Skip to main content

Macbeth

1. Akt

Zusammenfassung

1. Szene
Drei Hexen verabreden sich auf einer Heide für ihr nächstes Treffen. Das soll stattfinden, wenn sich der Sieger der Schlacht noch vor Ende des Tages zeigt.

2. Szene
Ein Krieger berichtet dem schottischen König Duncan von der vergangenen Schlacht, in der Macbeth mutig Macdonald von den Westeilanden tötete. Doch dann rückten norwegische Truppen gegen Schottland vor, woraufhin sich Macbeth und Banquo als Anführer des königlichen Heeres in die Schlacht stürzten. Den Krieger haben seine Verletzungen zu sehr erschöpft: An seiner Stelle erzählt Rosse von der schottischen Gegenwehr gegen den Verräter Than von Cawdor und dem folgenden Sieg Schottlands über Norwegen. Der norwegische König fleht nun um Frieden. Doch Schottland verlangt eine Zahlung von 10.000 Talern, ehe das Begräbnis der Opfer gestattet wird. Duncan fordert den Tod Cawdors. Anschließend soll Macbeth seinen Titel erhalten.

3. Szene
Die Hexen kommen wieder zusammen, berichten von ihren heimtückischen Taten und sprechen Zauberformeln. Macbeth und Banquo stoßen auf sie und fragen, welche sonderbaren Wesen sie da vor sich haben. Die Hexen wünschen den Baronen Heil. Sie belegen Macbeth mit drei Titeln: Than von Glamis, Than von Cawdor und zukünftiger König. Letzteres lässt Macbeth zusammenzucken. Auch Banquo will seine Zukunft vorausgesagt bekommen. Die Hexen antworten in Gegensätzen: Banquo soll weniger Glück haben und doch glücklicher sein. Letztlich werde er Könige hervorbringen, ohne selbst je König zu sein.

Macbeth verlangt mehr Informationen und eine Erklärung, da der König noch lebe. Doch die Hexen verschwinden. Banquo und Macbeth bleiben fragend zurück. Rosse und Angus stoßen hinzu. Sie überbringen eine Botschaft für Macbeth: König Duncan dankt ihm und verleiht Macbeth den Titel des Than von Cawdor. Auf Macbeths Nachfrage zeigt sich, dass der Than zwar noch lebt, er als Verräter aber dem Tod geweiht sei. Damit erfüllt sich der erste Teil der Prophezeiung. Macbeth ist über die Ehre erfreut, doch nervös. Bedeutet das, dass er nun König werden könne? In ihm formt sich der Gedanke, den König zu ermorden. Doch zunächst will er abwarten.

4. Szene
Cawdors Mörder, die Duncan beauftragt hatte, sind noch nicht zurückgekehrt. Aber Malcolm, Duncans Sohn, erhielt bereits Bericht von Cawdors Tod. Er habe um Vergebung gebeten und Reue gezeigt, sollte aber sterben. Duncan hatte ihm vertraut, doch die wahre Neigung der Menschen – so resümiert er – lasse sich nicht erahnen. Als Macbeth und Banquo dazukommen, spricht Duncan seinen Vettern seinen Dank aus. Für die beiden Kriegsherren ist der Dienst selbstverständlich. Duncan ernennt Malcolm zum Prinz von Cumberland und plant einen Besuch auf Schloss Inverness. Dabei handelt es sich um Macbeths Wohnsitz, Macbeth will ihn empfangen und seine Frau über den Besuch informieren. Er beginnt, düstere Pläne zu schmieden.

5. Szene
Auf Schloss Inverness erhält Lady Macbeth einen Brief ihres Gatten, in dem er von der Prophezeiung der Hexen berichtet. Lady Macbeth will ihm die Krone ermöglichen und ihn zu einer Intrige ermutigen. Sie glaubt zu wissen, dass Macbeth von allein nicht in der Lage wäre, den nötigen Schritt zu unternehmen, auch wenn er ihn begehrt. Ein Diener kündigt die Ankunft des schottischen Königs und Macbeths an. Lady Macbeth ruft dunkle Geister, die sie befähigen sollen, den Mord zu begehen und ihre Spuren zu verschleiern.

Lady Macbeth begrüßt ihren Ehemann und weiht ihn in ihre Pläne ein. Der König soll den nächsten Morgen nicht mehr erleben.

