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Nathan der Weise

Gattung/Textsorte
Erscheinungsjahr
1779
Uraufführung
1783
Originalsprache
Deutsch
Literarische Epoche oder Strömung

Über das Werk

»Nathan der Weise« ist ein Drama in fünf Aufzügen. Es wurde 1778 vom deutschen Schriftsteller Gotthold Ephraim Lessing verfasst und im Jahr darauf (1779) veröffentlicht. Das Drama ist ein Plädoyer für religiöse Toleranz und Harmonie und reflektiert damit die Werte der Aufklärung. Es gilt als eines der bedeutendsten Werke seiner Epoche und der deutschen Literatur allgemein. 

Lessings Drama wurde 1783 in Berlin uraufgeführt. Es spielt zur Zeit des Dritten Kreuzzuges (1189–1192) während eines Waffenstillstands in Jerusalem (Garland, 1779). Protagonist ist der jüdische Kaufmann Nathan, der sich für Humanität, Toleranz und Religionsfreiheit einsetzt. Im Stück gelingt ihm letztendlich die Versöhnung der drei monotheistischen Weltreligionen, insbesondere durch seine Erzählung der sogenannten »Ringparabel«. Diese von Nathan erzählte Geschichte steht im Zentrum des Dramas und unterstreicht die Gleichwertigkeit des Judentums, Christentums und Islam. Damit nimmt Lessings Drama eindeutig aufklärerische Züge an: Es kritisiert die noch vorherrschende Herrschaftsform des Absolutismus sowie die enge Bindung des Staates an die Kirche. Gleichzeitig fordert es das Publikum auf, seine Vorurteile gegenüber anderen Religionen zu überdenken und stattdessen nach den Maßstäben der Humanität und Toleranz zu handeln. 

Mit dieser Botschaft stellt sich Lessing nicht nur in die aufklärerische Tradition, sondern greift auch die Prämissen des Philosophen Immanuel Kant auf. Dieser definierte in seinem Essay »Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?« die Aufklärung als den »Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit« und ermutigt seine Leser, sich «ihres eigenen Verstandes zu bedienen« (Kant, Projekt Gutenberg). Genau dazu will auch Lessings Protagonist Nathan seine Mitmenschen bewegen. Nathans aufklärerische Mission und der damit einhergehende Erfolg verleiht dem Drama eine bildende, fast pädagogische Funktion. Lessing führt seinem Publikum die Risiken zu starker Vorurteile vor Augen, indem er ihm veranschaulicht, wie bitter die Konsequenzen sein könnten. Das ist sehr charakteristisch für Lessings Werk: In jedem seiner Dramen macht er es sich zum Ziel, ein bestimmtes Vorurteil seiner Zeit zu widerlegen und zu bekämpfen (Batley, 1979). Im Falle Nathans sind es die Vorurteile gegenüber anderen Glaubensrichtungen, die abgelegt werden sollten. 

»Nathan der Weise« wird weder als Tragödie noch als Komödie bezeichnet und entzieht sich somit jeglichen Erwartungen, die an diese Kategorien gebunden sind (Ruth-Ellen, 1997). Der Untertitel des Dramas lautet lediglich »ein dramatisches Gedicht«. Das Stück ist in fünf Akte gegliedert, die aus jeweils sechs bis zehn Aufzügen bestehen. Die Dialoge sind im Blankvers verfasst und zeichnen sich durch Humor, Scharfsinnigkeit und Klarheit aus (Garland, 1997). Die Sprache ist durchzogen von aufklärerischem Vokabular wie »Menschlichkeit« und »Vernunft«. 

Einen sehr konservative Aspekt weist Lessings Drama jedoch auch auf: Zwar mag es in »Nathan der Weise« vorrangig um autonome, aufgeklärte Individuen verschiedener Religionen gehen, jedoch sind fast alle der entscheidenden Charaktere männlich. Frauen kommen vor und übernehmen teilweise auch größere Rollen, aber die größten Erkenntnisse und intelligentesten Reden fallen fast immer Männern zu. Damit wird Lessings Werk zwar einerseits zu einem aufklärerischen Plädoyer, andererseits aber auch zum Porträt einer patriarchalischen Gesellschaft (Ruth-Ellen, 1997). 

Veröffentlicht am 25. Januar 2010. Zuletzt aktualisiert am 7. März 2023.

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