»Effi Briest« ist die Hauptfigur in dem gleichnamigen Roman von Theodor Fontane aus dem Jahr 1894/95. Das Werk ist ein bekanntes Beispiel für die Literaturepoche des Realismus. Die junge Effi Briest betrügt ihren Ehemann und wird fortan gesellschaftlich geächtet. Ihr Ehemann verteidigt seine Ehre in einem Duell. Der Roman spielt zur Zeit seiner Entstehung. Handlungsorte sind das fiktive Hohen-Cremmen in Brandenburg, Kessin in Hinterpommern sowie Berlin.
Verlobung und Hochzeit – Ende einer unbeschwerten Jugend
Effi Briest ist als einziges Kind einer wohlhabenden und angesehenen Familie in Hohen-Cremmen aufgewachsen. Sie ist ein behütetes Mädchen voller Lebenslust und Freiheitsdrang. Siebzehnjährig, erhält sie einen Heiratsantrag von dem mehr als doppelt so alten Baron Geert von Innstetten, einem früheren Verehrer ihrer Mutter Luise Briest. Der Baron ist Landrat im hinterpommerschen Kessin.
Adelig, in sicherer Stellung und von attraktivem Äußeren, gilt von Innstetten als gute Partie. Als er um Effis Hand anhält, zeigt sich Effis Mutter hochzufrieden. Es braucht kaum gutes Zureden ihrerseits, damit Effi der sofortigen Verlobung zustimmt. Schließlich gehe es beim Heiraten nicht nur um Liebe und privates Glück, wie sie ihren Freundinnen gegenüber äußert. Ihrer Ehe sieht sie mit kindlicher Naivität entgegen. Vergeblich versucht ihre Mutter, sie zu einer ernsthafteren Haltung zu bewegen. In den Flitterwochen macht das Ehepaar eine Bildungsreise nach Italien. Effi findet das anstrengend, beklagt sich aber nicht.
Leben im Ostseebad Kessin – Mutterschaft und Ehebruch
Sechs Wochen nach der Hochzeit kommt das Ehepaar im hinterpommerschen Ostseebad Kessin an. Effi schließt Freundschaft mit Rollo, dem großen Hund des Barons. Ihr neues Heim ist ein altes Fachwerkhaus mit etlichen ungenutzten und vernachlässigten Räumen. Von Innstetten und seine Frau machen die von ihnen erwarteten Antrittsbesuche – zunächst in Kessin, dann bei weiter entfernt wohnenden Familien des Landadels. Effi ahnt, dass es schwierig wird, gesellschaftliche Kontakte zu pflegen. Einzig der Apotheker Gieshübler hebt sich angenehm von der überwiegend biederen und auf Äußerlichkeiten fixierten Nachbarschaft ab.
Zwei Wochen nach der Ankunft in Kessin ist Effi zum ersten Mal über Nacht allein im Haus. Der strebsame und auf seine Karriere bedachte Baron von Innstetten ist bei Fürst von Bismarck eingeladen. Effi fühlt sich einsam; Heimweh überkommt sie. Im Schlaf wird sie von Albträumen geplagt. Sie bittet das Hausmädchen Johanna, bei ihr zu schlafen. In dem Haus scheint es zu spuken, was einige Bedienstete bestätigen. Für Effis Angst und ihren Wunsch umzuziehen zeigt ihr Mann kein Verständnis. Er lenkt sie ab, indem er ihr bei einer Schlittenfahrt die Geschichten der Menschen in Kessin erzählt. Diese sind aus vieler Herren Länder zusammengekommen. Effi lauscht begierig.
Der erste Winter in Kessin ist schwer. Effi vermisst anregende Menschen, die es – abgesehen von Gieshübler – nicht gibt. Ihr Mann sorgt für sie, ein guter Gesellschafter ist er indes nicht. Effi fühlt sich einsam an seiner Seite. Im Frühling zieht der Landwehrbezirkskommandeur Major von Crampas mit seiner Familie nach Kessin. Der Major ist Mitte vierzig und gilt als Frauenheld. Er ist aufgeschlossen und fröhlich. Die Melancholie und Eifersucht seiner Frau verhindern einen engeren Kontakt zwischen den Familien Crampas und Innstetten.
