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Das Bildnis des Dorian Gray

Oscar Wildes Roman »Das Bildnis des Dorian Gray« erschien erstmals 1890 in »Lippincott’s Magazine«, die Buchfassung folgte 1891. Das aufsehenerregende Werk thematisiert die europäische Dekadenz im ausgehenden 19. Jahrhundert. Protagonist ist der zwanzigjährige Dorian Gray, der trotz eines schändlichen Lebenswandels sein unschuldig jugendliches Äußeres behält und dessen gemaltes Porträt statt seiner altert. …

Werkdaten

Titel
Das Bildnis des Dorian Gray
Autor
Gattung/Textsorte
Erscheinungsjahr
1890
Literarische Epoche oder Strömung

Inhaltsangabe

Oscar Wildes Roman »Das Bildnis des Dorian Gray« erschien erstmals 1890 in »Lippincott’s Magazine«, die Buchfassung folgte 1891. Das aufsehenerregende Werk thematisiert die europäische Dekadenz im ausgehenden 19. Jahrhundert. Protagonist ist der zwanzigjährige Dorian Gray, der trotz eines schändlichen Lebenswandels sein unschuldig jugendliches Äußeres behält und dessen gemaltes Porträt statt seiner altert. Zu spät erkennt Dorian, dass dies seine Selbstzerstörung vorantreibt. Ort der Handlung ist London.


Vorwort

Die Sammlung von Aphorismen über Kunst und Künstler und ihr Verhältnis zueinander ist Oscar Wildes provozierende Antwort auf die vorausgegangene scharfe Kritik nach der Veröffentlichung der ersten Fassung. Er stellt die These auf, dass die Kunst nur um der Kunst willen existiere (L’art pour l’art).

1

Der Maler Basil Hallward legt letzte Hand an ein Porträt des zwanzigjährigen Dorian Gray. Basil ist fasziniert von der außergewöhnlichen Schönheit seines Modells; er fühlt sich inspiriert und malt so gut wie nie zuvor. Trotzdem will er das Bild nicht ausstellen, da es zuviel von ihm und seinen Gefühlen offenbare. Vergeblich versucht er, eine Bekanntschaft zwischen seinem alten Freund Lord Henry (auch Harry genannt) und Dorian zu verhindern. Er fürchtet den schlechten Einfluss des geistreichen Harry auf Dorians unverdorbenes Wesen.

2

Lord Henry beschwört die Unwiederbringlichkeit der Jugend und behauptet, dass die Unterdrückung von Sehnsüchten und Leidenschaften Schaden anrichte. Dorian fühlt sich im Innersten angesprochen. In dem inzwischen fertiggestellten Porträt wird er seiner eigenen Schönheit gewahr. Er ist eifersüchtig auf sein Bildnis und fleht, dieses möge statt seiner altern. Basil schenkt ihm das Bild.

3

Der wohlhabende Dorian Gray ist elternlos aufgewachsen. Lord Henry genießt es, ihn in seinem Sinne formen zu können und ihn zu beherrschen. Bei einem Lunch mokiert Lord Henry sich über die moderne Sympathie für das Leiden und den sich daraus ergebenden Hang zur Wohltätigkeit. Er entwirft eine Philosophie des Genießens und zieht damit die Gäste, insbesondere Dorian Gray, in seinen Bann.

4

Dorian will jetzt das Leben und die Leidenschaft erfahren. Er gesteht seinem Freund und Mentor Harry, unsterblich in die Schauspielerin Sibyl Vane verliebt zu sein. Sie arbeite an einem drittklassigen Theater, sei jedoch unvergleichlich schön und begabt. Er verabredet sich mit Harry und Basil, um Sibyl in Shakespeares »Romeo und Julia« spielen zu sehen.

5

Auch die siebzehnjährige Sibyl Vane ist sehr verliebt in ihren reichen Verehrer. Ihr jüngerer Bruder James ist dabei, nach Australien auszuwandern. Er spürt, dass die geliebte Schwester wegen des Dandys in Gefahr ist. Eifersüchtig schwört er, ihn umzubringen, falls er Sibyl ein Unrecht zufüge. Dorian verlobt sich mit Sibyl.

6

Basil fürchtet, dass die Verbindung mit einer unbedeutenden Schauspielerin Dorians Leben ruinieren könne. Doch während Harry die Verbindung mit anzüglichen und zynischen Bemerkungen kommentiert, glaubt Basil an Dorians Gefühle. Zugleich spürt er, dass er Dorian verloren hat.

7

Der Theaterabend enttäuscht die Freunde. Sibyl ist mittelmäßig und theatralisch, ihr Spiel gefühllos und kalt. Dorian kann sich die plötzliche Veränderung nicht erklären. Die glückliche Sibyl jedoch sieht darin den Beweis ihrer Liebe: Bisher kannte sie nur die Wirklichkeit des Theaters und habe Gefühle gespielt, an Dorians Seite wolle sie diese leben. Dorians Begehren aber hatte der Künstlerin gegolten, die sie nicht mehr ist. Er verlässt Sibyl. Zuhause entdeckt er auf seinem Bildnis einen neuen Zug von Grausamkeit um den Mund. Erschrocken erkennt er, dass sein Wunsch sich erfüllt und seine Fehler sich im Porträt manifestieren und es entstellen. Um das zu verhindern, beschließt er, sich dem Einfluss von Sir Henry zu entziehen.

