich aber schläft er ein. Hans treibt derweil leblos einen Fluss hinab. Ob er gestürzt und ertrunken ist, oder ob er Suizid begangen hat, bleibt unklar. Am nächsten Tag wird sein Körper gefunden und zum Vater nach Hause gebracht. Der weint zwar nicht, schaut aber ständig zu Hans’ Körper herüber, auf dessen Gesicht im Tod nun ein zufriedener Ausdruck zu sehen ist.

Die Beerdigung zieht zahlreiche Schaulustige an. Wieder einmal ist Hans zur Berühmtheit geworden. Die Lehrer, der Rektor und Hans’ Vater beklagen seinen frühen Tod: Er sei so begabt gewesen, aus ihm hätte etwas anderes werden können. Keiner von ihnen kann sich erklären, warum Hans so früh gestorben ist, abgesehen von Schuhmacher Flaig, der leise anmerkt, dass es die Schulmeister gewesen seien, die Hans so weit gebracht hätten (S. 180).

Analyse

Emmas Abreise versetzt Hans in eine noch düsterere Stimmung als zuvor. An dieser Stelle wäre es naheliegend, anzunehmen, dass Hans lediglich an seinem ersten Liebeskummer leidet. Hinter seinen Qualen steckt jedoch noch mehr: In Gedanken hat er Emma so sehr idealisiert, dass sie nicht mehr viel gemeinsam hat mit dem eigentlichen, realen Mädchen. Hans sieht in ihr jetzt eine Personifikation des Schönen. Ihre Heimreise bedeutet für ihn dementsprechend nicht einfach die Abreise eines gewöhnlichen Mädchens, in das er sich verliebt hat. Emmas Verschwinden kommt für ihn dem Verschwinden alles Schönen aus der Welt gleich.

Das zeigt sich besonders im folgenden Absatz:

    Mit Emma schien ihm alles Begehrenswerte und aller Zauber des Lebens nahe gewesen und tückisch wieder entglitten zu sein. Er dachte nicht mehr an die Qual und Beklemmung, die er bei ihr empfunden hatte. Wenn er sie jetzt wieder hätte, glaubte er, würde er nimmer schüchtern sein, sondern ihr alle Geheimnisse entreißen und ganz in den verwunschenen Liebesgarten eindringen, dessen Tor ihm jetzt vor der Nase zugeschlagen war. (S. 160)

Hans sieht nicht mehr, dass es auch ohne Emma noch Schönes in der Welt gibt. Daher stürzt ihn ihre Abreise in einen tiefen emotionalen Abgrund. Erst seine neue Arbeit schafft es, ihn zeitweise aus diesem Abgrund zurückzuholen. Zunächst ist er skeptisch, was seine Mechanikerlehre betrifft:

    So viel Plage, Fleiß und Schweiß, so viel hingegebene kleine Freuden, so viel Stolz und Ehrgeiz und hoffnungsfrohes Träumen, alles umsonst, alles nur, damit er jetzt, später als alle Kameraden und von allen ausgelacht, als kleinster Lehrbub in eine Werkstatt gehen konnte! (S. 160)

Ganz offensichtlich fühlt er sich seinen zukünftigen Kollegen intellektuell weit überlegen.
Sobald er jedoch mit der Arbeit beginnt, lernt Hans ihre Vorzüge zu schätzen. Er genießt das Gefühl, etwas Sichtbares und Brauchbares herzustellen (S. 162), und in der Werkstatt sieht er »seine kleine Person und sein kleines Leben einem großen Rhythmus eingefügt.« (S. 163) Nur die Müdigkeit plagt ihn nach wie vor. Nach den ersten zwei vollen Arbeitstagen ist Hans so müde, dass er bereits um acht Uhr abends ins Bett geht und am nächsten Tag bis vormittags schläft. Seine Müdigkeit scheint wie eine Krankheit, die er sich durch das viele Lernen zugezogen hat, und die ihn nun selbst in seiner neugewonnenen Freiheit nicht loslässt.

Beim Ausflug mit seinen Kollegen zeigt sich Hans plötzlich von einer gänzlich anderen Seite. Er genießt den Sonntag und das Gefühl, zu einer Gruppe zu gehören. Der Sonntag in Bielach markiert einen Wendepunkt in seinem Leben. Hier lebt Hans zum ersten Mal ein Leben abseits des autoritären Einfluss von Schule und Vater. Hier kann er seine Freiheit ausleben, indem er Alkohol trinkt, raucht, und generell seine neuen Freunde imitiert: »Es war schön, mitzulachen und bisweilen selber einen Witz zu riskieren, es war schön und männlich, nach dem Austrinken sein Glas mit Nachdruck auf den Tisch zu knallen (…).« (S. 172)

Sein Rückfall in die Hoffnungslosigkeit kommt schlagartig. Als Hans merkt, wie betrunken er ist, begibt er sich auf den Heimweg. Es empfindet Scham für sein Verhalten und macht sich Vorwürfe. Seine Stimmung ist ganz eindeutig gekippt.

Hans’ Tod hat sich seit seinem Verweis vom Seminar zwar schon angedeutet (in seinen Suizidplänen sowie generell in seinen häufigen Gedanken an den Tod), kommt an dieser Stelle aber trotzdem überraschend. Der eigentliche Tod wird nicht geschildert und es bleibt daher unklar, wie genau es dazu gekommen ist. Der Erzähler wirft eine Reihe von Möglichkeiten auf:

    Er war vielleicht verirrt und an einer abschüssigen Stelle ausgeglitten; er hatte vielleicht trinken wollen und das Gleichgewicht verloren. Vielleicht hatte der Anblick des schönen Wassers ihn gelockt, daß er sich darüber beugte und da ihm Nacht und Mondblässe so voll Frieden und tiefer Rast entgegenblickten, trieb ihn Müdigkeit und Angst mit stillem Zwang in die Schatten des Todes. (S. 178)

Ist Hans wirklich nur ausgerutscht oder hat er Suizid begangen? Und wenn es Suizid war, was hat den Jungen dazu getrieben? Es gibt Vieles, was Hans umgebracht haben könnte: seine ständige Müdigkeit, verursacht durch das exzessive Lernen; seine vergewaltigte Kindheit; das konstante Antreiben seitens der Lehrer; der von seinem Vater ausgeübte Druck. Zwischen den Drohungen seines Vaters und Hans’ Tod wird sogar eine direkte Verbindung hergestellt, indem diese beiden Szenen ineinander übergehen. Vielleicht war es auch alles zusammen – eine endgültige Antwort wird nicht gegeben.

Bei der Beerdigung macht Schuhmacher Flaig jedoch eine interessante Bemerkung. Er raunt Hans’ Vater zu, es seien die Schulmeister gewesen, die Hans in den Tod getrieben hätten. Unwahrscheinlich scheint dies jedenfalls nicht: Denn während Hans’ ehemalige Lehrer und der Rektor vor seinem Grab stehen, ist das Einzige, woran sie denken können, das viele Talent, das mit Hans’ Tod vergeudet worden ist. Um den Jungen selbst scheinen die wenigsten zu trauern.

Veröffentlicht am 15. April 2023. Zuletzt aktualisiert am 15. April 2023.