6. Szene
Duncan und Banquo treffen auf Inverness ein und der König lobt die reine Luft von Inverness. Lady Macbeth heißt Duncan willkommen und ist von seinem Besuch geehrt. Duncan fordert, Macbeth zu sehen, um ihn ebenfalls zu begrüßen.

7. Szene
Macbeth wägt seine Mordpläne ab. Er fürchtet, dass die Tat auf ihn zurückfällt und nicht ohne Konsequenzen bleibt. Des Weiteren ist er Duncans Vetter, Untertan und Gastgeber, den er schützen soll, anstatt ihn zu ermorden. Duncan genießt hohes Ansehen. Macbeths einzige Motivation ist sein Ehrgeiz, die Prophezeiung zu bewahrheiten.

Als Lady Macbeth fragt, wo er abgeblieben sei, entscheidet sich Macbeth, den Mord nicht umzsetzen. Die Lady wirft ihm vor, feige zu sein. Seine Wünsche entsprächen nicht seinen Handlungen. Macbeth beruft sich auf die Menschlichkeit, doch Lady Macbeth verlangt Männlichkeit. Sie behauptet, sie würde lieber ihr eigenes Kind umbringen, als von dem einmal gefassten Vorhaben abrücken. Macbeth hat Angst, zu scheitern, doch seine Frau hat bereits einen Plan: Sie will Duncans Diener mit einem kräftigen Wein betrunken machen. Anschließend werde es ein Leichtes sein, den unbewachten König im Schlaf zu ermorden. Die Tat will sie auf die Diener schieben. Macbeth ist von ihrer Grausamkeit überrascht. Um die Szene glaubhaft darzustellen, will er die Dolche der Diener verwenden. Lady Macbeth werde am nächsten Morgen Entsetzen vorspielen. Macbeth ist von ihrem Plan überzeugt. Bis zur Umsetzung will er sich nichts anmerken lassen.

Analyse

»Macbeth« lässt sich auf der Basis des Pyramidenmodells von Gustav Freytag (1816-1895) aus dem 19. Jahrhundert analysieren (entwickelt in »Die Technik des Dramas« von 1863). Der 1. Akt dient der Exposition, in der die Hauptfiguren, die Ausgangssituation und der Konflikt vorgestellt werden.

In der 1. Szene wird das Motiv des Bösen etabliert und durch die Hexen verkörpert. Zu Shakespeares Zeiten war der Glaube an Hexen und ihre Verbindung mit dem Teufel tief verankert. Ein Buch von James I., der von 1603 bis 1625 englischer König war, beschäftigte sich mit Hexenwesen und galt als wissenschaftliches Werk (Mürb, 46). Hexen wurden übernatürliche Fähigkeiten zugeschrieben sowie die Schuld an menschlichem Verderben und sogar schlechtem Wetter (ebd., 29). In dem Vers »Schön ist hässlich, hässlich schön« (7), der im Englischen »fair is foul and foul is fair« lautet, verbirgt sich ein Oxymoron, eine Verbindung zweier sich ausschließender Inhalte. Dies verdeutlicht die Umkehrung der Werte. Weiterhin verweist der Vers auf die Verschleierung der Wahrheit, das Spiel von Schein und Sein, das sich durch das gesamte Drama zieht.

Das Bedeutungsspektrum des englischen Begriffspaars ist dabei weitaus größer, als es die deutsche Übersetzung von Dorothea Tieck ahnen lässt. Frank Günther, der mit »Recht ist schlecht, und schlecht ist recht« übersetzt, widmet der Stelle eine längere Erläuterung:

