Heinrich von Kleists Lustspiel »Der zerbrochne Krug« wurde 1808 unter der Regie Goethes in Weimar uraufgeführt, die Druckausgabe erschien erstmals 1811. Ein zerbrochener Krug ist Anlass zu einem Gerichtsverfahren, in dem Richter Adam Recht sprechen soll über ein Vergehen, das er selbst begangen hat. Er setzt alle möglichen Taktiken ein, um zu verhindern, dass sein Unrecht offenbar wird, wird am Ende jedoch entlarvt. Die Komödie spielt in einem Gerichtszimmer in Huisum, einem niederländischen Dorf bei Utrecht gegen Ende des 17. Jahrhunderts.
Erster Auftritt
Dorfrichter Adam verbindet am Morgen in der Gerichtsstube sein verletztes Bein. Er hat zudem auffällige Wunden im Gesicht. Auf Nachfragen von Gerichtsschreiber Licht antwortet er, dass er beim Aufstehen aus dem Bett gestürzt sei.
Der Nachricht des Schreibers, dass der Gerichtsrat Walter aus Utrecht auf dem Weg nach Huisum sei, schenkt Richter Adam keinen Glauben. Als er jedoch hört, dass der Richterkollege im Nachbardorf nach der Revision versucht habe sich zu erhängen, nimmt er die Ankündigung ernst. Er will schnell mit dem Ordnen der Registratur beginnen. Er schmeichelt seinem Schreiber und versucht sich dessen Loyalität zu versichern.
Zweiter Auftritt
Der Richter reagiert völlig konfus, als die unmittelbar bevorstehende Ankunft des Gerichtsrats vermeldet wird. Hastig beginnt er sich anzukleiden. Als seine Perücke nicht auffindbar ist, will er sich als unpässlich entschuldigen, was Licht ihm ausredet. Also ersinnt er eine fadenscheinige Begründung für das Verschwinden der Perücke. Licht bemerkt zudem zwei schwere Wunden am Kopf des Richters.
Dritter Auftritt
Richter Adam erzählt Licht von einem Traum, in dem er als Richter sich selbst in der Rolle des Beklagten verurteilen musste. Licht wischt Adams böse Ahnungen beiseite und rät ihm sich einfach an die Rechtsvorschriften zu halten.
Vierter Auftritt
Richter Adam begrüßt den Gerichtsrat Walter betont freundlich und entspannt sich, als er hört, dass dieser nur gekommen sei, um sich ein Bild vom Rechtswesen auf dem Land zu machen. Walter räumt jedoch ein, dass jegliche Veruntreuung geahndet werde. Richter Adam wird daraufhin nervös, zumal eine Unregelmäßigkeit in seiner Kassenführung offenbar wird. Die Prüfung wird auf später verschoben, weil die Eröfnung des Gerichtstages ansteht, dem Walter beiwohnen will.
Fünfter Auftritt
Es stellt sich heraus, dass Ersatz für die fehlende Perücke nicht zu beschaffen ist. Richter Adam sieht die Würde des Amts in Gefahr, doch Gerichtsrat Walter fordert ihn auf sich den Kopf weiß zu pudern und die Verhandlung so zu eröffnen. Auch Walter erkundigt sich nach dem Grund für Adams Verletzungen.
Sechster Auftritt
Die Parteien erscheinen heftig streitend im Gerichtszimmer. Frau Marthe beschuldigt den Verlobten ihrer Tochter Eve, Ruprecht Tümpel, am Vorabend in deren Zimmer gewesen zu sein und dort einen Krug zerbrochen zu haben. Ruprecht geht darauf nicht ein, sondern nennt Eve seinerseits eine Hure und wendet sich von ihr ab. Eve versucht ihren Verlobten zu versöhnen und ihre Mutter zu beschwichtigen. Doch Marthe verlangt die Aufklärung des Falls, um so die Ehre ihrer Tochter zu retten.
Siebter Auftritt
Als Richter Adam die Parteien sieht, fürchtet er, sie seien gekommen um ihn anzuklagen. Er will sich krankheitshalber entschuldigen, doch Licht nötigt ihn zu bleiben. Während der Verhandlung ist der Richter parteiisch und lenkt immer wieder den Verdacht auf Ruprecht. Gerichtsrat Walter stellt fest, dass der Richter Ruprecht so auffällig belaste, als wolle er den Verdacht von sich selbst ablenken.
