I. Akt
1. Szene
Reverend Parris, ein strenger Puritaner, ist in seiner Gemeinde wenig beliebt. In einer Frühlingsnacht im Jahre 1692 hat er einige Mädchen beim verbotenen Tanzen im Wald überrascht. Unter ihnen waren seine Tochter Betty und seine verwaiste Nichte Abigail Williams, 17. Nach ihrer Entdeckung und aus Angst vor Strafe stehen die jüngeren der Mädchen unter Schock: Betty ist ebenso erkrankt wie Ruth Putnam.
Ruths kirchentreue Eltern Ann und Thomas Putnam sind überzeugt, dass die Kinder von dunklen Mächten verhext seien. Mercy Lewis und Mary Warren gehörten zu der Mädchengruppe im Wald und sind besorgt über die Entwicklungen. Abigail, offensichtlich ihre Anführerin, mahnt zur Ruhe. Kurz darauf ist Abigail mit John Proctor, ihrem früheren Arbeitgeber und Liebhaber, allein. Sie bestreitet jeglichen Zusammenhang mit Hexerei und umwirbt ihn zugleich. Für den doppelt so alten Farmer ist die Affäre mit ihr seit sieben Monaten endgültig beendet; Abigails verzweifelte Annäherungsversuche weist er entschieden zurück.
Info: Hexerei
Frauen, die sich in Kräuterheilkunde oder auf anderen Gebieten der Volksmedizin auskannten, gerieten im Mittelalter bis hinein ins 17. Jahrhundert oft in den Verdacht, eine Hexe zu sein. Abergläubische Menschen dichteten ihnen Zauberkräfte an oder vermuteten, dass sie im Bund mit dem Teufel wären. In Zeiten von Unsicherheit und Angst war es überall in Europa gang und gäbe unschuldige Menschen zu denunzieren. Diese wurden dann als Hexen verfolgt und hatten nahezu keine Möglichkeit, den Vorwurf zu entkräften. Gerechtfertigt wurden die Verfolgungen mit dem Bibeltext aus dem 2. Buch Mose, Kap. 22, Vers 18: »Eine Zauberin sollst du nicht leben lassen.« Mit den englischen Siedlern kam der Hexenglauben nach Amerika.
Unterdessen haben sich mehrere Leute im Haus von Parris eingefunden. Der zu Hilfe gerufene Pastor Hale tritt auf. Er gilt als wissenschaftlich gebildet und Spezialist für Erscheinungen des Teufels. Die Anwesenden werden von ihm befragt. Ann Putnam beklagt ihre sieben Fehlgeburten und vermutet Hexerei dahinter. Giles Corey, 83, erwähnt, dass seine Frau nachts Bücher lese. Als Hale bei Betty eine Teufelsaustreibung vornehmen will, verlässt Rebecca Nurse, 72, lebenserfahren und mit gesundem Menschenverstand, die Szene.
Abigail fühlt sich durch Hales Fragen zu den Ereignissen im Wald in die Enge getrieben. Um sich zu schützen schiebt sie die Schuld auf Tibuta, Parris’ schwarze Hausangestellte. Tituba wird von Hale, Putnam und Parris unter Druck gesetzt. Sie beginnt Namen von Salemer Mitbürgern auszustoßen. Diese sollen mit dem Teufel im Bund stehen. Wie in Trance fallen zunächst Abigail, dann Betty ein und nennen weitere Namen.
Info: Salem, Massachusetts
Salem, 1626 von englischen Puritanern gegründet, ist eine Stadt mit etwa 40.000 Einwohnern nördlich von Boston an der Ostküste der USA. Traurige Berühmtheit erlangte der Ort aufgrund von Hexenverfolgungen am Ende des 17. Jahrhunderts. Ein Teil der Bürger von Salem gehörten einer radikalen Strömung innerhalb des Puritanismus an und fühlten sich umgeben von »Gottlosen«. Zudem zeigte die andauernde Bedrohung durch die amerikanischen Ureinwohner psychologische Folgen.
