Seine Märchen und Erzählungen machten Ludwig Tieck (1773–1853) zu einem der bedeutendsten Dichter der Frühromantik in Deutschland. Er prägte diese Bewegung zudem selbst als Verfasser programmatischer Texte sowie als Übersetzer und Herausgeber. In Teilen der Forschungsliteratur wird sein Märchen »Der blonde Eckbert« (1797) als Beginn der literarischen Epoche der Romantik betrachtet.
Ludwig Tieck wurde am 31. Mai 1773 als Sohn eines Seilermeisters in Berlin geboren. Als ältestes von drei Kindern wuchs er in einem protestantischen Elternhaus auf und besuchte bis 1792 das Friedrichswerdersche Gymnasium, wo er Wilhelm Heinrich Wackenroder kennenlernte. Die beiden verband bis ins Erwachsenenalter eine Freundschaft und Arbeitsgemeinschaft.
Nach einigen Jahren des Theologiestudiums in Göttingen, Halle und Erlangen kehrte Tieck 1794 nach Berlin zurück, um hier als freier Schriftsteller zu leben. Er lernte u. a. den Verleger Friedrich Nicolai kennen und brachte seine ersten Erzählungen und Romane heraus (»Peter Lebrecht«, 1795, »William Lovell«, 1795/96, »Abdallah«, 1796).
Mit dem 1798 veröffentlichten Künstlerroman »Franz Sternbalds Wanderungen« prägte Tieck den romantischen Roman entscheidend. Er beeinflusste damit Dichter wie Novalis und Eichendorff. So wird hier zum ersten Mal das romantische Bild des Mittelalters sichtbar, später ein charakteristisches Motiv romantischer Literatur: ein Bild, das nicht auf historischer Recherche, sondern auf der Sehnsucht nach einer vorindustriellen Welt und auf Überhöhung und Verklärung beruht.
In den Jahren 1799 bis 1800 lebte Tieck in Jena, wo er die Brüder August und Wilhelm Schlegel kennenlernte. Deren theoretische Arbeiten beeinflussten seine literarischen Werke. Jena war zu dieser Zeit ein Zentrum der Frühromantik. Hier lebten ihre wichtigsten Dichter und Philosophen: die Gebrüder Schlegel, Clemens Brentano, Novalis, Johann Gottlieb Fichte und Friedrich Schelling. Mit allen pflegte Tieck Kontakt, doch als sich der Kreis bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder zerschlug, kehrte er Jena den Rücken und begann eine Zeit der Wanderschaft.
Die folgenden Jahre führten ihn u. a. nach Dresden und Hamburg, Prag, Rom, Berlin und England. Einziger Fixpunkt in dieser Zeit, eine Art Pol, um den Tieck pendelte, war das Gut des Grafen Finckenstein bei Frankfurt an der Oder. Bei diesem Gönner hielt sich Tieck zwischendurch immer wieder auf, bis der Graf im Jahr 1818 verstarb. Tieck zog daraufhin mit seiner Familie und der Tochter des Grafen, mit der ihn eine Liebesbeziehung verband, nach Dresden.
1825 erhielt Tieck eine Stelle als Dramaturg am Dresdner Hoftheater. Hier entstanden einige seiner größten Novellen, darunter »Der Alte vom Berge« (1828) und »Des Lebens Überfluss« (1839). Überhaupt kann man die Dresdner Jahre als die literarisch produktivsten Tiecks bezeichnen, in denen er nicht nur bedeutende eigene Werke verfasste, sondern auch als Shakespeare-Übersetzer und Herausgeber verschiedener Schriften Kleists tätig war.
1841 begann sein letzter Lebensabschnitt: Er ging nach Berlin, wohin ihn Friedrich Wilhelm IV., der Monarch, der später als »Romantiker auf dem Thron« bekannt wurde, berufen hatte. Tieck war Gründungsmitglied des neu geschaffenen Ordens »Pour le Mérite« für Wissenschaften und Künste. In Berlin verbrachte Tieck seine letzten Lebensjahre zwar als geachteter und renommierter, dennoch aber unglücklicher Mann. Denn durch den Tod zahlreicher naher Angehöriger und durch eigene Kränklichkeit vereinsamte er zunehmend und verließ das Haus immer seltener. Bedeutende Werke entstanden in dieser Zeit nicht mehr.
Ludwig Tieck starb am 28. April 1853 und wurde auf dem Dreifaltigkeitskirchhof in Berlin-Kreuzberg an der Bergmannstraße beigesetzt.