1974 erschien die Erzählung »Die verlorene Ehre der Katharina Blum oder: Wie Gewalt entstehen kann und wohin sie führen kann« des deutschen Schriftstellers Heinrich Böll. Der Autor thematisiert hier die häufig auf Skandale und Sensationen ausgerichtete Berichterstattung der Boulevardpresse und deren potenzielle Folgen. In diesem fiktiven Bericht wird sie zum Auslöser für den Mord an dem Journalisten Werner Tötges durch die Haushälterin Katharina Blum. Die in 58 Kapitel unterteilte Geschichte wird erzählt von einem namentlich nicht genannten und stets auf Genauigkeit und Distanz bedachten Berichterstatter.
Zu Beginn steht das Geständnis Katharina Blums. Gegen Abend des 24.02.1974 stellt sie sich der Polizei und erklärt, am Mittag desselben Tages den Journalisten Tötges in ihrer Wohnung erschossen zu haben.
Ein paar Tage später wird ein weiterer Journalist, Adolf Schönner, tot aufgefunden. Es wird schließlich jedoch ausgeschlossen, dass auch er ein Opfer der Blum geworden ist. Die ZEITUNG, Arbeitgeber der beiden ermordeten Journalisten erklärt beide Verstorbenen pathetisch zu »Opfern ihres Berufes«. Es werden dann Katharina Blums letzte vier Tage vor dem Mord rekonstruiert.
Am Morgen des zwanzigsten Februars, einem Mittwoch, verabschiedet sie ihre Arbeitgeber, das Ehepaar Blorna, in den Skiurlaub. Abends besucht sie eine Karnevalsparty bei Else Woltersheim. Von dem Zeitpunkt ihres Erscheinens bei der Feier an wird sie ohne ihr Wissen polizeilich überwacht. Sie verlässt die Party mit Ludwig Götten, welcher die Nacht in Blums Wohnung verbringt. Als die Polizei am Donnerstagmorgen in ihre Wohnung eindringt, ist Götten, ein lange gesuchter Bankräuber und Mörder, jedoch verschwunden.
Katharina Blum wird zum Verhör aufs Polizeirevier geführt. Sie erzählt von ihrer Jugend, ihrer gescheiterten Ehe und ihrer Tätigkeit als freischaffende Hauswirtschafterin. Einige von der Polizei vernommene Nachbarn berichten von regelmäßigem Herrenbesuch bei Katharina Blum.
In seinem Urlaubsort erfährt Rechtsanwalt Blorna von der Verhaftung seiner Haushälterin. Ein Journalist möchte von ihm eine Aussage zur Person Blum. Am Freitagmorgen findet Blorna seinen Kommentar stark zum Negativen abgeändert in der ZEITUNG. Katharina Blum, als »eiskalt und berechnend« bezeichnet, wird unterstellt, mit dem Verbrecher Götten schon lange gemeinsame Sache gemacht zu haben.
Der Anwalt und seine Frau Trude brechen ihren Urlaub vorzeitig ab. Wieder zuhause können sie am Samstag in der ZEITUNG weiter über die »Mörderbraut« Blum lesen. Dabei werden wieder teilweise erwiesenermaßen gefälschte Zitate Familienangehöriger und Weggefährten Blums herangezogen.
Es folgt eine erneute Rückblende auf Freitagmorgen und Katharinas Vernehmung. Eine Reihe konfiszierter Gegenstände wird untersucht. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag hat Katharina einen Anruf von Götten bekommen. Ihr ist nicht klar, dass auch die Polizei von dem Telefonat weiß.
Bei der Vernehmung von Blums Freundin Else Woltersheim erzählt diese, sie habe Götten gar nicht gekannt. Partygast Hertha Scheumel sagt aus, sie habe Götten zusammen mit einer Freundin an jenem Abend in einem Café kennengelernt und daraufhin auf die Woltersheimsche Feier mitgenommen.
Nach Ende der Vernehmung am Freitagabend wird Blum auf eigenen Wunsch hin von Woltersheim nach Hause begleitet. In ihrer Wohnung erwartet Katharina eine Flut von beleidigenden, anonymen Briefen und auch wiederholte Anrufe von einem Unbekannten verstören sie sehr. Die Nacht verbringt sie bei Else Woltersheim.
Am nächsten Morgen bekommen Blornas Besuch von dem Politikers Alois Sträubleder. Es stellt sich heraus, dass dieser Blums regelmäßiger Herrenbesuch gewesen war. Er vertraut Blorna an, er habe Katharina die Schlüssel für sein Zweithaus überlassen und habe die Vermutung, dieses könne nun dem Verbrecher Götten als Versteck dienen. Des Weiteren erfahren Blornas, dass Katharina dem ZEITUNGs-Journalisten Tötgen für den nächsten Tag ein Exklusivinterview versprochen habe.
Es erreicht sie dann die Nachricht, dass Katharinas Mutter eben im Krankenhaus an den Folgen einer Krebserkrankung verstorben sei. Konkret ausgelöst worden war ihr Tod jedoch angeblich durch die Aufregung, in die sie der Besuch Werner Tötgens versetzt habe. Dieser habe sich wohl ihm Rahmen seiner Berichterstattung über den Fall Blum als Handwerker verkleidet in das Krankenzimmer der Mutter geschlichen.
Am Samstagmittag kommt es zum Zusammentreffen der Blornas mit Katharina. Blum erzählt, sie habe nie ein Verhältnis mit Sträubleder gehabt, er habe ihr aber wiederholt den Hof gemacht. Sie gesteht, Götten, der inzwischen gefasst worden war, am Freitagmorgen zur Flucht durch den Heizungsschacht sowie zu dem Versteck in Sträubleders Haus verholfen zu haben. Sie habe jedoch nicht gewusst, dass er ein gesuchter Bankräuber und Mörder war.
Die Nacht über bleibt Katharina wieder bei Woltersheim. Am Morgen liest sie in der Sonntagsausgabe der ZEITUNG, welche andeutet, Katharina selbst trage die Schuld am Tod ihrer Mutter. Außerdem werden Zweifel anmeldet an Göttens Aussage, laut der Katharina entlastet wird. Am Mittag dieses Tages tötet sie Werner Tötgens. Nach dem Mord übernimmt Blorna sowohl die Verteidigung Blums, als auch die von Götten. Nicht zuletzt durch die stark nachteilige Berichterstattung in der ZEITUNG wird sein Ruf sowie auch der seiner Frau Trude Blorna bald stark in Mitleidenschaft gezogen.
Katharina scheint keine Reue zu zeigen und ihrem Schicksal furchtlos entgegenzublicken. Sie erklärt, bereits seit Donnerstag Mordgedanken gehabt zu haben. Gegen Ende teilt sie Blorna den genauen Tathergang mit.
Die Erzählung »Katharina Blum« des als rücksichtslosen Kritiker bekannten Heinrich Böll löste nach seinem Erscheinen einige Kontroversen aus. Auf die BILD-Zeitung anspielend, reagierte der Autor mit der Erzählung auf eine gegen ihn gerichtete Schmierkampagne derselbigen und traf einen gesellschaftlichen Nerv. Im Deutschland der 70er-Jahre fiel »Katharina Blum« mitten hinein in das Spannungsfeld rund um den Springer-Verlag und dessen besonderes Verhältnis zu linkem politischen Aktivismus.
Bis heute zweifelsfrei aktuell, erinnert »Die verlorene Ehre der Katharina Blum« an die Politik der Medien und die Gefahren gesellschaftlicher Konformität und ruft auf zu mehr Individualismus und kritischem Denken.