Der deutsche Dramatiker Rolf Hochhuth wurde am 1. April 1931 im hessischen Eschwege geboren. Sein Werk beeinflusste maßgeblich die Theaterkultur der Bundesrepublik. Er gilt als einer der Mitbegründer des Dokumentartheaters, lehnt dieses Etikett jedoch ab. Sein bekanntestes Drama ist sein Erstlingswerk »Der Stellvertreter« (1963), das dem Vatikan eine Mitverantwortung am Holocaust zuschreibt. Hochhuth äußert sich bis heute regelmäßig zu gesellschaftlich relevanten Themen und sorgt damit immer wieder für Kontroversen, gelegentlich auch für Skandale.
Rolf Hochhuth lebt heute mit seiner vierten Frau, der Buchhändlerin Johanna Binger, in Berlin. Er ist Vater von drei Söhnen aus seinen früheren Ehen.
Arbeit als Buchhändler und Lektor
Rolf Hochhuth besuchte das Gymnasium in Eschwege und verließ es 1948 mit der Mittleren Reife, um eine Buchhändlerlehre zu absolvieren. Von 1950 bis 1955 war er in Marburg, Kassel und München als Buchhändler tätig. An den Universitäten München und Heidelberg besuchte er als Gasthörer Vorlesungen zu Geschichte, Philosophie und Literaturwissenschaft.
Von 1955 bis 1963 war Hochhuth Lektor im Bertelsmann-Lesering. Er zeichnete in dieser Position verantwortlich für verschiedene Anthologien und Werkausgaben, darunter eine sehr erfolgreiche Wilhelm-Busch-Ausgabe. Während dieser Zeit entstanden auch erste eigene literarische Arbeiten.
»Der Stellvertreter«
Hochhuths erstes Drama »Der Stellvertreter« wurde 1963 von Regisseur Erwin Piscator in Berlin uraufgeführt und machte den Autor mit einem Schlag berühmt. Das Stück, das die Frage nach der Mitschuld des Vatikans an der Judenvernichtung stellt, löste weltweit einen Skandal aus. Das Drama ist trotz seiner Papstkritik keineswegs antikatholisch. Es betont die Verantwortung des Einzelnen und erinnert mit der Figur des Jesuitenpaters Riccardo Fontana an historische Vorbilder wie Pater Maximilian Kolbe.
Begründer des Dokumentartheaters?
1963 zog Rolf Hochhuth nach Basel, wo er fortan als freier Schriftsteller lebte. Im selben Jahr erschien seine Novelle »Die Berliner Antigone«. Auch in den folgenden Jahrzehnten schrieb Rolf Hochhuth zahlreiche Essays und Erzählungen. Im Bewusstsein der Öffentlichkeit ist er jedoch vor allem als Dramatiker präsent. Immer wieder ist zu lesen, dass er neben Peter Weiss einer der Begründer des Dokumentartheaters sei. Er selbst wehrt sich gegen diese Einschätzung, die er als einengende Etikettierung empfindet.
Moralist und Mahner
Zeit seines Lebens hat Rolf Hochhuth politisch Stellung bezogen, vor allem zur deutschen und europäischen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Zu den bekanntesten Beispielen seiner Einflussnahme gehört die »Filbinger-Affäre« von 1978: der Rücktritt des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger, dessen Täterschaft als ehemaliger NS-Richter durch Hochhuths Recherchen zu seinem Drama »Juristen« (1979) bekannt wurde.
Hochhuth hat zahlreiche Debatten ausgelöst und zum Teil heftige Gegnerschaft hervorgerufen. Damit gehört er zu einem Schriftstellertypus, der in der Tradition der Aufklärung steht. Er sieht es als moralische Pflicht, in die öffentliche Diskussion einzugreifen und meinungsbildend zu wirken. So forderte er z. B. 2013 Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem offenen Brief auf, Whistleblower Edward Snowden in Deutschland Asyl zu gewähren.
Nach der Wende nahm er mit dem Stück »Wessis in Weimar« (1993) kritisch Stellung zur Rolle der Treuhandanstalt im wiedervereinigten Deutschland. Weitere Werke, die auf Wirtschaftsthemen Bezug nehmen, sind die Dramen »Ärztinnen« (1980) und »McKinsey kommt« (2004).
Die Affäre um David Irving
2005 äußerte sich Rolf Hochhuth in der nationalistischen Wochenzeitschrift »Junge Freiheit« anerkennend über den als Holocaust-Leugner gerichtlich verurteilten David Irving. Seine Einschätzungen lösten Entsetzen aus; der DVA-Verlag zog daraufhin die geplante Veröffentlichung seiner Biografie zurück. Vor dem Hintergrund seiner Werke, die Hochhuth als eindeutigen Gegner des Nationalsozialismus ausweisen, wirken seine Äußerungen nicht nur anstößig, sondern vor allem befremdlich. Hochhuth distanzierte sich später von ihnen.
Auszeichnungen und Mitgliedschaften
Trotz solcher Skandale wurde der streitbare Autor mit vielen Preisen und Auszeichnungen geehrt, darunter der Geschwister-Scholl-Preis (1980), der Elisabeth-Langgässer-Literaturpreis (1991) und der Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache (2001). Hochhuth ist Mitglied der Akademie der Künste in Berlin, des PEN-Zentrums Deutschland, der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und der Freien Akademie der Künste in Hamburg.