Uwe Johnson (1934–1984) gehört zu den wichtigsten deutschsprachigen Autoren der Nachkriegszeit. Sein Leben und Werk waren von der deutschen Teilung geprägt. Sein bedeutendster Roman ist die deutsch-deutsche Familienchronik »Jahrestage«. Johnson war Mitglied der Gruppe 47, des P.E.N.-Zentrums Deutschland und der West-Berliner Akademie der Künste. Er wurde mit zahlreichen Literaturpreisen geehrt, darunter dem Georg-Büchner-Preis (1971).
Herkunft und Jugend
Am 20. Juli 1934 wurde Uwe Johnson als Sohn eines Molkereikontrolleurs und einer Bauerntochter im pommerschen Cammin (heute Kamién Pomorski, Polen) geboren. 1945 floh die Familie von Anklam ins mecklenburgische Recknitz bei Güstrow. Sein Vater wurde in die Sowjetunion deportiert und starb 1946 in einem Internierungslager. Uwe Johnson besuchte von 1946 bis 1952 das Güstrower Gymnasium. Anschließend studierte er Germanistik in Rostock und Leipzig.
Politischer Widerstand gegen das DDR-Regime
1953 weigerte Uwe Johnson sich, als FDJ-Mitglied an der Universität Rostock gegen Angehörige der »Jungen Gemeinde« zu hetzen. Stattdessen unterstützte er die evangelische Jugendorganisation in einer Rede. Zunächst wurde er daraufhin exmatrikuliert. Nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 rief das Politbüro der DDR den sogenannten »Neuen Kurs« aus. Er enthielt Reformen und führte dazu, dass Johnson an die Universität zurückkehren konnte. 1956 schloss er sein Studium mit einem Diplom ab.
Danach übernahm er Honorararbeiten wie Lektorate und Übersetzungen. Sein Romanmanuskript »Ingrid Babendererde. Reifeprüfung 1953« wurde von DDR-Verlagen abgelehnt. Das Werk wurde erst posthum im Jahre 1985 in Westdeutschland veröffentlicht. Eine staatliche Anstellung war Uwe Johnson wegen seiner politischen Ansichten verwehrt.
Kontakte zum Suhrkamp-Verlag und Ausreise nach Westdeutschland
Uwe Johnsons gute Kontakte zum Verleger Peter Suhrkamp ermöglichten ihm 1959 die Veröffentlichung seines Debütromans »Mutmaßungen über Jakob«. Zeit seines Lebens blieb Johnson dem Suhrkamp Verlag treu. Zwischen 1970 und 1983 erschienen hier auch die vier Bände seines wichtigsten Werkes, des Romans »Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl«.
1959 ging Uwe Johnson nach West-Berlin, wo seine Mutter und seine Schwester seit 1957 lebten. 1960 erhielt er den Fontane-Preis der Stadt und nahm erstmalig an einer Tagung der Gruppe 47 teil.
Leben in Manhattan
Nach einem Aufenthalt in Rom als Stipendiat der Villa Massimo heiratete Uwe Johnson im Jahre 1961 und wurde Vater einer Tochter. Zwei Reisen führten ihn 1961 und 1965 in die USA. 1966 zog er mit seiner Familie nach New York und lebte bis 1968 in Manhattan an der Upper Westside. In den New Yorker Jahren begann er mit seiner Arbeit an dem Roman »Jahrestage«. Ermöglicht wurde dies durch ein Stipendium der Rockefeller Stiftung. Parallel dazu war Johnson für einen US-Verlag als Schulbuchlektor tätig.
Literarische Anerkennung
Johnson war seit 1969 Mitglied des P.E.N.-Zentrums Deutschland und der West-Berliner Akademie der Künste, deren Vizepräsident er auch zeitweilig war. 1971 wurde er mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Von 1977 bis 1979 war er Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. 1979 hatte er eine Poetik-Dozentur der Frankfurter Johann-Wolfgang-Goethe-Universität inne. Im selben Jahr erhielt er den Thomas-Mann-Preis der Stadt Lübeck. 1983 wurde ihm der Kölner Literaturpreis verliehen.
Umzug nach England
1974 siedelte Uwe Johnson nach Sheerness-on-Sea in der englischen Grafschaft Kent über. Private Spannungen seit Anfang der 1970er Jahre gipfelten in der Trennung von seiner Frau im Jahre 1978. Die persönliche Krise führte dazu, dass er den vierten Band der »Jahrestage« nicht wie geplant 1974, sondern erst 1983 veröffentlichen konnte.
Uwe Johnson starb 1984 in Sheerness an Herzversagen; die Begleitumstände seines Todes sowie das genaue Todesdatum sind nicht bekannt.