Der Besuch der alten Dame

Zitate und Textstellen

• »Goethe hat hier übernachtet. Im »Gasthof zum Goldenen Apostel«.
  – Der Vierte, S. 14

  In der ersten Szene des Dramas wird bereits darauf hingewiesen, dass Güllen ein Ort mit kultureller und humanistischer Tradition ist. Mehr ist der verarmten Stadt jedoch nicht geblieben. Die hohen Ideale und (schön-)geistigen Werte haben nur scheinbar einen Effekt auf die Bewohner und verblassen angesichts der Möglichkeit, zu materiellem Wohlstand zu gelangen.

• »Man wird sie vielleicht wieder einführen.«
  – Claire Zachanassian, S. 29

  Claire Zachanassian hat begonnen, den Güllener Amtsträgern merkwürdige Fragen zu stellen, deren Bedeutung zu diesem Zeitpunkt noch unklar ist, die aber trotzdem etwas Bedrohliches an sich haben. Gleichzeitig nimmt sie bereits den weiteren Werdegang des Geschehens vorweg.

• »Stellen Sie in Zukunft Herzschlag fest.«
  – Claire Zachanassian, S. 30

  Claire Zachanassian nimmt an dieser Stelle nicht nur den weiteren Verlauf des Stückes vorweg, sondern legt dem Arzt auch die Diagnose, die er in Bezug aufs Alfred Ills Ermordung stellt, in den Mund.

• »Fast. Von einem Flugzeugabsturz in Afghanistan. Kroch als einzige aus den Trümmern. Bin nicht umzubringen.«
  – Claire Zachanassian, S. 40

  Wie Dürrenmatt im Anhang erläutert, bewegt sich Claire Zachanassian als reichste Frau der Welt außerhalb der menschlichen Ordnung. Sie scheint unzerstörbar, geradezu unsterblich zu sein.

• »[…] Der schwarze Panther. Ich muss ihn jagen. Das ganze Städtchen muss ihn jagen.«
  – Der Polizist, S. 66

  Alfred Ills Zukunft wird durch das Geschehen um den schwarzen Panther symbolisch vorweggenommen. Zugleich macht der Polizist an dieser Stelle deutlich, dass die Güllener Gemeinde sich als geschlossenes Kollektiv gegen Ill wendet, wodurch die individuelle Verantwortung und Schuld aufgehoben werden.

• »Führ mich in mein Zimmer, Boby. Ich habe dir zu diktieren. Muß schließlich eine Milliarde transferieren.«
  – Claire Zachanassian, S. 79

  Alfred Ills Versuch, Claire Zachanassian dazu zu bringen, ihr Angebot wieder zurückzuziehen, ist gescheitert. Er hat es nicht geschafft, überhaupt zu ihr durchzudringen. Ihr Entschluss steht fest und sie zeigt keine Gnade. Gleichzeitig wird deutlich, wie sicher sie sich hinsichtlich der Überzeugungs- und Verführungskraft ihres Geldes ist.

• »Die Menschlichkeit, meine Herren, ist für die Börse der Millionäre geschaffen, mit meiner Finanzkraft leistet man sich eine Weltordnung. Die Welt machte mich zu ihrer Hure, nun mache ich sie zu meinem Bordell.«
  – Claire Zachanassian, S. 91

  Claire Zachanassian drückt aus, wie viel Macht ihr großes Vermögen ihr verleiht. Nach ihrer Erfahrung ermöglicht ihr das viele Geld, über allem zu stehen, auch über Menschlichkeit und Moral. Gleichzeitig führt sie ihren Werdegang vor Augen: von einem aus der Gesellschaft verstoßenen, gefallenen Mädchen zur mächtigen Superreichen. Sie will sich um jeden Preis für das Unrecht rächen, das Alfred Ill ihr angetan hat.

• »Geld allein macht nicht glücklich.«
  – Frau Ill, S. 97

  Frau Ill erklärt den Medienvertretern, warum Alfred es nicht bereuen würde, sie anstelle der inzwischen schwerreichen Claire Zachanassian geheiratet zu haben. Ironischerweise hat Alfred Ill seine Frau aber auch allein wegen ihres Geldes geheiratet. Am Ende des Stückes sind sowohl die Güllener und auch Ills Familie allein aufgrund des Geldes sehr glücklich.

• »Andächtige Stille im Theatersaal. Nichts als ein einziges Meer von erhobenen Händen, wie eine gewaltige Verschwörung für eine bessere, gerechtere Welt. Nur der alte Mann sitzt reglos, vor Freude überwältigt.«
  – Der Radioreporter, S. 124

  Unbewusst bringt der Radioreporter zum Ausdruck, worum es bei der Abstammung wirklich geht. Die Güllener Gemeinde hat sich verschworen und liefert ihren Mitbürger Alfred Ill im Namen der Gerechtigkeit und der Moral ans Messer. Ills Verhaltensweise in Bezug auf die Abstimmung wird ironischerweise von Reporter als Freudenreaktion fehlinterpretiert.

• »Selbstverständlich. Eine besonders gute.«
  – Der Bürgermeister, S. 128

  Dies antwortet der Bürgermeister auf Alfred Ills Bitte nach einer Zigarette während der Verhandlung. Das Zitat zeigt, dass die Güllener absolut grausam handeln und dabei eine freundlich und zivilisiert anmutende Fassade aufrechterhalten können.