Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Romantik kennzeichnet eine Abkehr vom Rationalismus der Aufklärung und von jeglicher klassischer Form. Wichtige Merkmale der Romantik waren Weltflucht, die Freiheit des Individuums und seines schöpferischen Tuns sowie eine Vorliebe für das Dunkle und Rätselhafte.
Übersicht:
Die Literaturepoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche um die Wende des 18. Jahrhunderts zum 19. Jahrhundert. In ganz Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichzeitig bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus.
Den Romantikern ging es weniger um Gesellschaftskritik als um eine Ablehnung der Wirklichkeit mit ihrem Fokus auf den Regeln der Vernunft. Sie waren gegen den ausschließlichen Rationalismus der Aufklärung. Sie werteten Intuition und Ahnungen höher als die aufblühenden Naturwissenschaften und stellten die Schönheit und Rohheit der Wildnis über die vorindustrielle Ästhetik des Nützlichen.
Die romantischen Dichter sehnten sich nach der Einheit von Geist und Natur, wie es der Philosoph Wilhelm Schelling (1775–1854) im Jahr 1797 gefordert hatte. Auch Johann Gottlieb Fichte (1762–1814) war ein Vordenker der Romantik. Überhaupt hatte die Philosophie starken Einfluss auf das Weltbild und die Dichtung der Romantiker.
Das große Verdienst der romantischen Schriftsteller war die Überwindung traditioneller Denkmuster und klassischer Grenzen. So setzten sich die Autoren über wissenschaftliche Erkenntnisse und starre Regeln hinweg und ließen ihrer Fantasie freien Lauf. Noch heute hat die deutsche Romantik Auswirkungen auf die zeitgenössische Literatur, aber auch auf die Kunst. Zahlreiche Liedtexte zeitgenössischer Pop- und Wavesongs knüpfen direkt und indirekt an romantische Werke und Motive an.
Die Epoche war geprägt von der Französischen Revolution (1789–1799) und ihren Nachwirkungen. 1803 wurde in Deutschland die Säkularisierung geistlicher Fürstentümer und die Aufhebung von Kleinstaaten beschlossen. Der Sieg Napoleons über Preußen (1806) führte zu einer grundlegenden Modernisierung des Staates. Die Preußischen Reformen (1807–1814) hatten einschneidende Folgen. 1806 löste Napoleon das Heilige Römische Reich Deutscher Nation auf; der Rheinbund wurde gegründet.
1813 setzte die letzte Phase der Befreiungskriege ein, die im selben Jahr in der Völkerschlacht bei Leipzig zur Schwächung Napoleons und 1815 in der Schlacht von Waterloo zum Sieg über den Kaiser der Franzosen führte. Der Wiener Kongress legte 1814/15 den Grundstein für die politische Neuordnung Europas. Faktisch wurde jedoch die vorrevolutionäre Ordnung wiederhergestellt. Unterdessen hatte die Industrialisierung von England aus auch Deutschland erreicht. Tradierte Lebensformen begannen für immer zu verschwinden.
Der Begriff Romantik entstammt dem Französischen. Er wurde im 17. Jahrhundert aus dem franz. romantique (von franz. roman) übernommen. »Romantisch« ist ursprünglich gleichbedeutend mit »romanisch«. Es bezeichnete zunächst die Dichtung in der Volkssprache eines romanischen Landes. Damit unterschied sie sich von Werken in klassischem Latein, das nur wenigen Gebildeten zugänglich war. Aus der lingua romana (»romanische Sprache«) entwickelte sich das Wort Roman.
Der Romantikbegriff stellt stets das Sinnliche, Fantastische, die Abwendung von den Klassikern und der Antike sowie die Hinwendung zur Natur, zur Empfindsamkeit und die Kritik an der Vernunft ins Zentrum des Schaffens.
Als Literaturepoche der Romantik wird die Zeit von 1795 bis 1835 angesehen. Die Literaturwissenschaft unterscheidet drei Phasen, die Frühromantik, die Hochromantik und die Spätromantik. Ihre geistigen Zentren waren die Städte Jena, Heidelberg, Berlin und Tübingen.
Die Frühromantik, auch Jenaer Romantik genannt, dauerte von 1798 bis 1804. Ihr geistiges Zentrum war die kleine Universitätsstadt Jena in der Nähe von Weimar. Hier kamen Philosophen, Literaten, Dichter und Naturwissenschaftler zusammen und schufen das Weltbild der Romantik. Vor dem Hintergrund des Zeitgeschehens entstand die literarische Strömung der Frühromantik. Berühmtester Dichter dieser Zeit ist Friedrich von Hardenberg alias Novalis (1772–1801).
Als wichtigste Theoretiker gelten August Wilhelm Schlegel (1767–1845) und Friedrich Schlegel (1772–1829). In Literaturzeitschriften publizierten sie nicht nur ihre eigenen Texte, sondern auch Übersetzungen der Weltliteratur. August Wilhelm kommt unter anderem das Verdienst zu, gemeinsam mit seiner damaligen Frau Caroline die Werke Shakespeares ins Deutsche übersetzt zu haben. Sein Bruder Friedrich entwarf das Konzept einer »progressiven Universalpoesie«: Inhaltlich wurden unterschiedliche Wissensgebiete verbunden; formal entstanden Mischformen verschiedener Literaturgattungen. Progressiv meinte, dass Dichtung ständiger Veränderung unterworfen, dauerhaft im Werden sei.
