Skip to main content

Macbeth

2. Akt

Zusammenfassung

1. Szene
Banquo kann nicht schlafen und spricht mit seinem Sohn Fleance. Er reicht Fleance sein Schwert für die dunkle Nacht, doch fordert er es zurück, als er Schritte hört. Macbeth tritt auf und weist sich als Freund aus. Banquo wundert sich, warum Macbeth noch wach sei. Der König ist bereits zu Bett gegangen, nachdem er Lady Macbeth und die Dienerschaft reich beschenkt hatte. Banquo sagt, dass er kürzlich von den drei Hexen geträumt habe und sich Macbeths Prophezeiung bereits bewahrheitet habe. Macbeth behauptet, nicht an sie zu denken, doch wolle er in einem ruhigen Moment mit Banquo über die Angelegenheit sprechen. Es würde ihm Ehre bringen, wenn er sich Macbeth anschlösse. Banquo ist interessiert, solange er seine Ehre dafür nicht erst verlieren müsse. Sie verabschieden sich.

Macbeth beauftragt einen Diener mit der Botschaft an Lady Macbeth, dass sie läuten solle, wenn der Trank bereit sei. Danach soll der Diener zu Bett gehen.
Macbeth erblickt vor sich einen Dolch in der Luft, den er jedoch nicht fassen kann. Er fragt sich, ob dieser ihm den Weg zu seinen blutigen Vorhaben weist oder ob es sich um eine Einbildung handle. Seine Absichten lassen ihn halluzinieren. Macbeth ist nervös. Als er die Glocke läuten hört, muss er sich für sein Vorhaben bereit machen.

2. Szene
Lady Macbeth lauscht dem Geschehen. Die Diener des Königs hat sie mit dem Wein bereits ausgeschaltet. Sie hofft, dass alles gut geht und nähme die Tat selbst in die Hand, wenn Duncan nicht ihrem Vater so ähnlich sähe. Macbeth kommt zu ihr und berichtet, dass er den König ermordet habe. Er ist aufgewühlt. Als er auf seinem Weg jemanden ein Gebet sprechen hörte, konnte er selbst nicht »Amen« sagen. Er fühlt sich ertappt und hat Angst, dass jemand etwas bemerkt hat. Er bildet sich Stimmen ein, die die Leute aufwecken und ihn einen Mörder nennen. Seine Frau versucht vergeblich, ihn zu beruhigen und rät ihm, sich die Hände zu waschen. Dabei bemerkt sie, dass Macbeth die Dolche mitgebracht hat, die eigentlich bei den Dienern liegen müssten. Doch Macbeth ist so entsetzt von seiner Tat, dass er sich weigert, nochmal zurückzugehen. Lady Macbeth beschuldigt ihn eines schwachen Willens und nimmt die Dolche an sich, um sie selbst zurückzubringen.

Ein Klopfen ertönt, das Macbeth ängstigt. Es gibt nichts, dass die Schuld von ihm nehmen kann. Lady Macbeth kehrt mit blutigen Händen zurück. Sie schämt sich, dass sie ihren Mann zum Mörder gemacht hat, während ihr Herz rein geblieben sei. Wieder ertönt das Klopfen. Lady Macbeth drängt Macbeth in ihre Kammer. Sie müssen sich waschen und ihre Nachtgewänder anziehen. Sie mahnt ihren Gatten, sich zusammenzureißen. Macbeth äußert den Wunsch, dass das Klopfen Duncan von den Toten erwecken möge.

3. Szene
Der Pförtner spielt, dass er der Höllenpförtner sei und malt sich aus, wer in diesem Falle an seiner Tür klopfe. Macduff kommt herein und beschwert sich über den Pförtner, der betrunken ist. Macbeth kommt hinzu, begrüßt die Herren und führt sie zum König. Macduff hat den Auftrag, diesen zu wecken.

Lennox berichtet von einer grausigen Nacht voller böser Omen, wie er sie noch nie erlebt habe. Macduff kommt aufgelöst aus den Gemächern des Königs zurück. Er verkündet etwas Schreckliches, worüber er nicht sprechen könne. Darum bittet er die Herren, es selbst zu sehen und weckt das ganze Schloss mit seinen Klagen auf. Macbeth gibt sich ahnungslos. Lady Macbeth fragt, was geschehen sei. Macduff behauptet mit einer Lady nicht darüber sprechen zu können und berichtet stattdessen Banquo, der dazukommt, vom Mord am König.

Macbeth spricht sein Leid aus. Auch die Söhne des Königs, Malcolm und Donalbain, erfahren vom Tod ihres Vaters. Lennox verdächtigt aufgrund der Umstände die Kämmerlinge, die Diener des Königs, als Schuldige, die wie ihm Wahn gehandelt haben müssen. Macbeth bereut darauf, sie getötet zu haben. Er sagt, er habe dies aus Entsetzen und Liebe zu Duncan getan. Lady Macbeth verliert das Bewusstsein und wird weggeführt. Banquo will die Hintergründe der Geschehnisse klären. Macbeth stimmt ihm zu. Dafür wollen sich alle in der Halle treffen.