Ruprecht sagt aus, dass ein anderer Mann sich bei Eve aufgehalten habe, vermutlich der Flickschuster Lebrecht. Adam unterstützt den Verdacht. Ruprecht berichtet, dass der Mann zwar durch das Fenster entkommen konnte, er ihm aber noch schwere Verletzungen am Kopf zugefügt habe. Adam zeigt auffallendes Interesse an der Waffe. Als Walter schließlich darauf beharrt, dass Eve vernommen wird, unterbricht Adam die Verhandlung.
Achter Auftritt
Der Richter verlangt nach Wasser, das die Magd ihm bringt. Walter lehnt den angebotenen Wein ab.
Neunter Auftritt
Richter Adam schlägt vor das Verfahren durch einen Vergleich zu beenden. Der Gerichtsrat findet das Ansinnen absurd, da der Sachverhalt ungeklärt sei. Der Richter, Marthe und Ruprecht reden abwechselnd auf Eve ein. Diese bezichtigt Ruprecht des Vertrauensbruchs, sagt aber aus, dass es nicht Ruprecht war, der den Krug zerschlug. Als Richter Adam Eve drängt Lebrecht zu beschuldigen, beschimpft sie Adam heftig. Sie lässt sich von Walter zur Ordnung rufen, nicht aber den Namen des Täters entlocken. Frau Marthe schlägt vor, Frau Brigitte als Zeugin zu laden. Diese könne Ruprechts Schuld beweisen.
Zehnter Auftritt
Bis die Zeugin erscheint wird Gerichtsrat Walter von Richter Adam großzügig bewirtet. Währenddessen will Walter vom Richter wissen, wie dieser zu seinen Verletzungen und wie seine Perücke abhanden gekommen sei. Er befragt Ruprecht zum Angriff auf den Unbekannten, und Frau Marthe zum Verhältnis des Richters zu ihrer Familie.
Elfter Auftritt
Frau Brigitte erscheint mit einer Perücke, die sie am Tatort, direkt unter Eves Fenster gefunden hat. Richter Adam identifiziert sie als die seine. Frau Brigitte berichtet, sie habe nächtens einen kahlköpfigen Mann aus Frau Marthes Garten entkommen sehen. Die Spuren enden an der Hintertür von Richter Adams Haus, was Schreiber Licht bestätigt. Alle Indizien sprechen jetzt gegen den Richter, doch dieser verurteilt hastig Ruprecht zu einer Gefängnisstrafe. Daraufhin entlarvt Eve Richter Adam als den wahren Täter. Adam läuft weg.
Zwölfter Auftritt
Eve erklärt, Adam habe sie mit einem gefälschten Dokument in die Irre geführt, das besagt, dass Ruprecht seinen Kriegsdienst in Ostindien ableisten müsse, was den sicheren Tod bedeute. Mit der Behauptung, Ruprecht davor bewahren zu können, habe Adam sich Zutritt zu Eves Zimmer verschafft. Dort sei er zudringlich geworden.
Das Liebespaar versöhnt sich, und Ruprechts Vater legt den Hochzeitstermin für Pfingsten fest. Schreiber Licht wird vom Gerichtsrat als Verwalter des Richteramts eingesetzt.
Letzter Auftritt
Frau Marthe erkundigt sich beim Gerichtsrat nach dem Sitz der Regierung in Utrecht. Sie beabsichtigt den Fall des zerbrochenen Kruges dort vorzutragen.
Die zwischen 1803 und 1806 aufgrund eines poetischen Wettkampfs zwischen den Schriftstellern Ludwig Wieland, Heinrich Zschokke und Kleist entstandene Komödie gehört zu den bekanntesten Dramen der deutschen Literatur. Es ist amüsant zu verfolgen, wie sich Richter Adam in seinen Unwahrheiten verstrickt, doch Kleist will mehr als die Menschen zum Lachen bringen. Er stellt die Unzulänglichkeit des Einzelnen ebenso an den Pranger wie die gesamte gesellschaftliche Situation. Der zerbrochene Krug könnte als Metapher verstanden werden für die verlorene Ehre von Eve, oder das brüchig gewordene Vertrauen in Gerichtsbarkeit und staatliche Autorität. Ein weiterer möglicher Interpretationsansatz könnten die Vertrauensbrüche in den verschiedenen zwischenmenschlichen Beziehungen sein.