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Bergkristall

In seiner Erzählung »Bergkristall« von 1853 schildert Adalbert Stifter, wie sich die Kinder des Dorfschusters, Konrad und Sanna, in einer Weihnachtsnacht in den verschneiten Bergen oberhalb des österreichischen Alpendorfs Gschaid verirren. Die vereinte Suche führt zur Rettung der Vermissten und zu neuer Gemeinschaft innerhalb der Familie und unter den Dorfbewohnern. …

Werkdaten

Titel
Bergkristall
Gattung/Textsorte
Erscheinungsjahr
1853
Literarische Epoche oder Strömung

Inhaltsangabe

In seiner Erzählung »Bergkristall« von 1853 schildert Adalbert Stifter, wie sich die Kinder des Dorfschusters, Konrad und Sanna, in einer Weihnachtsnacht in den verschneiten Bergen oberhalb des österreichischen Alpendorfs Gschaid verirren. Die vereinte Suche führt zur Rettung der Vermissten und zu neuer Gemeinschaft innerhalb der Familie und unter den Dorfbewohnern. Die Handlungsorte sind fiktiv, genaue Angaben zur Zeit werden nicht gemacht. – Eine erste Fassung der Erzählung mit dem Titel »Der heilige Abend« erschien 1845 in der Zeitschrift »Die Gegenwart«, die überarbeitete Fassung 1853 unter dem Titel »Bergkristall« in der Sammlung »Bunte Steine«.


Das Dorf Gschaid liegt abgeschieden unterhalb des Gars, einem Berg in den österreichischen Alpen. Der Berggipfel ist ganzjährig von Eis und Schnee bedeckt. Der Marktflecken Millsdorf befindet sich drei Wegstunden entfernt in einem Nachbartal. Der größere Ort ist wohlhabend und unterscheidet sich in Sitten und Gebräuchen von dem konservativen Gschaid.

Der junge Schuster hat nach wilden Jugendjahren und dem Tod seiner Eltern das Gewerbe übernommen. Er ist fleißig und ehrgeizig. Seine Bergschuhe genügen höchsten Qualitätsansprüchen, was sich auch außerhalb von Gschaid herumspricht. Zögernd willigt der reiche Färber aus Millsdorf in die Heirat seiner außergewöhnlich reizvollen und tugendhaften Tochter mit dem Schuster ein. Dieser kauft ihr die schönsten Kleider und zeigt sich in jeder Hinsicht ihrer würdig. Der Sohn Konrad und die Tochter Susanna, genannt Sanna, werden geboren.

Die Familie pflegt engen Kontakt zu den Eltern der Frau. Die Färberin aus Millsdorf kommt häufig nach Gschaid, um ihre Enkelkinder zu besuchen. Als diese älter werden, wandern sie oft, zunächst in Begleitung und später allein, über einen dicht bewaldeten Gebirgspass zu den Großeltern ins Nachbartal. Die Bewohner von Gschaid betrachten die Lebensführung der Schusterfamilie mit Argwohn und im Dorf gelten sie als Fremde.

An einem milden Heiligabend machen sich die Geschwister morgens auf den vertrauten Weg nach Millsdorf, wo sie von der Großmutter erwartet werden. Im Laufe des Tages setzt bis in die Täler hinein Frost ein. Als die Kinder auf dem Rückweg sind, beginnt es zu schneien. Der Schneefall nimmt rasch zu und bei schlechter Sicht verlieren die Kinder die Orientierung. Sie steigen unwissentlich immer höher den Berg hinauf und geraten in das ewige Eis. Als die Dämmerung hereinbricht, finden sie Schutz in einer Höhle.

Konrad tröstet die Schwester und achtet darauf, dass sie trotz ihrer Erschöpfung nicht einschlafen. Das würde den sicheren Kältetod bedeuten. Er verabreicht Sanna und sich einen für die Mutter bestimmten Kaffeesud, den die Färberin ihnen mitgegeben hatte. Im Morgengrauen verlassen sie ihren Unterschlupf und irren stundenlang durch die Eiswüste. Als Konrad in der Ferne einen Rettungstrupp erspäht, machen die Kinder schreiend auf sich aufmerksam. Die Männer aus Gschaid kommen ihnen zur Hilfe.

Die zahlreichen Suchtrupps auf den umliegenden Bergen werden durch Glockenläuten und Rauchzeichen verständigt. Der verabredete Treffpunkt ist die Sideralphütte, wo die Mutter der Vermissten wartet. Wenig später schließt auch der Schuster seine Kinder tief bewegt in die Arme. Der Färber aus Millsdorf betritt zum ersten Mal das Dorf seines Schwiegersohns und am Abend feiert die Familie gemeinsam Weihnachten. Unterdessen treffen sich die anderen Helfer im Wirtshaus und diskutieren die gelungene Rettung. Von nun an ist die Schusterfamilie ein Teil der Dorfgemeinschaft.


»Bergkristall« ist eine der meistgelesenen Erzählungen Adalbert Stifters. Der deutsche Klassiker wurde 1949 von Harald Reinl und 2004 von Joseph Vilsmaier verfilmt. Gleichwohl war und ist der Dichter Adalbert Stifter bis heute umstritten. Bereits Friedrich Hebbel hatte seinem Zeitgenossen vorgeworfen, dessen Figuren und Themen seien klein und unbedeutend. Als Antwort darauf formulierte Stifter in seiner Vorrede zur Sammlung »Bunte Steine« das »Sanfte Gesetz«: Das Große und Welterhaltende gründe sich auf Bewahren und langsames, stilles Wachsen. Außerordentliche Ereignisse dagegen können ebenso lebenszerstörend sein wie ungezügelte Leidenschaft.

Veröffentlicht am 1. November 2014. Zuletzt aktualisiert am 27. September 2022.

Autor des Werkes

Österreichischer Maler, Pazifist und Schriftsteller
Adalbert Stifter, geboren am 23. Oktober 1805 in Oberplan (Böhmerwald), stammte als Sohn eines Leinwebers und Flachshändlers aus einfachen Verhältnissen. Nach dem Tod des Vaters übernahm der Großvater die Erziehung und schickte den Dreizehnjährigen auf das Gymnasium des Benediktinerstifts in Krem…
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