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Emilia Galotti

Historischer Hintergrund und Epoche

Lessings »Emilia Galotti« lässt sich der Epoche der Aufklärung zuordnen. Diese Epoche ist geprägt von (modernem) Umbruch, gesellschaftlichen Veränderungen sowie dem Aufleben eines Bewusstseins des Bürgertums. Autoren dieser Zeit behandelten in ihren Werken Themen wie Moral und Vernunft und kritisierten die vorherrschende gesellschaftliche Ordnung. Demzufolge stehen die Autoren als Aufklärer innerhalb ihrer Gesellschaft und ihr aufklärerisches Instrument sind ihre literarischen Werke. Das bürgerliche Trauerspiel entstand in dieser Zeit als Untergattung des Dramas. Die Figuren in den Werken vertreten neuerdings bürgerliche Tugenden und es kommt zu Ständekonflikten zwischen Adel und Bürgern, so auch in »Emilia Galotti«. Lessing gilt als einer der Wegbereiter des bürgerlichen Trauerspiels in Deutschland. 

Aus einem Brief von Lessing an seinen Dichterfreund Friedrich Nicolai geht hervor, dass die Verfassung von »Emilia Galotti« im Jahre 1754 begann (Briefe von und an Lessing 1743-1779). Im Jahre 1758 war die Verfassung des Trauerspiels zunächst abgeschlossen, allerdings handelte es sich dabei um eine dreiaktige Fassung. Die dreiaktige Version hat Lessing nicht offiziell veröffentlicht. Deutlich später, in den Jahren 1771-1772, addiert Lessing schließlich zwei weitere Akte. Zu der Zeit war Lessing im Dienste des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg und die Herzogin bat ihn, eine Tragödie zu verfassen. Dies geht aus einem Brief Lessings an seinen Verleger Friedrich Voss hervor (Briefe von und an Lessing 1743-1779). In dieser aktualisierten fünfaktigen Version erscheinen zwei neue Figuren: Conti und Orsina. 

Lessings Werk zeigt überdies eindeutige Inspirationen eines antiken Vorläufers: Die römische Virginia-Legende von Titus Livius (»Ab urbe condita«, Buch III). Es war zudem Lessing selbst, der Emilia in einem seiner Briefe als eine bürgerliche Virginia beschrieb (Lessings Brief an Friedrich Nicolai vom 21. Januar 1758, aus: Briefe von und an Lessing 1743-1779). Virginia galt als ein schönes plebejisches Mädchen. Appius Claudius, Vorsitzender der patrizischen Decemvirn, verliebt sich in Virginia. Ähnlich wie der Prinz Hettore von Guastalla, versucht Appius Virginia durch eine Hinterlist für sich zu gewinnen, denn Virginia ist bereits verlobt. Virginia wird unterstellt, die Tochter der Sklavin eines Freundes von Appius zu sein. Somit müsse auch sie als Sklavin an diesen Mann übergeben werden. Weil Virginias Vater und Verlobter in Rom als angesehen gelten, stellt sich die Öffentlichkeit gegen ihre Aushändigung. Der Fall wird schließlich im Gericht vorgetragen und Appius Claudius bekleidet das Amt des obersten Richters. Er entscheidet, Virginia sei eine Sklavin und demzufolge das Eigentum seines Vertrauten. Virginias Vater bittet Appius um ein letztes Gespräch mit seiner Tochter, was ihm gestattet wird. Er greift zum Messer eines Metzgers und ersticht seine Tochter, um ihre Freiheit zu retten. Die Geschichte endet, indem Virginias Vater nicht verhaftet wird und stattdessen eine Revolte ausbricht. Außerdem kommt es zur Gefangennahme von Appius, der sich letztlich selbst tötet. 

Es sind dementsprechend einige Ähnlichkeiten zwischen den Werken von Livius und Lessing zu sehen, allerdings gibt es auch deutliche Unterschiede. Beispielsweise gibt Lessing keine Auskunft über die nachfolgenden Konsequenzen von Emilias Tod für den Prinzen sowie für Odoardo. Überdies ersticht Odoardo seine Tochter, um ihre Tugend und Keuschheit zu wahren, nicht ihre Freiheit.

Veröffentlicht am 13. Februar 2023. Zuletzt aktualisiert am 18. April 2023.