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Fabian

Inhaltsangabe

Seinen Roman »Fabian. Die Geschichte eines Moralisten«, der 1931 erschien, hat Erich Kästner in der Zeit der späten Weimarer Republik – Ende der zwanziger bis Anfang der dreißiger Jahre – angesiedelt. Der Autor zeichnet ein eindrückliches Portrait der pulsierenden Großstadt Berlin und verdeutlicht dabei zum einen die gesellschaftlichen Missstände, die mit der beginnenden Weltwirtschaftskrise im Oktober 1929 immer mehr zutage treten. Dabei schildert Kästner auch das politische Klima, das sich am Vorabend des Aufstiegs der Nationalsozialisten zu verschärfen scheint. Zum anderen liefert er einen bemerkenswerten Einblick in das damalige Berliner Nachtleben mit seiner sexuellen Freizügigkeit, anhand dessen er seine Leserschaft den gesellschaftlichen Werteverfall vor Augen führt.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht das persönliche Schicksal des zweiundreißigjährigen Hauptprotagonisten Jakob Fabian. Er ist Doktor der Germanistik, war schon in den verschiedensten Berufen tätig und arbeitet nun als Werbetexter in einem Zigarrenunternehmen.

Nachts streift Fabian allein oder gemeinsam mit seinem Freund Stephan Labude, der nach fünfjähriger Arbeit gerade seine Habilitationsschrift über Lessing abgegeben hat und auf deren Beurteilung wartet, durch Berlin. Dabei genießen sie nicht nur das sexuell freizügige Berliner Nachtleben in vollen Zügen, sondern werden auch Zeugen von gewalttätigen, politischen Auseinandersetzungen, die in den Straßen Berlins stattfinden. Die desolate wirtschaftliche Lage und die wachsende Arbeitslosigkeit spalten zunehmend die Gesellschaft, und es kommt zu Zusammenstößen zwischen den verschiedenen politischen Lagern.

In zahlreichen Gesprächen der beiden Freunde über die politische Situation Deutschlands treten deren gegensätzliche Auffassungen zum Vorschein. Sein Freund Labude hat das Ziel vor Augen, durch sein politisches Engagement die gesellschaftlichen Missstände zu verbessern und möchte eine linksgerichtete Partei gründen. Fabian hingegen ist nur daran gelegen, dass die Menschen vernünftiger werden. Im Gegensatz zu seinem Freund ist er kein politisch Handelnder, sondern eher ein passiver, aber scharfer Beobachter der gegenwärtigen Verhältnisse. Dabei muss er jedoch immer wieder feststellen, dass den Menschen wohl doch noch die notwendige Reife zu fehlen scheint, anständiger und vernünftiger zu werden.

Bei seinen nächtlichen Streifzügen durch verschiedene Etablissements trifft Fabian auf Irene Moll, die ihn mit in ihre Wohnung nimmt und ihn verführen möchte. Hier kommt jedoch plötzlich ihr Ehemann hinzu, der beteuert, nichts gegen die Liebhaber seiner Frau zu haben. Er möchte ihnen nur persönlich vorgestellt werden. Diese Umstände sind Fabian nicht geheuer, und er sucht das Weite.

Wenig später lernt er im Atelier einer lesbischen Bildhauerin die Juristin Cornelia Battenberg kennen, die zufällig in derselben Pension wohnt. Beide verlieben sich ineinander. Als Fabian jedoch seinen Job verliert, wird er von Cornelia verlassen. Sie strebt eine Karriere als Filmschauspielerin an und nimmt deshalb sogar in Kauf, sich auf einen reichen Filmproduzenten einzulassen, den sie nicht liebt.

Seiner Mutter, die ihn überraschend besucht, erzählt Fabian nichts von seiner Kündigung. Auch gegenüber seinem Freund erwähnt er seinen Jobverlust nicht. Labude hat nämlich genug eigene Probleme, denn er hat entdeckt, dass seine Freundin ihn schon lange betrügt. Als er zudem noch von einem Assistenten seines Professors erfährt, dass seine Habilitationsschrift abgelehnt worden ist, begeht er aus Verzweiflung Selbstmord. Labude hinterlässt seinem Freund zweitausend Mark.

Wenig später stellt sich nach Rücksprache mit dem Professor heraus, dass dieser Labudes Arbeit als herausragend eingestuft hat. Der Assistent hatte sich aus Neid auf Labude nur einen Scherz erlaubt. Aus Wut darüber, dass der Freund einen solch sinnlosen Tod sterben musste, schlägt Fabian den Assistenten halbtot.

Fabian fühlt sich durch diese Schicksalsschläge innerlich leer und emotionslos. Einsam streift er durch Berlin. Der Versuch, sich mit einer kurzen Affäre zu zerstreuen, schlägt fehl. Er beschließt spontan, in seine alte Heimatstadt Dresden zu fahren, um seine Mutter zu besuchen.

Zuhause angekommen, nimmt er, den Spuren seiner Kindheit folgend, wahr, dass er weder bei seiner Ausbildung in der Kaserne noch im Internat hier glücklich gewesen war. Bei seiner weiteren Jobsuche ist er auch in seiner Heimatstadt nicht erfolgreich. Das Stellenangebot einer rechtsgerichteten Zeitung lehnt er aus Gewissensgründen ab.

Fabian denkt auf einem Spaziergang darüber nach, mit dem restlichen Geld, das ihm noch zur Verfügung steht, ins Erzgebirge zu fahren, um dort einige Monate zu bleiben und zur Ruhe zu kommen. Plötzlich sieht er, wie ein kleiner Junge auf einem Geländer der Brücke balanciert und dabei in den Fluss fällt. Ohne nachzudenken, springt er ihm nach, um ihn zu retten. Da Fabian nicht schwimmen kann, ertrinkt er. Dem Jungen gelingt es noch, sich ans Ufer zu retten.

Anhand des persönlichen Schicksals seines Hauptprotagonisten Fabers gelingt es Kästner, den Leserinnen und Lesern zum einen ein detailliertes Bild davon zu geben, in welch verzweifelter und oftmals schon ausweglosen Lage sich die damalige Bevölkerung befand. Zum anderen zeigt er damit auch auf, dass dieser desolate Zustand einen politischen Sprengstoff enthielt, der für die damalige Weimarer Republik sehr gefährlich werden konnte und es letztendlich auch wurde. 

Veröffentlicht am 25. Oktober 2023. Zuletzt aktualisiert am 25. Oktober 2023.