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Emilia Galotti

Aufbau des Werkes

Lessing führt zu Beginn seines Werkes ein Personenverzeichnis (dramatis personae) auf. In diesem Verzeichnis werden alle bedeutsamen Figuren für das Werk vorgestellt sowie auch Beziehungen zwischen ihnen definiert. Der Autor hat die Figuren nicht in der Reihenfolge ihres sozialen Stands aufgelistet, vielmehr ist eine Gruppenstruktur erkennbar. Erst werden Emilia und ihre Eltern genannt, dann der Prinz und seine Untergebenen und danach folgen alle weiteren noch unerwähnten Figuren. 

Gustav Freytag definiert in seinem pyramidalen Dramenmodell den Verlauf eines Dramas in fünf Akten. Lessings »Emilia Galotti« folgt diesem Schema. Der erste Aufzug stellt dabei die Exposition dar, in der die Protagonisten sowie ein Konflikt eingeführt werden. Dies wird mehrheitlich erfüllt durch den Auftritt des Prinzen und Marinellis sowie dem Beschluss, die Heirat zwischen Emilia und Graf Appiani zu verhindern. 

Der zweite Aufzug wiederum beschreibt nach dem Modell das erregende Moment. Emilia weist den Prinzen bei der Messe ab und Marinelli schafft es nicht, Graf Appiani von seiner bevorstehenden Hochzeit abzubringen. Im dritten Aufzug folgt die Peripetie, d.h. es kommt zum Höhepunkt der Handlung. Graf Appiani wird getötet und Emilia wird ins Lustschloss des Prinzen gebracht. Daran anschließend kommt im vierten Aufzug das retardierende Moment. An dieser Stelle baut sich nochmals Spannung beim Leser auf, indem beispielsweise ein positiver Ausgang für den Helden/Protagonisten möglich erscheint. Orsina übergibt ihren Dolch an Odoardo, damit er Rache ausüben kann. Die Rettung Emilias erscheint vor diesem Hintergrund nicht aussichtslos. Schließlich stellt der letzte Aufzug die Katastrophe/Lösung dar. Odoardo ersticht seine Tochter, sodass das tragische Ende eintritt. 

Alle Aufzüge sind unterteilt in Auftritte. Der zweite Aufzug ist mit elf Auftritten als Ausreißer zu betrachten, da die vier anderen Aufzüge einheitlich acht Auftritte beinhalten. Die Handlung verläuft in chronologischer Reihenfolge. Außerdem kommt es zwar zu keinen großen zeitlichen Aussetzern oder Verschiebungen innerhalb der Geschichte, jedoch werden dem Publikum zwei Situationen lediglich durch Nacherzählungen der Figuren berichtet. Dies betrifft einerseits das Treffen des Prinzen und Emilias bei der Messe sowie den Überfall auf Graf Appiani und die Galottis. 

Dennoch gibt es keine diversen Handlungsstränge innerhalb des Werks und folglich liegt eine in sich geschlossene Erzählung vor. Das Merkmal der Einheit der Handlung nach Aristoteles ist demnach erfüllt. Überdies gibt es keine außenstehende Erzählinstanz, welche die Handlung kommentiert und Einblick in die Gefühle der Figuren verschafft. Die Handlung schreitet mit Hilfe der Figurenrede und knapp gehaltenem Nebentext (u.a. Gefühle oder kurze Aktionen der Figuren) voran, wie beispielsweise im Folgenden sichtbar wird: »Conti (etwas ärgerlich) »Ah, mein Prinz—«« (S. 8, Z. 35).

Veröffentlicht am 13. Februar 2023. Zuletzt aktualisiert am 18. April 2023.