Effi ist schwanger und stellt Ende Juni die junge Katholikin Roswitha als Kindermädchen ein. Zwischen den beiden Frauen entwickelt sich ein gutes Verhältnis. Kurz darauf bringt Effi ihre Tochter Annie zur Welt.
Kein Roman der deutschsprachigen Literatur wurde häufiger verfilmt als »Effi Briest«. Fünf Regisseure nahmen sich bisher des Stoffs an:
- Gustaf Gründgens mit »Der Schritt vom Wege«; Deutschland 1939
- Rudolf Jugert mit »Rosen im Herbst«; BRD 1955
- Wolfgang Lederer mit »Effi Briest«; DDR 1968
- Rainer Werner Fassbinder mit »Fontane – Effi Briest«; BRD 1974
- Hermine Huntgeburth mit »Effi Briest«; Deutschland 2009
Filmgeschichte machte der Streifen in Schwarz-Weiß von Rainer Werner Fassbinder aus dem Jahr 1974 mit Hanna Schygulla in der Hauptrolle. Einerseits hält Fassbinder sich eng an die Buchvorlage. Gleichzeitig geht schon aus dem Filmtitel hervor, dass auch dem Autor Fontane eine Rolle zukommt. Tatsächlich gerät Fontanes künstlerische Haltung in Fassbinders Visier: eine Haltung, die die Gesellschaft, in der er lebt, heftig kritisiert, die ihn aber nicht daran hindert, sich von ihr ernähren und feiern zu lassen.
Von Innstetten erlaubt Effi, ihn und Crampas bei Ausritten in die Dünen zu begleiten. Auf dem Pferderücken ist Effi endlich wieder in ihrem Element. Wenn der Baron nicht anwesend ist, führt Crampas zweideutige Reden. Effi fühlt sich einerseits geschmeichelt von seinen Annäherungsversuchen, andererseits hat sie ein ungutes Gefühl.
Während einer nächtlichen Schlittenfahrt in größerem Kreise ergibt es sich, dass Crampas und Effi allein sind. Effi ist sich der Gefahr bewusst, und tatsächlich nutzt Crampas die Gelegenheit zu einem leidenschaftlichen Kuss. Am nächsten Morgen zeigt Innstetten sich argwöhnisch. Er warnt Effi vor Major Crampas. Dennoch lässt Effi sich auf eine heimliche Affäre mit dem Major ein. Die Treffen belasten ihr Gewissen sehr, trotzdem kann sie sich der Macht des Verbotenen nicht entziehen.
Unterdessen wird Innstetten befördert und erhält einen Posten in Berlin. Effi zeigt ihre Erleichterung darüber nur allzu deutlich, was erneut von Innstettens Misstrauen weckt. Effi schreibt Crampas einen letzten Brief und nimmt Abschied von Grieshübler und dem Ort Kessin.
Glückliche Familienjahre in Berlin
In der Großstadt fühlt Effi sich sehr viel wohler als in dem kleinen Ostseebad. Sie und ihr Mann nehmen mit Freude am gesellschaftlichen Leben der Stadt teil. Doch noch immer bedrückt Effi ihre Leichtfertigkeit. Sie ist in ständiger Sorge, dass ihre Affäre mit Crampas ans Licht kommt. Es soll zwei Jahre dauern, bis die Erinnerung an die Ereignisse in den Ostseedünen langsam verblassen. Einige Jahre später fährt Effi auf Anraten ihres Arztes zur Kur nach Schwalbach im Taunus und nach drei Wochen weiter ins Heilbad Ems. Die Anwendungen sollen die Chancen auf die Geburt eines Sohnes verbessern, da ein Stammhalter bislang fehlt.