Als einige junge Mädchen, darunter Abigail Williams, die Nichte eines Predigers, begannen, sich merkwürdig zu verhalten, vermutete man dahinter das Werk des Teufels. Die Mädchen beschuldigten zunächst Frauen am Rande der Gesellschaft der Hexerei. Schnell entwickelte sich daraus eine Massenhysterie, in deren Verlauf mehr als 100 Menschen verhaftet wurden. Viele von ihnen wurden gefoltert, zwanzig zum Tode verurteilt und auf zum Teil bestialische Weise hingerichtet; ein Mann wurde mit Steinen erdrückt. Erst als die Hexenjagd die Wirtschaft lahmzulegen drohte, schritt der englische König Wilhelm III. ein.
2. Szene
Acht Tage später ist die Stadt in Aufruhr. Täglich werden mehr Menschen der Hexerei angeklagt, darunter Rebecca Nurse und die Frau des alten Corey. Abigail ist eine der Hauptzeuginnen; auch John Proctors Hausangestellte Mary Warren ist vom Gericht amtlich bestellt. Nach einem Verhandlungstag kommt Mary heim und schenkt seiner Frau Elizabeth eine selbstgenähte Puppe.
In Proctors Haus ist die Atmosphäre nach der Affäre mit Abigail noch immer angespannt. Elizabeth erkennt die Gefahr, die von Johns früherer Geliebten ausgeht. Sie verlangt von John, Abigails Glaubwürdigkeit bei Gericht zu untergraben. Überraschend taucht Hale auf. Er will überprüfen, ob die Proctors gute Christen sind. Als er sich mit Ermahnungen verabschiedet, erscheint der Gerichtsschreiber Ezekiel Cheever mit einem Haftbefehl gegen Elizabeth: Sie wird beschuldigt, Abigail mit einer Nadel durchbohrt zu haben. Als Cheever in der Puppe, die Mary mitgebracht hat, eine Nadel findet, gilt dies als Beweis. Trotz Proctors Protesten wird Elizabeth in Ketten abgeführt.
II. Akt
1. Szene
Elizabeth Proctor ist seit 36 Tagen im Gefängnis. In der Nacht vor ihrem Prozess sucht ihr Mann John das Gespräch mit Abigail. Ihm wird schnell deutlich, dass Abigail sich in einer Art Wahnzustand befindet. Mit Ausnahme von John betrachtet sie alle Menschen als Heuchler und Feinde. John sieht nur einen Ausweg seine Frau zu retten: Abigail bei der Verhandlung als Betrügerin zu entlarven und sie als Hure zu verunglimpfen.
2. Szene
Die Prozesse unter Richter Hawthorne finden im Gemeindehaus statt. Sie werden begleitet von Danforth, dem Stellvertreter des Gouverneurs. Beide glauben, die Stimme des Himmels spreche aus den Kindern. Unterdessen sind 400 Menschen im Gefängnis, 72 von ihnen zum Strang verurteilt. Jegliche Verteidigung wird als Angriff auf das Gericht gewertet. Die Tatsache, dass Leute wie Putnam von der Hexenjagd wirtschaftlich profitieren, ignorieren die Richter. Hale beginnt an der Gerechtigkeit zu zweifeln.
Info: Millers Kritik an der McCarthy-Ära
Joseph McCarthy war republikanischer US-Senator zu Beginn des Kalten Krieges und mitverantwortlich für die Hetze gegen Kommunisten in den 1950er Jahren in den USA: Verschwörungstheorien gingen einher mit Verleumdungen, Denunziation und Bespitzelung. Ein ganzer Zeitabschnitt wurde später nach ihm benannt, die McCarthy-Ära (1947 bis 1956). Die Verhöre erinnerten Arthur Miller an die Hexenprozesse in Salem, Massachusetts. Er machte sich auf den Weg nach Salem und begann zu recherchieren. Die Idee zu dem Drama »Hexenjagd« war geboren. Da die Anspielungen auf die aktuelle Politik offenkundig waren, wurde Miller nach der Erstaufführung des Stücks 1953 unter Beobachtung gestellt. Als er sich 1956 weigerte, dem Staat Namen von Kommunisten zu nennen, wurde eine Gefängnisstrafe gegen ihn verhängt. Diese wurde 1958 aufgehoben.
