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Emilia Galotti

Dritter Aufzug

Zusammenfassung

Marinelli berichtet dem Prinzen von den Geschehnissen mit Graf Appiani. Der Versuch, die Hochzeit zu verhindern, ist zunächst fehlgeschlagen. Abermals ist der Prinz verzweifelt. Außerdem belügt Marinelli den Prinzen. Er erzählt, dass er ein Duell mit Appiani ausgetragen habe und der Graf vor ihm floh. Dann präsentiert Marinelli einen seiner weiteren Pläne. Graf Appiani und die Galottis sollen auf dem Weg zur Hochzeit nach Sabionetta ausgeplündert werden. Dabei ist auch die Entführung Emilias durch seine Leute beabsichtigt. Ein Mann soll Emilia dann zum Lustschloss des Prinzen führen.

Kurze Zeit später taucht Angelo vor Marinelli auf. Der Überfall ist vollzogen und Graf Appiani ist tödlich verletzt worden. Als Marinelli das Gold für den Auftrag überreicht, verschwindet Angelo. Währenddessen bringt ein Bediensteter namens Battista Emilia zu Marinelli ins Schloss. Sie ist panisch und fragt nach ihrer Mutter und dem Grafen. Der Prinz eilt herbei, um sie zu trösten.

Sodann berichtet Battista von dem Annähern Claudia Galottis. Sie schreit und sucht nach ihrer Tochter Emilia. Dabei haben sich Menschen um sie versammelt. Marinelli lässt sie ins Schloss und Battista wimmelt die anderen Leute ab. Als Claudia Marinelli erblickt, erinnert sie sich an sein kürzliches Auftreten vor ihrem Hause. Die hitzige Konfrontation zwischen Appiani und Marinelli und der plötzliche Überfall erscheinen ihr suspekt. Sie bestätigt den Tod Appianis. Außerdem führt sie an, Appianis letzte Worte seien der Name Marinellis gewesen. Sowie sie erfährt, dass Emilia beim Prinzen ist, vermutet sie folglich eine Hinterlist des Prinzen und Marinellis. Doch dann hört sie Emilias Stimme und läuft zu ihr.

Analyse

Der dritte Aufzug bildet die Mitte der Handlung und folglich auch den Höhepunkt. Die erwähnten Intrigen und Konflikte kommen in diesem Teil zu einem Ergebnis. Hier werden Emilia, ihre Mutter Claudia und Graf Appiani überfallen sowie Appiani getötet. Die Heirat zwischen Emilia und dem Grafen konnte demzufolge erfolgreich verhindert werden, wie der Prinz es sich gewünscht hatte. Allerdings ist dem Prinzen bewusst, dass Emilia sich nicht automatisch in ihn verlieben wird. Er hinterfragt das Geschehene: »Wozu? wenn wir [alles] zurücktun müssen« (S. 46, Z. 19).

Emilias Zustand erweckt beim Publikum Mitleid: Sie erscheint panisch und voller Sorge. Auf dem Weg zu ihrer Hochzeit wird sie überfallen. Ihr Zukünftiger und ihre Mutter wurden von ihr getrennt. Sie findet sich an einem fremden Ort wieder. Das aristotelische Tragödienverständnis, so führt Lessing an, benötigt einen sogenannten moralischen Endzweck. Diesen Zweck bildet Mitleid, »welche aus unserer Ähnlichkeit mit der leidenden Person für uns selbst entspringt; es ist die Furcht, daß die Unglücksfälle, die wir über diese verhänget sehen, uns selbst treffen können.« (Lessing: Hamburgische Dramaturgie, S. 556f.) Außerdem führt Lessing weiter an, dass der Mensch, welcher am meisten zu bemitleiden ist, der Beste ist, denn Mitleid vermehrt die Tugendhaftigkeit. Demzufolge ist Emilia nicht nur als eine tugendhafte Figur zu verstehen, sondern auch als Mittel, um selbst an Tugend zu gewinnen.

Für den Prinzen ist das einzig Wichtige, Emilia für sich zu gewinnen. Zwar spielt er Emilia seine Besorgtheit vor, doch letztlich ist ihm nur wichtig, sich selbst ins richtige Licht zu rücken. Emilia ist aufgelöst und dennoch erscheint es dem Prinzen als ein geeigneter Zeitpunkt, sich für das Vorkommnis bei der Messe in einer Art Monolog zu entschuldigen. Ironischerweise sagt er: »Nur känke mich nicht Ihr Mißtrauen« (S. 50, Z. 11), obwohl er die Schuld an ihrem tragischen Schicksal trägt. Außerdem führt er weiter: »Nur zweifeln Sie keine Augenblick an der unumschränktesten Gewalt, die Sie über mich haben. Nur falle Ihnen nie ein, daß Sie eines andern Schutzes gegen mich bedürfen« (S. 50, Z. 11f.), was ebenfalls ironisch zu deuten ist. Denn er ist derjenige, dem jedes Mittel recht ist, um sie zu sich zu holen. Schließlich hat er sie in seiner Gewalt.

Die Situation spitzt sich weiter zu, als Claudia sich annähert. Marinelli versucht eine ähnliche Strategie bei Claudia wie bei Graf Appiani. Er möchte sie mit der Chance, innerhalb der Ständegesellschaft aufzusteigen, locken: »Wenn ich die Mütter recht kenne—so etwas von einer Schwiegermutter eines Prinzen zu sein, schmeichelt die meisten« (S. 51, Z. 16f.). Allerdings erschrickt Claudia beim Anblick Marinellis, denn sie scheint die Intrige schnell durchschaut zu haben. Einerseits erinnert sie sich an die Auseinandersetzung zwischen Appiani und Marinelli am Morgen, anderseits war »Marinelli« das letzte Wort Appianis. Es scheint, als hätte auch Graf Appiani die Hinterlist erkannt, wenn auch zu spät. Marinellis Versprechen von »Tod und Verdammnis!« (S. 37, Z. 32) hat sich letztlich bewahrheitet.

Veröffentlicht am 13. Februar 2023. Zuletzt aktualisiert am 13. Februar 2023.