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Macbeth

Rezeption und Kritik

Der erste Beleg für eine Aufführung von »Macbeth« stützt sich auf einen Tagebucheintrag von dem Arzt und Astrologen Dr. Symon Forman. Dieser besuchte eine Vorstellung im Londoner Globe Theatre am 20.04.1611. Andere Quellen dokumentieren das Jahr 1610. In seinen Aufzeichnungen gab er zwar hauptsächlich den Inhalt wieder, dennoch schien er von dem Stück beeindruckt. Als Arzt hob er auch Lady Macbeths Schlafwandel-Szene hervor. (Pfister, online) 

Seither wurde »Macbeth« durchgehend gespielt. Allerdings muss man aufgrund der Theaterschließungen von 1642 bis 1660 zwischen der Theater- und Literaturrezeption unterscheiden. Es kam zu zunehmenden Abweichungen vom Shakespeareschen Original. Eine Version von William Davenant aus dem Jahr 1665 wurde als »›opernhaftes Zauberwerk‹ gefeiert« als auch als »›englische Versimplung‹ verpönt« (Herforth, 103). Die englische Rezeption des 17. Jahrhunderts gestaltete sich insgesamt gegensätzlich: Es wurden mehrere Umarbeitungen des Stoffes inszeniert, die sowohl lobende als auch ablehnende Reaktionen hervorriefen. Fritz Schulze fasst diese zusammen und stellt vor allem die Kritikpunkte an den Hexen- und der Pförtnerszene heraus (ebd., 103).

Im 18. Jahrhundert gewann »Macbeth« wieder an positiver Aufmerksamkeit. Gleichzeitig begann man, die Figuren als Menschen des echten Lebens zu interpretieren. Die noch bis heute gängige psychische Analyse kann allerdings zur Entfernung von der eigentlichen Handlung führen (Mürb, 57). Die Literaturdiskussion wurde auf internationaler Ebene angestoßen.

Insgesamt wurden zwischen 1674 und 1744 300 Aufführungen dokumentiert. Dabei handelte es sich jedoch häufig um abgewandelte Versionen. Im 18. und 19. Jahrhundert galt »Macbeth« als das meistgespielte Stück Shakespeares. (ebd., 57)

Die erste deutsche Übersetzung erfolgte 1763 von Christoph Martin Wieland. Allerdings gilt diese als fehlerhaft. Wieland selbst war von Shakespeare begeistert und behauptete, dass sich der Dichter mit »Macbeth« in die menschlichen Herzen geschrieben hätte (vgl. Herforth, 105). 1775 bis 1782 folgte eine auf Wielands basierende Übersetzung von J.J. Eschenburg. Johann Gottfried Herder, ein Vertreter des Sturm und Drangs, war von dem Stück beeindruckt, was er mit den Worten ausdrückt: »ich müsste alle, alle Scenen ausschreiben, um das idealisirte Lokal des unnennbaren Ganzen, der Schicksals-, Königsmords- und Zauberwelt zu nennen, die als Seele das Stück … belebt.« (ebd., 106) Es folgten weitere zahlreiche Übersetzungsversuche. Bis heute anerkannt ist die 1833 entstandene Fassung von Ludwig und Dorothea Tieck. (ebd., 108f.)

Der deutsche Dichter Friedrich Schiller (1759-1805) setzte sich ebenfalls mit Shakespeares Drama auseinander und erarbeitete ein Bühnenstück, dessen Schwerpunkt auf Macbeths Willensfreiheit lag. Während das Böse der Hexen abgemildert wird, nimmt Lady Macbeth die Symbolfigur des Bösen ein. Viele Änderungen eliminieren die für Shakespeares Dichtung typische Ironie. Der Pförtner wird zum Beispiel als frommer Mann dargestellt. Alles in allem handelt es sich bei Schillers Version eher um eine der Weimarer Klassik entsprechende Neudichtung, die mit Shakespeares Original nur den Grundstoff gemeinsam hat (Neis, 83f.).

Im 20. Jahrhundert erfolgten zwei weitere bedeutende Nachdichtungen. Heiner Müller führte seine Fassung 1972 in Basel auf. Diese thematisierte ein düsteres Weltbild und orientierte sich stark an Shakespeare. Im selben Jahr erfolgte die Uraufführung von Eugène Ionescos Version in Paris. Hier zeigten sich, abgesehen vom gleichnamigen Titel, große Unterschiede. Ionescos arbeitete mit Groteskem. Die Figuren wurden überblendet und verwandelten sich teilweise in andere: Eine der Hexen wird zu Lady Duncan und dann zu Lady Macbeth, nachdem Macbeth sie heiratet. In seinem Stück galten Sexualität und Brutalität als die Ursachen für Verwirrung (ebd., 84f.).

Zu »Macbeth« gibt es zahlreiche musikalische Umsetzungen. Dazu zählen zum Beispiel eine Oper von Giuseppe Verdi aus dem Jahr 1847 und eine sinfonische Dichtung von Richard Strauß, entstanden 1890. Die erste Verfilmung des Werks erfolgte in England 1913 und in Deutschland 1922. Bekannt ist Orson Wells Umsetzung als Schwarz-Weiß-Film von 1948, für den er mitunter starke Kürzungen und eine Veränderung der Reihenfolge vornahm. Wells hatte das Drama bereits 1936 für das Lafayette Theater in New York inszeniert. Die Verfilmung von Roman Polanski aus dem Jahr 1971 bleibt bei der Textfassung eng am Original und gewinnt durch realistische Schauplätze. 2015 kam »Macbeth« unter der Regie von Justin Kurzel in die Kinos.

Motive und Zitate des Dramas tauchen in verschiedensten Medien auf, so zum Beispiel im Titel von John Steinbecks Roman »The Moon is Down«. Während in Deutschland sowohl klassische als auch moderne Inszenierungen vorgenommen werden, dominiert in England Shakespeares Version (Herforth, 110). Heute zählt »Macbeth« zur Schullektüre. Seine Zeitlosigkeit wird durch die unterschiedlichen Interpretationen im Laufe der Epochen deutlich.

Veröffentlicht am 3. November 2023. Zuletzt aktualisiert am 3. November 2023.