8

Dorian Gray sucht nach einer geheimnisvollen Verbindung zwischen Farbe und Leinwand und seiner eigenen Seele. Voller Reue bittet er Sibyl in einem Brief um Verzeihung. Als Sir Henry ihm mitteilt, dass Sibyl sich bereits am Abend zuvor vergiftet habe, reagiert Dorian überraschend gleichgültig. Harry bestärkt ihn darin und stellt den Vorfall als romantische Tragödie dar. Dorian entscheidet, sein Leben fortan in vollen Zügen zu genießen. Die Veränderungen des Porträts will er dafür in Kauf nehmen.

9

Dorian erklärt Basil, nichts mehr von der Vergangenheit wissen zu wollen. Er wolle sich Gefühlen nicht ausliefern, sondern sie beherrschen, und ein Beobachter seines eigenen Lebens werden. Basil ist entsetzt über Dorians Wandlung, glaubt aber weiterhin an das Gute in ihm. Er vertraut ihm an, dass er ihn einst angebetet habe und von ihm besessen gewesen sei. Inzwischen beabsichtigt er, das Bildnis von Dorian auszustellen. Er habe erkannt, dass Kunst immer viel abstrakter sei, als man annehme: Ein Bild sei Form und Farbe und nicht mehr. Dorian versichert Basil seiner Freundschaft, weigert sich aber entschieden, Basil das Porträt sehen zu lassen.

10

Dorian bedauert, seinem Freund die Verunstaltung des Bildes verschwiegen zu haben. Er spürt, dass Basils Liebe ihn hätte retten können. Er versteckt das Bild unter einem Sargtuch in einer nur ihm zugänglichen Mansarde. Gleich darauf erhält er von Harry ein Buch: Ohne eine eigentliche Handlung wird darin ein junger Mann in Paris geschildert, der das Leben führt, das Dorian vor sich sieht.

11

In den nächsten knapp achtzehn Jahren steht Dorian Gray unter dem verderblichen Einfluss des Buches. Dorian behält seine äußere Schönheit, nur das Porträt wird immer abscheulicher. Angstvoll verfolgt er daran die Zerstörung seiner Seele. Er sucht Ablenkung in wechselnden Beschäftigungen, denen er exzessiv nachgeht. Seine faszinierende Persönlichkeit macht ihn für einige zum Vorbild; gleichzeitig führt sein zerstörerisches Wirken zu Misstrauen und Ablehnung.

12

Am Vorabend von Dorian Grays 38. Geburtstag redet Basil Hallward ihm ins Gewissen und fleht, er möge seinen Einfluss auf Menschen zum Guten nutzen. Basil glaubt, dass sich hinter Dorians harmlosem Gesicht nichts Böses verbergen könne. Dorian will dem Maler als Urheber seiner Schande seinen wahren Charakter enthüllen, indem er ihm in der Dachkammer das Bildnis zeigt.

13

Entsetzt weicht Basil vor dem Porträt zurück. Dorian behauptet, mit dem Bild habe Basil den Samen der Eitelkeit in ihn gepflanzt: Nicht Dorian habe das Bild zerstört, sondern das Bild habe ihn zerstört. In einem Ausbruch von Hass tötet er Basil mit zahllosen Messerstichen.

14

Am nächsten Morgen schickt Dorian nach dem Chemiker Alan Campbell. Er erpresst ihn und verlangt von ihm, die Leiche verschwinden lassen. Campbell löst Basils sterbliche Überreste in Salpetersäure auf.

15

Am Abend findet sich im Haus von Lady Narborough die dekadente Gesellschaft jener Zeit zusammen. Dorian ist appetitlos und wirkt verstört. Sir Henry beobachtet ihn. Nervös geht Dorian nach Hause und verbrennt Basils Mantel und Tasche.

16

In einer Opiumhöhle außerhalb von London wird Dorian Gray von James Vane erkannt. James will den Tod seiner Schwester rächen und Dorian umbringen. Dieser kann sich retten, indem er seinem Angreifer sein junges Gesicht zeigt. James glaubt zunächst, dies könne nicht der Mann sein, der Sibyl vor achtzehn Jahren in den Tod getrieben habe, und lässt Dorian laufen.

17

Als James Vane die Wahrheit über Dorian erfährt, folgt er ihm auf dessen Landsitz. Dorian erblickt sein bleiches Gesicht, das sich von außen gegen ein Fenster drückt. Er wird ohnmächtig vor Angst.

18

Dorian steht Todesängste aus. Reue über den Mord an Basil ergreift ihn. Zwei Tage später erschießt einer von Dorians Gästen bei der Jagd versehentlich einen Mann, den Dorian als James Vane identifizieren kann. Dorian ist erleichtert und glaubt sich sicher.