Malcolm und Donalbain bleiben zurück. Sie beschließen, ohne Abschied zu fliehen, Malcolm nach England und Donalbain nach Irland. Sie ahnen weitere Bluttaten nach dem Mord ihres Vaters und trauen den Männern nicht mehr.

4. Szene
Rosse spricht mit seinem Vater. Der Alte hat in seinen 70 Lebensjahren noch nie eine solche Schreckensnacht wie die letzte erlebt. Sie beobachten eine plötzlich aufkommende Brutalität unter Tieren und eine hereinbrechende Dunkelheit. Macduff teilt ihnen die neuesten Erkenntnisse mit: Die Kämmerlinge sollen zu ihrer Tat angestiftet worden sein. Der Verdacht liegt auf den geflohenen Söhnen des ermordeten Königs. Macbeth wurde zum neuen Herrscher ernannt und befindet sich auf dem Weg nach Scone zur Krönung. Duncans Leichnam soll zur Gruft in Colmes Kill gebracht werden. Macduff macht sich auf nach Fife, Rosse nach Scone.

Analyse

Orientiert man sich an Gustav Freytags Tragödienmodell, sollte die Handlung mit dem 2. Akt ansteigen. Der Konflikt spitzt sich zu. Der Königsmord kann als Höhepunkt des 2. Aktes betrachtet werden (Herforth, 53). Der Höhe- und Wendepunkt des gesamten Dramas findet sich aber erst im 3. Akt.

Obwohl Macbeth und seine Frau ihr Vorhaben für sich behalten, beschleicht Banquo bereits ein ungutes Gefühl, das ihn nachts wach hält. Sowohl die Nacht als auch der Schlaf werden vielfach im Werk thematisiert. Der Schlaf steht für Heilsames und Frömmigkeit. Macbeth durchbricht diesen Zusammenhang, als er den König im Schlaf ermordet und von diesem Zeitpunkt an um den eigenen Schlaf gebracht wird (Neis, 80). Des Weiteren glaubt er nach seiner Tat, Stimmen zu hören, die alle aus dem Schlaf wecken, um ihn zu entlarven: »Mir war, als rief es: ›Schlaft nicht mehr, Macbeth | Mordet den Schlaf!‹ Ihn, den unschuld’gen Schlaf« (36).

Macbeth begegnet Banquo mit einer Reihe von Täuschungen. Er bezeichnet sich als einen Freund, obwohl er Banquo später umbringen wird. Er behauptet, nicht an die Hexen zu denken, obwohl er von ihren Worten zum Mord angestachelt wurde. Außerdem reagiert er auf die von Banquo beschriebene Großzügigkeit des Königs mit Worten über seine mangelnde Vorbereitung aufgrund der knappen Zeit. In Wirklichkeit hat er jedoch Duncans Mord geplant. Schein und Sein werden in dieser Szene einander gegenübergestellt. Zum Schluss macht er jedoch Andeutungen eines größeren Vorhabens, von dem auch Banquo profitieren könnte. Dabei unterliegt die Ehre unterschiedlichen Definitionen der beiden Thans. Banquo verknüpft diese nach dem damalig allgemeingültigen Verständnis mit Loyalität, Regeltreue und Moral (Mürb, 41). Macbeth hingegen bricht mit diesen Werten und verbindet Ehre mit Erfolg und dem Anstreben von Macht und höheren gesellschaftlichen Positionen.

Macbeth ist sich bewusst, dass er mit dem Königsmord einen Bruch mit dem gesellschaftlichen Verständnis von Moral, Loyalität und Ehre erzeugt. Diese Bewusstwerdung manifestiert sich in Schuldgefühlen, die ihn bereits vor seiner Tat beeinflussen und halluzinieren lassen: »Bist du, Unglücksbild, so fühlbar nicht | Der Hand, gleich wie dem Aug’? oder bist du nur | Ein Dolch der Einbildung, ein nichtig Blendwerk, Das aus dem heiß gequälten Hirn erwächst?« (32). Dabei zeigt sich Macbeths Innenleben. Der bevorstehende Mord quält ihn, bevor er ihn begangen hat.

Mit einem Parallelismus versucht Lady Macbeth ihren Mut zu bündeln und sich den Dienern, die sie soeben betäubt hat, überlegen zu fühlen: »Was sie betäubte, hat mich stark gemacht, | Und was sie dämpft’, hat mich entflammt.« (34) Ihre Nervosität ähnelt dabei der ihres Mannes. Letztendlich überlässt sie ihm das Töten und begründet das mit der Ähnlichkeit zwischen Duncan und ihrem Vater. Demzufolge sind es persönliche und moralische Hindernisse, die sie davon abhalten. Trotzdem scheute sie nicht davor, Macbeth aufzufordern, seine Bedenken zu ignorieren. Sie vollendet, was ihr Mann begonnen hat, doch schämt sie sich schließlich, dass er für sie zum Mörder wurde: »Meine Hände | Sind blutig wie die deinen; doch ich schäme | Mich, dass mein Herz so weiß ist.« (37) Ihre vorherige Aufforderung an Macbeth, seine Hände zu waschen, ist ein Versuch, sich von der Schuld zu befreien: »Nimm etwas Wasser | Und wasch von deiner Hand das garst’ge Zeugnis.« (36) Beiden ist jedoch bewusst, dass dies nicht möglich ist.

