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Streuselschnecke

Figuren

Figurenkonstellation

Streuselschnecke – Figurenkonstellation
  • Ich-Erzählerin

    Die namenlose Ich-Erzählerin und ihre Schilderungen stehen im Mittelpunkt der Kurzgeschichte. Die Leserinnen und Leser erfahren alles aus ihrer Perspektive und nur das, was sie mitteilt. Dazu zählen Hintergrundinformationen, Handlungen sowie ihre Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle, wobei sie insgesamt recht wenig kommentiert.

    Im Verlauf der Kurzgeschichte erfahren wir, dass die Ich-Erzählerin aus schwierigen Verhältnissen kommt und ein »Außenseiterdasein« (Pietsch 107) führt. Bereits mit dreizehn ist sie von zu Hause ausgezogen und lebt zum Zeitpunkt der Erzählung seit einem Jahr in Berlin bei Freunden. Unklar bleibt, inwiefern sie noch Kontakt zu ihrer Mutter und den Schwestern pflegt. Ihren Vater lernt sie erst mit vierzehn kennen. Sie versorgt sich selbstständig und geht neben der Schule zwei Nebenjobs als Kindermädchen und Reinigungskraft nach.

    Die Ich-Erzählerin erwähnt, dass sie einige Freunde hat, die Drogen nehmen. Ob es auch die gleichen Freunde sind, bei denen sie wohnt, bleibt unklar. Aber dieser Hinweis lässt darauf schließen, dass ihre Lebensumstände nicht nur durch ihre familiäre Situation, sondern auch durch ihr direktes Umfeld problematisch sind.

    Trotz dieser belastenden Situation ist sie optimistisch und hofft, etwas im Leben zu erreichen. Für sie wäre ein Job als Kellnerin schon ein großer Schritt nach vorne auf dem Weg »etwas Richtiges« (52) im Leben zu werden. Das spricht für ein hohes Maß an Selbstvertrauen der Ich-Erzählerin, aber gleichzeitig auch für ihre Fähigkeit, mit wenig im Leben auszukommen.

    Ihrem Vater gegenüber reagiert sie vorsichtig und zurückhaltend und stellt keine großen Erwartungen an ihn. Auch wagt sie trotz ihrer schwierigen Lebenslage nicht, ihn um Geld zu bitten. Ein möglicher Grund hierfür könnte sein, dass sie nicht enttäuscht werden möchte. Dass sie ihren Vater im Krankenhaus besucht und bis zu seinem Tod begleitet, zeigt trotz aller Widerstände die Liebe zu ihrem Vater.

  • Mann bzw. Vater

    Der Vater der Ich-Erzählerin wird in der Kurzgeschichte zunächst als fremder Mann eingeführt, bevor die Leserinnen und Leser durch die Pointe im letzten Satz Gewissheit über seine Identität erlangen. Erst vierzehn Jahre nach der Geburt seiner Tochter meldet er sich bei ihr. Der Umstand, dass er dies erst tut, nachdem sie bei ihrer Mutter und ihren Schwestern ausgezogen ist, lässt darauf schließen, dass er zuvor keinen Kontakt mehr zur Familie hatte.

    Über seine Person erfahren wir, dass er in Berlin lebt und als Filmregisseur und Drehbuchautor arbeitet. Er pflegt einen einfachen Kleidungsstil, da er »Jeans« (51) zum ersten Treffen mit seiner Tochter trägt. »Weitere Äußerlichkeiten werden nicht beschrieben. Der Mann bleibt nicht nur namen-, sondern auch gesichtslos.« (Kloppert 212) Da er sie ins Café Richter am Hindemithplatz mitnimmt, kennt er sich vermutlich in Charlottenburg im Westen von Berlin gut aus und hat dort eventuell auch seinen Wohnsitz. Als seine Tochter sechzehn ist, erkrankt er schwer und stirbt schließlich ein Jahr darauf an den Folgen dieser Krankheit.

    Aus Sicht der Tochter ist er »schüchtern« (51), aber nicht unsympathisch. Zunächst ergreift er aktiv die Initiative, da er sich bei seiner Tochter meldet, sie in das Café Richter führt und schließlich auch seinen Freunden vorstellt und mit zu seiner Arbeit nimmt. Damit bekennt er sich zu ihr und lässt sie an seinem Leben teilhaben.

    Nachdem er jedoch von seiner tödlichen Krankheit erfährt, verlässt ihn der Lebensmut und er äußert seine Angst zu sterben. Seine Bitte an die Tochter, ihm Morphium zu bringen, damit er sich umbringen kann, lässt ihn in seiner neu gewonnenen Vaterrolle wenig verantwortungsbewusst erscheinen.

    Gegen Ende seines Lebens reflektiert der Vater seine verpasste Chance auf ein gemeinsames Leben mit seiner Tochter. Die Wendung, dass er »es zumindest gerne versucht« (52) hätte, zeigt sein geringes Selbstvertrauen und seine Hoffnungslosigkeit angesichts des bevorstehenden Todes. Auch wenn er nicht gestorben wäre, war der Zeitpunkt, seine Tochter richtig kennenzulernen und an ihrem Leben teilzuhaben, vermutlich verpasst.

  • Mutter

    Die Mutter hat sowohl zum Vater als auch zu ihrer Tochter keine Beziehung, die für die Ich-Erzählerin weiter erwähnenswert wäre. Zur Beerdigung des Vaters erscheint sie nicht, da sie nach Aussage der Tochter wohl »mit anderem beschäftigt« sei und den Vater »zu wenig gekannt und nicht geliebt« habe (52). Dies deutet auf ein sehr kurzes Verhältnis zwischen Vater und Mutter hin, das schon längere Zeit zurückliegt. Eventuell leben sie getrennt oder sind geschieden. Dass die Mutter nicht ihrer Tochter zuliebe zur Beerdigung des Vaters erscheint und ihr Kind sie verlassen hat, um lieber mit Freunden in Berlin zu leben, lässt auf ein problematisches oder schlichtweg nicht mehr vorhandenes Verhältnis zwischen Mutter und Tochter schließen.

  • Schwestern

    Die Ich-Erzählerin erwähnt, dass sie »Schwestern« (51) hat, die noch bei ihrer Mutter leben, jedoch nicht, wie viele es genau sind. Zu der Beerdigung des Vaters reist nur ihre »kleine Schwester« (52) an. Zu dieser jüngeren Schwester hat sie offenbar noch einen so guten Kontakt, dass diese Schwester sie zur Trauerfeier des Vaters begleitet.

  • Freunde

    In der Erzählung werden an zwei Stellen Freunde erwähnt. Direkt am Anfang wird berichtet, dass das Mädchen bei Freunden in Berlin lebt. Es ist davon auszugehen, dass sie aufgrund ihres Alters keine eigene Wohnung mieten kann und deshalb diese Unterstützung benötigt. Es bleibt unklar, ob es nur ihre eigenen Freunde sind oder eventuell sogar Freunde der Familie. An anderer Stelle nennt sie ein weiteres Mal Freunde, die sie eindeutig selbst hat. Diese Freunde konsumieren nicht näher definierte Drogen.

Veröffentlicht am 29. August 2023. Zuletzt aktualisiert am 29. August 2023.