19

Dorian verkündet Sir Henry, von nun an dem Ideal eines guten Menschen folgen zu wollen. Er wirft Harry vor, ihn mit jenem Buch von damals vergiftet zu haben. Harry soll versprechen, das Buch niemandem mehr zu geben.

20

Dorian beklagt den Tod seiner Seele und will ein neues Leben anfangen. Er erkennt, dass sein Wunsch nach ewiger Jugend sein Leben ruiniert und ihn maßlos gemacht hat. Einziger Beweis für seine Schandtaten ist das Bild. Er will es zerstören und so die Vergangenheit auslöschen. Immer wieder sticht er mit dem Messer, mit dem er auch Basil getötet hat, auf das Bild ein. Mit einem fürchterlichen Schrei stirbt Dorian. Im Tod ist sein Gesicht verbraucht und hässlich. Das Gemälde dagegen zeigt ihn in der gewohnten Jugend und Schönheit.


Oscar Wildes einziger Roman wurde gleich nach seiner Veröffentlichung 1890 zum Skandal. Er beschäftigt sich – in bis dato ungewohnter Form, nämlich als belletristisches Werk – mit Theorien zur Ästhetik. Auch die Schilderung des Lebensstils des Fin de Siècle, den Wilde in Paris kennengelernt hatte, oder die erstmalige Thematisierung der Homosexualität in der modernen Literatur schockierten die englischen Leser und Kritiker. Zweifel an der moralischen Integrität des Autors kamen auf. Das Buch wurde später als Beweismittel in einem Prozess verwendet, an dessen Ende Oscar Wilde 1895 wegen homosexueller Handlungen verurteilt wurde.

Veröffentlicht am 30. November 2014. Zuletzt aktualisiert am 27. September 2022.

Autor des Werkes

Irischer Schriftsteller und Dichter
Oscar (Fingal O’Flahertie Wills) Wilde wurde am 16. Oktober 1854 in Dublin geboren. Seine Mutter war die Dichterin Jane Francesca Elgee, sein Vater ein bekannter irischer Arzt.

Kurze Zusammenfassung

Der bekannte Maler Basil Hallward ist fasziniert von dem jungen und wohlhabenden Dorian Gray. Gekonnt fängt er die unverdorbene Schönheit seines Modells in einem Porträt ein. Unter dem Einfluss von Basils altem Freund, dem gewissenlosen Dandy Lord Henry Wotton, erfleht Dorian, das Bildnis möge statt seiner altern. Im dekadenten Europa des »Fin de Siècle« gelingt es Lord Henry in den nächsten Jahren, Dorian nach seinen Vorstellungen zu formen: Zunehmend rücksichtslos strebt Dorian nach Sinnenlust und -genuss. Sein verwerflicher Lebenswandel manifestiert sich in seinem Bildnis. Dieses nimmt immer abscheulichere Züge an, während Dorian äußerlich unverändert erscheint. Angstvoll beobachtet Dorian anhand des Porträts die Zerstörung seiner Seele. Auch als er den Maler Basil als vermeintlichen Urheber seiner Schande tötet, findet Dorian keine Ruhe. Er entschließt sich zur Umkehr und will fortan dem Ideal eines guten Menschen folgen. Zuvor will er das Gemälde als einzigen Zeugen seiner Vergangenheit zerstören. Er sticht mit einem Messer auf das Bild ein und tötet sich damit selbst.

Hauptfiguren

Dorian Gray

  • reich und kultiviert
  • jung und von beeindruckender Schönheit
  • eitel und verletzlich
  • verändert sich unter dem Einfluss von Lord Henry grundlegend
  • stellt sein eigenes Vergnügen über alles andere
  • lebt intensiv und unabhängig von Konventionen und Moral
  • handelt gewissenlos
  • verdrängt die Angst vor Selbstzerstörung

Lord Henry Wotton

  • egoistisch und treulos
  • charmant und geistreich
  • scharfsinnig und provokativ
  • vertritt radikale Ansichten
  • stellt die Wert- und Moralvorstellungen des Viktorianischen Zeitalters infrage
  • eloquent und manipulativ
  • betrachtet Dorian als Studienobjekt und sein Geschöpf
  • stellt sich am Ende als naiv heraus, da er Dorians Untergang nicht wahrnimmt

Basil Hallward

  • als Maler talentiert, aber konventionell
  • lässt sich von Dorian inspirieren, findet zu neuem künstlerischen Ausdruck
  • tiefer Gefühle fähig und treu
  • ändert seine Meinung in Bezug auf Kunst (hat anfangs Sorge, in dem Porträt zuviel von sich preisgegeben zu haben, nimmt das später zurück: »Kunst ist immer viel abstrakter, als wir glauben. Form und Farbe sprechen von Form und Farbe – das ist alles.«)
  • lässt sich aber in seiner Liebe zu Dorian nicht beirren
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