Tödliches Duell, Scheidung und Verbannung
In Effis Abwesenheit fallen ihrem Ehemann durch einen Zufall alte Liebesbriefe von Major Crampas aus Effis Nähkästchen in die Hände. Baron von Innstettens Ehre ist verletzt und er muss Crampas zum Duell fordern. Sein Kollege Geheimrat Wüllersdorf versucht vergeblich, ihn davon abzubringen, zumal die Sache schon Jahre zurückliege und von Innstetten seine Frau liebe. Obwohl der Baron keinerlei Rachegelüste spürt, fühlt er sich seiner Moral und seinen Prinzipien verpflichtet. Es kommt also zum Duell, in dem von Innstetten Crampas erschießt.
Von Innstetten leitet die Scheidung in die Wege, ohne Effi noch einmal zu begegnen. Die inzwischen siebenjährige Tochter Annie wird dem Vater zugesprochen. Effis Eltern verweigern ihr die Rückkehr ins Herrenhaus in Hohen-Cremmen, wenngleich sie für Effis Unterhalt aufkommen. Nur Roswitha hält Effi die Treue, und ist bereit, mit ihrer Herrin fortan in relativer Armut zu leben.
Armut, Krankheit und Einsamkeit in Berlin
Effi bezieht eine bescheidene Wohnung in Berlin. Ihr eintöniges und einsames Leben erträgt sie mit Haltung. Doch Effi kränkelt. Drei Jahre später gibt Innstetten einer Bitte Effis nach: Ihre Tochter Annie darf sie besuchen. Annie begegnet ihr kühl und distanziert. Auf Effis Fragen gibt sie einstudierte Antworten. Effi begreift, dass sie zu einer ablehnenden Haltung ihrer Mutter gegenüber erzogen wurde, und erleidet einen Zusammenbruch.
Rückkehr ins Elternhaus und Tod
Auf Anraten von Effis Arzt holen die Eltern ihr krankes Kind zu sich nach Hohen-Cremmen. Effi scheint sich zu erholen. Sie ist viel in der Natur unterwegs; draußen fühlt sie sich wohl. Doch sie bleibt anfällig und zieht sich immer mehr in sich zurück. Roswitha gelingt es, das Herz des Barons von Innstetten zu erweichen: Er schickt Effi den alten Hund Rollo. Von Innstetten hat inzwischen eingesehen, dass es Wichtigeres gibt als Karriere und Ansehen. Er spürt, dass auch er sein Lebensglück verspielt hat.
Der Hund folgt Effi wie früher auf Schritt und Tritt. Effi ist glücklich, wird aber ständig schwächer. Schließlich schafft sie es nicht mehr, sich von einem Infekt zu erholen. Sie sieht ihrem Tod gefasst entgegen. Ruhig und versöhnt mit Gott und den Menschen – auch mit Geert von Innstetten – stirbt sie im Alter von 29 Jahren. Auf ihrem Grabstein ist auf Effis Wunsch ihr Mädchenname eingraviert.
Fontanes Gesellschaftsroman »Effi Briest« ist ein Klassiker der deutschen Literatur. In seinem Roman, der dem poetischen Realismus zugerechnet wird, schildert der Autor die gesellschaftlichen Konventionen, Regeln und Zwänge im Preußen des ausgehenden 19. Jahrhundert. Dazu zählt auch die niedrige gesellschaftliche Stellung der Frau. Den Stoff für seinen Roman fand Fontane in der wahren Geschichte der Elisabeth von Ardenne, genannt Else. Geboren 1853 und aus altem preußischen Adel stammend, wurde sie siebzehnjährig mit einem Baron verheiratet. 1886 deckte ihr Mann ihre Beziehung zu einem bürgerlichen Amtsrichter auf. Wie Effi Briest im Roman, verlor auch Else alle Rechte.