Der Begriff der Universalpoesie wurde von Friedrich Schlegel geprägt. Inhaltlich werden unterschiedliche Wissensgebiete verbunden, die Literatur mit Philosophie oder die Kunst mit Wissenschaften. Die dichterische Einbildungskraft sollte die unsichtbare Welt und die Wirklichkeit, Poesie und das gesellschaftliche Leben in einen Wechselbezug setzen. Formal entstanden Mischformen sämtlicher Literaturgattungen. Lyrik, Drama und Prosa in ihren unterschiedlichsten Erscheinungen wurden in einem Werk zusammengeführt. Friedrich Schlegel entwickelte seine Theorie zusammen mit dem frühromantischen Dichter Novalis und seinem Bruder August Wilhelm Schlegel. Veröffentlicht wurden die Ideen in der Zeitschrift Athenäum.
Zentrum der Hochromantik zwischen 1804 bis 1815 war Heidelberg, als Nebenzentren gelten Berlin und München. Den politischen Wirren jener Zeit setzten viele Dichter der Heidelberger Romantik die Wertschätzung nationaler Traditionen und das Bemühen um geistige Einheit entgegen. Diese Haltung spiegelt sich in ihrem Interesse an aller Art von Volkspoesie. Alte Stoffe wie Sagen, Märchen, Fabeln und Volkslieder wurden gesammelt, zum Teil überarbeitet und neu publiziert.
Veröffentlichungen wie die Liedersammlung »Des Knaben Wunderhorn« von Achim von Arnim (1781–1831) und Clemens Brentano (1778–1842) oder die »Grimms Märchen« erreichten ein großes Publikum. Zu den Heidelberger Romantikern (auch: Jüngere Romantiker) zählen neben Arnim und Brentano die Brüder und Volksmärchen-Sammler Jacob (1785–1863) und Wilhelm Grimm (1786–1859), Joseph Görres (1776–1848) sowie der berühmte Dichter Joseph von Eichendorff.
Ihren Abschluss fand die literarische Epoche der Romantik mit der Berliner Romantik, die auch Spätromantik genannt wird und von 1816 bis 1835 andauerte. München, Wien und Tübingen gelten als Nebenzentren der Spätromantik. In den Salons der heutigen Hauptstadt versammelten sich neben Rahel Varnhagen, E. T. A. Hoffmann, Bettina von Arnim und Ludwig Tieck viele weitere literarische Größen dieser Zeit zu Diskussionen und Debatten.
In der Literatur ist eine zunehmende Hinwendung zur Mystik und zum Unheimlichen festzustellen. Vorbild ist der aus England stammende Schauerroman (Gothic Novel). Ein bekanntes Werk der Schauerliteratur ist die Erzählung »Der Sandmann« von E. T. A. Hoffmann.
Ab 1815 geht die Spätromantik in das Biedermeier über.
Viele lyrische Werke der Romantik gehören heute zu den Klassikern der deutschen Literatur. Zu den bekanntesten Lyrikern zählen Ludwig Uhland, Joseph von Eichendorff, Eduard Mörike und Adelbert von Chamisso, die eher volkstümlich orientiert waren. Eine volksliedhafte Einfachheit prägte ihre Werke, die bei einem breiten Publikum Anklang fanden. Auch die »Geistlichen Lieder« sowie die »Hymnen an die Nacht« von Novalis werden als wichtige lyrische Werke der deutschen Romantik noch heute gelesen. Die Texte von Novalis zeichnen sich durch ein Höchstmaß an sprachlicher Kunst aus.
Die strengen Gesetzmäßigkeiten der Textgattung Drama ließen sich nur schwer mit den Vorstellungen der Romantiker vereinbaren. Brentano, Ludwig Tieck und Joseph von Eichendorff setzten sich dennoch mit dem Drama auseinander. Sie verfassten umfangreiche Lesedramen, die jedoch kaum zur Aufführung kamen. An Shakespeare fanden die Romantiker jedoch Gefallen, sie schätzten seine Methode, geschichtliche Stoffe als Komödien zu inszenieren. »Der gestiefelte Kater« von Ludwig Tieck gilt als eine der wenigen nennenswerten Komödien der deutschen Romantik. In den Dramen, aber auch in der Prosa der Romantik findet sich immer wieder das Motiv der Ironie. Dieses wurde als eigenständige literaturtheoretische Position von Friedrich Schlegel vertreten.
Schon Ende des 18. Jahrhunderts wurde Volksdichtungen immer beliebter. Bekannte Romantiker griffen hierin Volkslieder, Sagen und Märchen auf, erzählten sie neu und dichteten die alten Texte um. So entstanden in dieser Zeit beispielsweise die Märchensammlung der Gebrüder Grimm sowie die Liedersammlung des Knaben Wunderhorn von Arnim und Brentano.
Der romantische Roman fand sein literarisches Vorbild in den Meisterwerken von Goethe. Allerdings mischten die Romantiker gern die Gattungen und brachten Gedichte, Lieder und Erzählungen in einem Text unter. Während der Romantik entwickelte das Publikum ein gesteigertes Interesse an Trivialliteratur – der Schauerroman wurde geboren. In der Romantik waren epische Kurzformen oft beliebter als lange Romane. So fanden Märchen, Novellen und Erzählungen großen Anklang bei den Lesern.
Lange Zeit wurden Romantik und Klassik als Literaturepochen voneinander abgegrenzt. In jüngerer Zeit vertreten Literaturwissenschaftler eine andere Meinung. Danach wird die Klassik als eine Strömung der Romantik betrachtet. Beide Epochen beschäftigen sich mit denselben Themen, nämlich
Sowohl Klassik als auch Romantik sehen in der Kunst bzw. Dichtung eine Möglichkeit, die verlorene Ganzheitlichkeit wiederzuerlangen. Allerdings unterscheiden sie sich in ihren Antworten auf die Problematik.
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