Als Giles Corey die Unschuld seiner Frau beweisen will, wird er des Saales verwiesen. Bei seiner späteren Vernehmung überreicht er Hawthorne und Danforth gemeinsam mit Proctor und Francis Nurse eine Petition: 91 Bürgern setzen sich darin für Martha Corey, Elizabeth Procter und Rebecca Nurse ein. Danforth versucht Proctor von seinen Freunden zu isolieren, indem er ihm mitteilt, dass Elizabeth schwanger und die Vollstreckung des Todesurteil deshalb für ein Jahr ausgesetzt sei. Doch Proctor hält an der mit seinen Freunden verabredeten Strategie fest: Er führt Mary Warren als Zeugin vor. Sie hat eine Woche mit sich gerungen und sagt jetzt aus, niemals irgendwelche Geister gesehen und das Gericht belogen zu haben. Sie sei der Massenhysterie erlegen und habe mitgemacht.
Abigail und die Mädchen um sie herum werden geholt. Als die Richter vom Tanzen im Wald erfahren, scheint die Glaubwürdigkeit der Mädchen zum ersten Mal erschüttert. Gefragt, ob ihre Denunziationen auf Lügen beruhen, reagiert Abigail mit Empörung. Proctor greift zum Äußersten, gesteht seinen Ehebruch und nennt Abigail eine Hure. Abigail widerspricht und Elizabeth wird als Zeugin gerufen. Um den Namen ihres Mannes zu schützen, bestreitet sie den Seitensprung. Für Danforth steht fest, dass John Proctor lügt. Erschüttert versucht Hale sich auf Proctors Seite zu stellen; er beschuldigt Abigail der Falschheit.
Plötzlich stößt Abigail einen grellen Angstschrei aus. Angeblich wolle Mary sie in Gestalt eines gelben Vogels angreifen. Das Gefolge von Mädchen unterstützt Abigails Schauspiel. Mary Warren ist dem Zusammenbruch nahe. Schließlich fällt sie Abigail in die Arme und fleht um Verzeihung. Zugleich nennt sie John Proctor einen Mann des Teufels, der sie zu ihrer Aussage gezwungen habe. John und Corey werden verhaftet. Hale versucht verzweifelt gehört zu werden. Als ihm der Mund verboten wird, verlässt er das Gericht und die Stadt.
3. Szene
Nach weiteren drei Monaten Hexenjagd gerät die Bevölkerung zunehmend in Aufruhr. Parris fürchtet um den öffentlichen Frieden und um sein Leben. Unterdessen sind Abigail und Mercy verschwunden und haben sein gesamtes Geld mitgenommen. Am Tag bevor eine große Anzahl der Gefangenen gehenkt werden soll, kommt Hale zurück. Er bereut seine Beteiligung an den Prozessen und will die Leben der Gefangenen retten. Er versucht sie zu einem falschen Geständnis zu bewegen, woraufhin sie begnadigt werden können. Mehr als hundert Angeklagte folgen Hales Vorschlag. Rebecca Nurse jedoch lehnt dies ab; Giles Corey ist inzwischen als Märtyrer gestorben. Nach langem Ringen weigert sich auch John Proctor den Pakt mit dem Teufel zu gestehen. Vor seinem Tod gelingt die Versöhnung mit seiner Frau Elizabeth.
Info: Auswirkungen der Hexenjagd
In einer Nachbemerkung fasst Miller die Folgen der Hexenjagd in Salem zusammen: Parris wurde seines Amtes enthoben und verließ die Stadt. Abigail soll später in Boston als Prostituierte aufgetaucht sein. Zwanzig Jahre nach der letzten Hinrichtung wurden den Opfern Entschädigungen zugesprochen. Das Richterkollegium legte eine schriftliche Aussage nieder, in dem es um Vergebung bat. Manche Höfe, die den Opfern gehört hatten, blieben dem Verfall überlassen und mehr als hundert Jahre wollte niemand sie bewohnen. In Massachusetts war die Macht der Theokratie, der religiös legitimierten puritanischen Herrschaft, gebrochen.