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Die Physiker

Zitate und Textstellen

  • »Man darf doch rauchen?«
    – Inspektor Voß, S. 9

    Deutlich wird hier die Härte und Strenge, die der Inspektor zunächst ausstrahlt, als er das erste Mal in der Klinik erscheint, um den Mord an einer Krankenschwester zu untersuchen. Sein Denken, Handeln und Auftreten verkehren sich im zweiten Akt ins Gegenteil, was dadurch zum Ausdruck gebracht wird, dass der Inspektor dann nicht mehr danach fragt, rauchen (und Alkohol trinken) zu dürfen, sondern sogar die Einladung dazu ausschlägt. Es wird offensichtlich, dass der Inspektor im Verlauf der Komödie die Regeln und Ideen des Sanatoriums verinnerlicht und annimmt.

  • »Entschuldigen Sie, doch weil wir gerade von Ordnung gesprochen haben: Hier dürfen nur die Patienten rauchen und nicht die Besucher. Sonst wäre gleich der ganze Salon verpestet.«
    – Kilton, S. 13

    Die psychiatrische Einrichtung »Les Cerisiers« verfolgt eigene, nicht immer nachvollziehbare oder logisch wirkende Regeln und Vorgaben, wie auch anhand dieser Textstelle offensichtlich wird. Die Patienten der Einrichtung scheinen besondere Rechte genießen zu dürfen: Für sie gilt kein Rauchverbot und selbst das Morden hat keine Konsequenzen.

  • »Für wen sich meine Patienten halten, bestimme ich. Ich kenne sie weitaus besser, als sie sich selber kennen.«
    – Mathilde von Zahnd, S. 18

    Mathilde von Zahnd offenbart an dieser Stelle ihre Überheblichkeit und die Überzeugung, allmächtig zu sein und über allem anderen zu stehen. Sie lässt hier auch eine gottgleiche Attitüde anklingen: Wie Gott ist sie in der Lage, vollständig über die Patienten zu bestimmen – selbst über deren Gedanken und Gefühle. Damit deutet sich der Wahn der Leiterin und Oberärztin bereits an, bevor dieser am Ende des Textes dramatische Ausmaße annimmt.

  • »Ich sortiere. Die Schriftsteller zu den Schriftstellern, die Großindustriellen zu den Großindustriellen, die Millionärinnen zu den Millionärinnen und die Physiker zu den Physikern.«
    – Mathilde von Zahnd, S. 21

    Der Gottkomplex der Leiterin Mathilde von Zahnd steigert sich zusätzlich dadurch, dass sie ihre Patienten anhand derer Berufe im Gebäude verteilt. Sie macht damit deutlich, dass sie die Erkrankten nicht als hilfsbedürftige Individuen betrachtet, die es zu versorgen gilt, sondern sie in ihnen vielmehr Versuchsobjekte sieht. Die Patienten dienen damit dem persönlichen Vergnügen der Leiterin.

  • »Bitte, Fräulein Doktor.«
    – Inspektor Voß, S. 43

    Inspektor Voß verbessert an dieser Stelle die folgende Aussage der Leiterin und Oberärztin Mathilde von Zahnd: »Möchten Sie nun den Mörder –?« zu Beginn des zweiten Akts, als der Inspektor den Mord an Krankenschwester Monika untersuchen soll. Voß hat das Gedankengut der Einrichtung mittlerweile so sehr verinnerlicht, dass er nun derjenige ist, der die Bezeichnung »Täter« vorzieht und den Begriff »Mörder« innerhalb der Klinik ablehnt.

  • »Da wir beide, wie ich vermute, mit Waffen tüchtig umzugehen wissen, wollen wir doch ein Duell möglichst vermeiden, finden Sie nicht?«
    – Eisler, S. 51

    Eisler spricht hier das aus, was auch sein Konkurrent Kilton denkt: Die beiden sind ähnlich stark und geübt im Umgang mit Waffen, daher würde ein Duell für beide Seiten ein schlechtes Ende nehmen. Die beiden Männer repräsentieren hierbei die Ost- und Westmächte im Kalten Krieg – hier wie dort kommt es folglich nicht zu einem Angriff, der Konflikt ist zu diesem Zeitpunkt allerdings auch nicht gelöst und hängt bedrohlich und allgegenwärtig in der Luft.

  • »Sie haben die Pflicht, die Türe auch uns aufzuschließen, den Nicht-Genialen.«
    – Kilton, S. 54

    Kilton vertritt hier die Auffassung, dass die Wissenschaft ein Gut sei, das man der Allgemeinheit zugänglich machen müsse – in diesem Fall soll Möbius seine Entdeckungen für die Menschheit freigeben. Kilton nimmt in diesem Zusammenhang auch die Verantwortung von den Wissenschaftlern – hier von Möbius – und weist sie ebenfalls der Allgemeinheit zu.

  • »Sie mißverstehen mich, Möbius. Meine Machtpolitik besteht gerade darin, daß ich zugunsten einer Partei auf meine Macht verzichtet habe.«
    – Eisler, S. 57

    Wie Kilton plädiert auch Eisler dafür, wissenschaftliche Erkenntnisse für die Menschheit zu veröffentlichen und nicht für sich zu behalten. Im Gegensatz zu Kilton sieht er die Verantwortung aber nicht bei der Allgemeinheit, sondern bei den politischen Machthabern. Diese könne er nicht beeinflussen, weshalb er auch nicht garantieren könne, dass die Entdeckungen für ein guten Zweck genutzt werden.

  • »Unsere Wissenschaft ist schrecklich geworden, unsere Forschung gefährlich, unsere Erkenntnis tödlich. Es gibt für uns Physiker nur noch die Kapitulation vor der Wirklichkeit. Sie ist uns nicht gewachsen. Sie geht an uns zugrunde. Wir müssen unser Wissen zurücknehmen, und ich habe es zurückgenommen. Es gibt keine andere Lösung, auch für euch nicht.«
    – Möbius, S. 58

    Möbius mahnt, dass das Forschen eine Gefahr für die Menschheit darstelle und man daher darauf verzichten beziehungsweise sein »Wissen zurücknehmen« müsse. Er selbst hat dies getan, indem er seine Manuskripte verbrannt hat – nun will er auch die anderen beiden dazu bewegen, ihr Wissen für sich zu behalten, um auf diese Weise die Menschheit vor dem Untergang zu bewahren.

  • »Entweder haben wir geopfert oder gemordet. Entweder bleiben wir im Irrenhaus, oder die Welt wird eines. Entweder löschen wir uns im Gedächtnis der Menschen aus, oder die Menschheit erlischt.«
    – Möbius, S. 60

    Hier überredet Möbius die anderen beiden Physiker dazu, ebenfalls im Sanatorium zu bleiben: Außerhalb der Einrichtung seien sie lediglich Mörder, wenn sie hierbleiben, haben sie sich allerdings für das Wohlergehen der Menschheit geopfert. Die Morde an den Krankenschwestern wären dann also nicht bloß kaltblütige Morde gewesen, sondern hätten einen Sinn erhalten.

Veröffentlicht am 12. Oktober 2022. Zuletzt aktualisiert am 12. Oktober 2022.