    Zum Beispiel verabschieden sich die Hexen nach ihrer Eröffnungsszene mit dem kryptischen »fair is foul and foul is fair«. Dies ist ebenso unübersetzbar, wie es nicht einmal umschreibend in Worte zu fassen ist, seien sie deutsch oder englisch: »Fair« und »foul« kann etwa das heißen, was es beim Fußball heißt: »anständig« spielen oder »gemein, betrügerisch, rechtswidrig, hinterhältig«. Es kann aber auch, wenn man es in Zusammenhang mit dem Wetter gebraucht, »schönes« oder »schlechtes Wetter« heißen. Es kann »geschickt« und »plump« bedeuten, »anziehend« und »abstoßend«, »schön« und »häßlich«, »rein« und »unrein«, »sauber« und »schmutzig«, »hell« und »dunkel«, »heilig« und »verderbt«, »redlich« und »unredlich«, »keusch« und »zotig« und im abstrakten Zusammenhang moralischer, ethischer Fragestellungen »gut« und »böse« bedeuten. Es ist ein Begriffspaar absoluter Gegensätzlichkeit, anwendbar auf fast alle Phänomene dieser Welt, im Sinn abhängig vom Kontext. Nun erklären aber die Hexen die Gegensätzlichkeit zur Identität: »fair« nämlich ist gleichzeitig »foul«, und »foul« ist »fair«. Ein Paradox. Die Frage, von welchem Standpunkt aus eine solche Ineinssetzung überhaupt möglich ist, führt zu einem philosophischen Disput, den wir damit abkürzen wollen, daß wir sagen: offenbar ist dies jedenfalls ein Standpunkt jenseits von Gut und Böse – bleibt nachzusehen, was mit dem Begriffspaar ganz praktisch weiterhin im Stück passiert. (Günter 199 f.)

Als mystische Wesen sprechen die Hexen in vierhebigen, meist trochäischen Versen, was ihrer Rede einen beschwörenden Charakter verleiht. Die Verse sind in Paarreimen abgefasst und unterscheiden sich somit von denen der Menschen, die sich vor allem des reimlosen Blankverses bedienen. In der 3. Szene treten die Hexen erneut auf und begegnen dem Protagonisten Macbeth. Dieser – bisher nur Gesprächsgegenstand – tritt nun persönlich auf.

Sein Ausspruch: »So schön und hässlich sah ich nie ‘nen Tag« (12) leitet die Begegnung mit den Hexen ein und stellt zu ihnen eine direkte Verbindung her, indem ihre Worte aus der 1. Szene aufgegriffen werden. Banquos Beschreibung hebt ihre Unterscheidung von den Menschen auch auf äußerlicher Ebene hervor. Mit einer Klimax prophezeien die Hexen Macbeth seine Titel, beginnend mit dem, den er bereits besitzt, bis hin zu seiner Aussicht auf die Krone. Banquos Worte »Was schreckst du, Mann? erregt dir Furcht, was doch | So lieblich lautet?« (13) lässt den Konflikt erahnen, der sich für Macbeth aus der Prophezeiung ergibt. Noch ist nicht sicher, welchen Weg er einschlagen wird. Die Hexen lassen eine Erklärung, wie Macbeth König wird, bewusst aus und geben auch auf Macbeths Nachfragen keine weiteren Informationen preis. Die Beschreibung eines in die Irre geführten und durch Unwetter geplagten Seemanns zu Beginn der Szene zieht eine Parallele zu Macbeth. Sein Schicksal ist besiegelt. Doch in welcher Form es sich erfüllt, liegt in seiner Hand. Ihr Verschwinden vergleichen die Männer mit Naturerscheinungen und stellen damit den flüchtigen und ungreifbaren Charakter der Begegnung dar.

Dass die Hexen Recht behalten, zeigt sich in der kurz darauffolgenden Ernennung Macbeths zum Than von Cawdor. Banquo reagiert mit Ungläubigkeit und stellt mit den Worten: »Wie, spricht der Teufel wahr?« (15) das Böse der Hexen heraus. Macbeth beschreibt seinen Unglauben mit der Metapher: »was kleidet Ihr | Mich in erborgtem Schmuck?« (15). Kleidermetaphorik kommt häufiger im Werk vor. Da Kleidung zu Shakespeares Zeiten eng mit dem gesellschaftlichen Rang in Verbindung stand, zielt der sprachliche Einsatz meist auf einen neuen Titel ab, wie hier den des Thans von Cawdor.

Noch will Macbeth die Worte der Hexen als weder gut noch schlecht bewerten. Allerdings beschleicht ihn nach der Bewahrheitung ihrer Aussagen der Ehrgeiz, auch die Erfüllung der restlichen Prophezeiung herbeizuführen. Dafür ist er bereit, einen Mord zu begehen, und zugleich von seinen eigenen Gedanken erschüttert. Diese teilt er dem Publikum in einem Monolog mit, der dazu dient, die wahren Denkprozesse der Figuren zu offenbaren, während sie in Dialogen häufig verschleiert werden.

