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Warten auf Godot

Aufbau des Werkes

Das Stück hat zwei Akte, die ungefähr gleich lang sind. Eine weitere Binnengliederung findet nicht statt, wenngleich das Stück durch die Auftritte Pozzos und Luckys durchaus strukturiert wird. Überhaupt ist das Stück bei genauerem Hinsehen formal recht streng. Die Einheit des Ortes ist ostentativ gewahrt, die Gespräche spiegeln sich, genauso die Interaktion mit Pozzo und Lucky.

Im ersten Akt müssen Estragon und Wladimir Lucky stützen, da dieser zwischenzeitlich nicht allein stehen kann. Im zweiten Akt wiederum müssen sie erst Lucky, dann Pozzo helfen und stürzen schließlich selbst. Dies könnte man auch als dramaturgische Entwicklung auffassen. 

Auch die Enden der beiden Akte gleichen sich, sodass der erste Akt problemlos wieder als dritter Akt fungieren könnte – das Stück könnte endlos weitergehen. »Warten auf Godot« hat durch seine spiegelbildliche oder zirkuläre Struktur weder ein richtiges Ende noch einen richtigen Anfang. Es ist letztlich recht beliebig, wo genau das Stück einsetzt. Doch genau solche Freiheiten lassen die Regieanweisungen, die besonders stringent und eindeutig sind, nicht zu. »Warten auf Godot« ist tatsächlich sehr streng komponiert. Dies lässt sich etwa daran festmachen, dass die korrelierenden Szenen sich oftmals an der jeweils korrespondierenden Stelle im anderen Akt befinden. Eingestreut sind zudem philosophische Passagen, die immer wieder in Richtung vierter Wand deuten.

Dennoch wird die vierte Wand nie wirklich durchbrochen. Höchstens die Szene, in der Wladimir sagt, das Ende des Programms sei gesichert (vgl. 191) oder die Szene, in der eine Art implizite Genrediskussion angestoßen wird (vgl. 91-93) könnten als solche Durchbrüche verstanden werden. Dennoch interagieren die Schauspieler niemals wirklich mit dem Publikum, sodass gesagt werden muss, dass die vierte Wand bestehen bleibt. Damit erweist sich das Stück als traditionell und unsatirisch.

Veröffentlicht am 25. Juli 2023. Zuletzt aktualisiert am 25. Juli 2023.