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Mario und der Zauberer

Prüfungsfragen

  • Handelt es sich bei der Novelle um eine politische Parabel? Was sagte der Autor selbst dazu?

    Wie politisch die Novelle tatsächlich ist, ist etwas umstritten. Jedoch gehen die meisten Literaturwissenschaftler davon aus, dass der italienische Faschismus, dessen Auswirkungen Thomas Mann bei seiner Italienreise im Jahre 1926 erlebte, sowie die Radikalisierung und der Nationalismus eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Novelle spielten. Dementsprechend wird »Mario und der Zauberer« häufig als politische Parabel und als eine Warnung an Manns Zeitgenossen gelesen. Der Autor selbst sprach anfänglich seiner Novelle eine politische Ebene ab; erst einige Jahre später revidierte er seine Aussagen.

  • Mit welcher historischen Figur wird Cipolla oft verglichen und wieso?

    Cipolla wird häufig als Symbolfigur für Benito Mussolini interpretiert, der ab 1925 als Diktator an der Spitze des faschistischen Regimes über Italien herrschte, und damit auch schon zur Zeit von Thomas Manns Italienreise im Jahre 1926. Mussolini war für seinen Nationalismus, seine geringe Beliebtheit im Volk sowie seine Radikalität und sadistischen Methoden bekannt. In Cipolla lassen sich ähnliche Eigenschaften finden. Er ist extrem patriotisch, unterwirft das Publikum seinem Willen und schreckt nicht davor zurück, seine Reitpeitsche zu nutzen.

  • Wie steht Cipolla zum freien Willen?

    Cipolla glaubt nicht an die Existenz eines freien Willens, das sagt er ausdrücklich: Wenn einer seiner Zuschauer versuche, sich ihm zu widersetzen, werde er scheitern (vgl. S. 39). An Stellen wie diesen entsteht eine erschreckende Ähnlichkeit zwischen dem Zauberer Cipolla und der Figur eines Diktators.

  • Nennen Sie mögliche kulturelle Einflüsse auf »Mario und der Zauberer«.

    Es wird viele Einflüsse auf »Mario und der Zauberer« gegeben haben. Zwei sind jedoch besonders interessant: Zum einen Robert Wienes expressionistischer Stummfilm »Das Cabinet des Dr. Caligari« (1919), zu dessen Protagonisten Manns Figuren erstaunliche Ähnlichkeit aufweisen; zum anderen Freuds 1921 veröffentlichte Studie »Massenpsychologie und Ich-Analyse«, welche einen Vergleich zwischen dem Faschismus und der Hypnose herstellt.

  • Welcher Epoche lässt sich die Novelle zuordnen?

    »Mario und der Zauberer« wurde 1929 und damit zu einer Zeit geschrieben, als die Neue Sachlichkeit die zeitgenössische Literatur prägte. Die Novelle weist dementsprechend wichtige Merkmale der für diese Epoche typischen Literatur auf: Sie greift gesellschaftliche und politische Themen auf und ist im Stil einer dokumentarischen Reportage geschrieben.

  • Warum schreibt der Erzähler diese Geschichte überhaupt auf? Was ist seine Motivation?

    Der Erzähler schaut rückblickend auf das Erlebte zurück und versucht, es zu verarbeiten. Scheinbar hat er lange Zeit Schwierigkeiten damit gehabt und hofft nun, durch die Verschriftlichung seiner Erinnerungen mehr Klarheit zu finden. Eine Folge davon ist, dass er seine Erlebnisse retrospektiv interpretiert, vor allem auch sein eigenes Verhalten.

  • Wie baut der Erzähler Spannung auf?

    Um Spannung aufzubauen, nutzt der Erzähler mehrere Methoden. Zwei davon sind ganz besonders prominent: Einerseits streut er von Anfang an zahlreiche Anspielungen auf den Ausgang der Geschichte ein, andererseits verzögert er den Auftritt der Titelfiguren so weit wie möglich. Auf eher symbolischer Ebene dienen sogar die Beschreibungen des immer düsterer werdenden Wetters dazu, Spannung zu erzeugen.

  • Was ist die Meinung des Erzählers zum Ausgang der Geschichte?

    Er fühlt sich einerseits befreit, andererseits scheint er Schuld zu empfinden, da er seine Gefühle explizit rechtfertigt. Es stellt sich folgende Frage: Kann man wirklich den Mord eines Menschen gutheißen, auch wenn es sich bei diesem Menschen um eine grausame und gewaltbereite Person handelte, die viel Schaden angerichtet hat? Und hilft dieser Mord überhaupt dabei, das Geschehene vergessen zu machen oder zu verarbeiten? Diese Fragen lassen sich auch auf geschichtliche Ereignisse anwenden.

  • Zaubert Cipolla wirklich? Begründen Sie Ihre Antwort.

    Cipolla ist kein gewöhnlicher Zauberer, und seine Tricks sind alles andere als konventionell. Dem Erzähler fällt auf, dass Cipolla seine Tricks mehr mit seinem Willen als mit Geschicklichkeit leitet. Er scheint sein Publikum mit Sprache zu beeinflussen und gleichzeitig eine Form der Hypnose anzuwenden. Das macht ihn viel bedrohlicher als traditionelle Geschicklichkeitszauberer.

  • Bei welchem mythologischen Namen nennt der Zauberer Mario mehrfach und wieso?

    Cipolla spricht Mario mehrfach mit »Ganymed« an. Ganymed war ein schöner Jüngling aus der griechischen Mythologie, der Zeus sehr gefiel und von ihm auf den Olymp entführt wurde. Der Mythos enthält damit eine homoerotische Komponente, die sich in Cipollas Interaktion mit Mario wiederfinden lässt, als der Zauberer vorgibt, Silvestra zu sein. Außerdem könnte der Mythos als Parabel auf Cipollas Machtmissbrauch ausgelegt werden: Cipolla beraubt Mario seiner Entscheidungsfreiheit, genauso wie es Zeus mit Ganymed getan hat.

Veröffentlicht am 21. August 2023. Zuletzt aktualisiert am 21. August 2023.