In der 2. Szene wurde bereits anhand der Schlacht eine von Gewalt geprägte Atmosphäre geschaffen. In der 4. Szene berichtet Malcolm von der Hinrichtung Cawdors. Das Motiv der Täuschung wird auch hier thematisiert und von Duncan mit den Worten »Kein Wissen gibt’s | Der Seele Bildung im Gesicht zu lesen« (18) ausgedrückt. Mit der Ernennung seines Sohnes Malcolm zum Prinz von Cumberland steigert sich der Konflikt für Macbeth, denn nun ist nicht nur der König, sondern auch dessen Thronfolger ein Hindernis auf seinem Weg zur Krone, welchen er in einem weiteren Monolog benennt: »Prinz von Cumberland! - Das ist ein Stein, | Der muss, sonst fall ich, übersprungen sein, | Weil er mich hemmt.« (20) Macbeth ist sich des unmoralischen Charakters seiner geheimen Wünsche bewusst.

Diese offenbart er seiner Frau Lady Macbeth, was auf ein vertrautes Verhältnis zwischen den beiden schließen lässt. Ein Brief wird dabei als episches Mittel zur Wiedergabe der Geschehnisse und der intimen Gedanken eingesetzt. Mit einer Aneinanderreihung von Antithesen stellt Lady Macbeth die Widersprüchlichkeit des Charakters ihres Mannes heraus: »möchtest falsch nicht spielen | Und unrecht doch gewinnen« (22). Lady Macbeth ist bereit, ihren Mann zum Mord zu bewegen. Dafür lädt sie das Böse ein und streift ihre Weiblichkeit ab: »Kommt, Geister, die ihr lauscht | Auf Mordgedanken, und entweibt mich hier; | Füllt mich vom Wirbel bis zur Zeh’, randvoll, | Mit wilder Grausamkeit!« (23) Das Weibliche war im 17. Jahrhundert insbesondere mit Emotionalität und Schwäche assoziiert. Mit der Heraufbeschwörung des Bösen lehnt sich Lady Macbeth an die Hexen an (Herforth, 66). Ihren Gatten treibt sie zur Täuschung an: »blick harmlos wie die Blume, | Doch sei die Schlange drunter.« (24)

Lady Macbeth spricht selbst die Worte, die sie ihrem Gatten in den Mund legen will, und erscheint als eine ergebene und zuvorkommende Gastgeberin König Duncans. Dessen lobende Hervorhebung der reinen Luft in Inverness steht im Kontrast zu seinem nahenden Tod, der mit Intrigen vorbereitet wird. Dahinter verbirgt sich tragische Ironie, ein weiteres Motiv des Dramas.

Für die Lady ist der Mord an Duncan bereits beschlossen. Macbeth zweifelt noch. Seine innere Zerrissenheit kommt insbesondere in der 7. Szene zutage. In einem Monolog wägt Macbeth zwischen seinen moralischen Pflichten als Untertan, Verwandter und Gastgeber und seinem Ehrgeiz und Machthunger ab. Dabei erinnert er an den Protagonisten einer anderen berühmten Tragödie Shakespeares: Hamlet. Sowohl Hamlet als auch Macbeth werden zu Mördern. Ein bedeutender Unterschied liegt jedoch in deren Motiven und in ihrer charakterlichen Entwicklung. Hamlet wird vom Geist seines Vaters zum Racheakt aufgefordert und hadert bis zum Schluss mit seinem Selbst. Macbeth hingegen mordet aus rein persönlichem Interesse, entwickelt sich zu einem wütenden, zerstörerischen Tyrann und verliert seinen moralischen Kompass (Neis, 76).

In der 7. Szene des 1. Aktes ist sein fragender und zweifelnder Charakter jedoch noch von Bestand. Er trifft sogar die Entscheidung, den Mord nicht zu begehen: »Wir woll’n nicht weitergehn in dieser Sache« (28). Letztendlich ist es die ihn dominierende und kaltherzige Lady Macbeth, die ihn zur Tat überredet. Macbeth selbst ist von ihrer Entschiedenheit erschrocken. Entschlossenheit und Kampfgeist werden mit Männlichkeit assoziiert, die in diesem Dialog eher durch Lady Macbeth verkörpert wird und eine Vertauschung der Geschlechterrollen nach dem Elisabethanischen Verständnis markiert. Die Entscheidung zum Mord bildet das erregende Moment und lässt die Handlung ansteigen.

Veröffentlicht am 30. Oktober 2023. Zuletzt aktualisiert am 30. Oktober 2023.