Macbeth ist von seiner Handlung schockiert und verstört. Besonders beschäftigt ihn die Sorge, dass jemand ihn verdächtigen könnte. Diese Sorge führt dazu, dass er später sowohl die Kämmerlinge als auch alle weiteren Feinde auf seinem Weg töten wird. In der 2. Szene des 2. Aktes dominiert jedoch das Entsetzen. Wieder halluziniert er, glaubt Stimmen zu hören, die ihn als Mörder entlarven und weigert sich, zurück in die Kammer des Königs zu gehen: »Ich gehe nicht mehr hin, ich bin entsetzt, | Denk’ ich, was ich getan« (36).

Die 3. Szene sorgt mit den Spielereien und Fantasien des betrunkenen Pförtners für ein Aufatmen nach der dramatischen und mit Schrecken erfüllten 2. Szene. Dieser bewusste Einschub wird auch als »comic relief« bezeichnet. Der Pförtner bricht mit dem üblichen Blankvers und spricht in Prosa, das durch die rhythmische Wiederkehr der Onomatopoesie (d. i. Lautmalerei) »Poch, poch, poch« (38) strukturiert wird. Laut Graham Holderness thematisiert er dabei eine widersprüchliche Gesellschaft, die an Verboten und unmoralischen Handlungen Freude fände und damit die Diskussion über Gut und Böse von Macbeth auf einen gesellschaftlichen Kontext übertrage (Herforth, 98). Eine Ironie besteht außerdem darin, dass der Pförtner sich ausmalt, der Höllenpförtner zu sein, unwissend aber tatsächlich das Tor zu einer Spielstätte öffnet, an der sich Grausiges zugetragen hat und wird (ebd., 93).
Das Pochen an der Tür wird von Macduff ausgelöst und ist als Ankündigung der Gegenbewegung zu verstehen. Denn Macduff wird zu Macbeths Gegenspieler.

Macbeth verbirgt vor den angereisten Herren seine innere Erschütterung und gibt sich als ahnungslosen Gastgeber. Die impulsive Ermordung der beiden Kämmerlinge steht im Widerspruch zu dem Hadern am Mord des Königs, findet ihre Begründung aber in Macbeths Angst, enttarnt zu werden. Bei allen anderen Beteiligten trifft der Königsmord auf Entsetzen. Macduff weigert sich, diesen vor Lady Macbeth auszusprechen, um sie als Frau nicht mit einer solchen Nachricht zu belasten. Dies verdeutlicht die stark eingebrannten Geschlechterrollen, denen Lady Macbeth selbst mit ihrer Grausamkeit und Mordbereitschaft widerspricht. Des Weiteren scheinen diese nur aus Formalität zu bestehen, denn Macduff hat keine Hemmungen, Banquo über die Geschehnisse zu informieren, obwohl Lady Macbeth noch zugegen ist. Ob deren Ohnmachtsanfall authentisch oder vorgetäuscht war, um den Schein zu wahren, ließe sich diskutieren.

Banquo tritt als nüchterner und rationaler Beobachter der Lage auf. Er achtet auf das Wohl Lady Macbeths, während ihr Mann damit beschäftigt ist, seinen vorschnellen Mord an den Dienern zu rechtfertigen. Banquo will die Hintergründe des Mordes aufklären.

Die Söhne des Königs erkennen bereits eine Intrige und bangen um ihre Sicherheit. Malcolms Satz: »Der mörderische Pfeil ist abgeschossen | Und fliegt noch; Sicherheit ist nur für uns, | Vermeiden wir das Ziel« (45) verdeutlicht in einer Metapher, dass die Morde noch nicht beendet sind und er, wie sein Bruder, das nächste Ziel sein könnte.
Auch Macduff reagiert misstrauisch. Statt der Krönung in Scone beizuwohnen, macht er sich auf zu seinem Sitz in Fife.

Das Elisabethanische Weltbild sah eine göttliche Ordnung vor, in der jedem Menschen ein bestimmter Platz zugewiesen war. Macbeth weicht nicht nur von seiner Position und den moralischen Standards ab, er löst die gesellschaftliche Struktur mit dem Mord an deren Oberhaupt, dem König, aus den Fugen. Die daraus entstehenden verheerenden Folgen betreffen nicht nur den Adel, sondern weiten sich auf die Bevölkerung, die Natur und die Umwelt aus, wie am Beispiel der sich gegenseitig fressenden Pferde gezeigt wird. Schottland stürzt ins Chaos. Die Störung der Ordnung wird eng mit dem Bösen als Verursacher verknüpft, das sich anschließend ausbreitet und für Unheil sorgt, bis die Ordnung wiederhergestellt wird (Mürb, 40). In der letzten Szene des 2. Aktes wird dieses hereinbrechende Unheil thematisiert.

Veröffentlicht am 30. Oktober 2023. Zuletzt aktualisiert am 30. Oktober 2023.