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Othello

Prüfungsfragen

  • Bewerten Sie die Bedeutung des Taschentuchs für Jagos Intrige!

    Intrigen der Art, wie Jago sie umsetzt, bedienen sich häufig der besonderen Logik von Gegenständen, um Beweise zu fingieren. Denn Gegenstände suggerieren eine Eindeutigkeit, die es in dem Bereich, auf den sie verweisen sollen – die Einstellungen und Gefühle eines Menschen –, normalerweise nicht gibt. Ein Gegenstand kann nur an einem Ort zugleich sein. Die Frage, ob Desdemona Othello noch liebt oder nicht, wird anhand der Frage, ob sie das Taschentuch noch besitzt oder nicht, binär kodiert und entsprechend entscheidbar.

  • Wie funktioniert die symbolische Aufladung des Taschentuchs?

    Das Taschentuch steht für Othellos und Desdemonas wechselseitige Liebe, für die Zeit ihres Kennenlernens, für Desdemonas Treue und ihren Körper und für eheliche Treue allgemein. Die Bedeutungszuweisung erfolgt nach der Logik einer Metonymie – eine metaphorische Zuschreibung scheidet selbstverständlich aus. Seine quasi-magische Natur erhält es durch die besondere Herstellung, seine Bedeutung als Garant ehelicher Treue hat es bei den Eltern Othellos erwiesen; als erstes Liebespfand Othellos steht es für die erste Zeit des Kennenlernens und für ihre wechselseitige Liebe allgemein. Durch seinen Gebrauch am Körper Desdemonas steht es für ihren Körper. Othello ist an der Bedeutungsgebung, deren Opfer er wird, massiv beteiligt.

  • Welche Eigenschaften machen Othello anfällig für Jagos Intrige?

    Das sind die Eigenschaften, die ihm in seiner militärischen Karriere zu so großem Erfolg verholfen haben. Er möchte klare Verhältnisse um sich haben und erträgt keine Unsicherheiten, keine Zweifel. Die (falsche) Gewissheit, Desdemona betrüge ihn, zieht bei ihm den Entschluss zur Tat gleich nach sich. Der Beweis mit dem Taschentuch schafft ihm die gewünschte Eindeutigkeit, und das Verlangen nach dieser Eindeutigkeit scheint größer als das Interesse an einer umständlichen und fairen Aufklärung der Vorwürfe.

  • Bewerten Sie die Rolle Montanos!

    Montano repräsentiert die zyprische Lokalmacht. Er steht am Hafen, als die Venezianer eintreffen, und dient Cassio zum ersten Gesprächspartner. Jago benötigt ihn für seine Intrige. Er ist dabei, als Cassio zum Trinken überredet wird und greift in den Streit zwischen Cassio und Roderigo ein. Er hat keinen hervorstechenden Charakterzug.

  • Bewerten Sie die Funktion der Szene II/1!

    Für den Fortschritt der Handlung ist die Szene wenig bedeutsam. Sie verschafft aber Ereignissen Evidenz, die nicht auf der Bühne stattfinden: Das ist der Sturm, der die venezianischen Schiffe zerstreut und die türkische Flotte zersprengt hat. Der Übergang von dem dringend gebrauchten Feldherrn Othello zum Othello, der ein Freudenfest feiern lässt und nur noch in ziviler Rolle auftritt, musste gestaltet werden und Raum gewinnen. Die Szene dient außerdem der Charakterisierung vor allem Cassios und Desdemonas. Jago entwirft am Ende den Plan zur Absetzung Cassios.

  • Nennen Sie Funktionen der im Stück verwendeten Prosa!

    Grundsätzlich ist die Prosa an ein niedrigeres Stilregister gebunden. Mit einem Wechsel vom Blankvers zur Prosa geht ein atmosphärischer Wechsel einher: So in den Szenen I/3, II/1 und II/3, wenn die Personen höheren Rangs abgegangen sind und Jago sich mit Roderigo oder Cassio bespricht. Wenn Othello in die Prosa abrutscht, ist dies ein Hinweis auf seinen persönlichen Niedergang. Cassio und Jago haben ihr Männergespräch über die Kurtisane Bianca in Prosa, die auch selbst nur Prosa spricht.

  • Woran scheitert Jagos Intrige?

    Zum einen gelingt es ihm nicht, Cassio zu ermorden. Der Stoß, den Roderigo getan hat, wird aufgefangen und danach muss Cassio vor den Hinzugeeilten denjenigen spielen, dem an der Versorgung Cassios gelegen ist. Zum anderen vermag er es nicht, Emilia, als sie ihn durchschaut hat, am Reden zu hindern. Die eigentliche Schwachstelle ist damit – seine Frau, die zwischen ihm und ihrer Herrin Desdemona in einem Loyalitätskonflikt befangen ist, den sie, hat sie einmal die Achtung vor ihrem Mann verloren, klar zugunsten Desdemonas entscheidet.

  • Weshalb sind Venedig und Zypern als Schauplätze der Tragödie besonders geeignet?

    Das mächtige, weit expandierende Venedig hatte in der Frühen Neuzeit gegenüber der Bedrohung durch die Türken eine Grenz- und Verteidigungsfunktion. Othello ist als schwarzer Afrikaner vom Jenseits dieser Grenze in ihr Diesseits hinübergewandert, droht aber jederzeit wieder ausgestoßen zu werden. Weil die echte Bedrohung durch die Türken ausfällt, wird die Auseinandersetzung, wird der Grenzkonflikt innerhalb der venezianischen Gesellschaft, wie sie sich in dem Grenzposten Zypern darstellt, ausgetragen.

  • Was sind typische Komödienelemente in dem Stück?

    Die Figuren niederen Stilregisters könnten gut in eine Komödie passen – Bianca, Roderigo, auch Jago und Emilia. Der erste Akt ähnelt strukturell dem Aufbau einer Komödie: Ein junges Paar setzt seine Liebe gegen den Widerstand der Eltern der Braut durch und wird zuletzt durch eine hohe politische Instanz sanktioniert – wie Lysander und Hermia im »Sommernachtstraum«. Auch die Intrige um das Taschentuch könnte – mit positivem Ausgang – einer Komödie angehören.

  • Wie inszeniert Shakespeare im dritten Akt die Beiläufigkeit der Einflüsterungen Jagos?

    Struktur gewinnt der dritte Akt durch ein eng verknüpftes, aber doch eigenständiges Motiv: die Bemühungen Cassios und Desdemonas um seine Wiedereinsetzung. Die Gespräche Othellos und Jagos erfolgen gleichsam in den Nischen dieser mehr Personen eindeutiger involvierenden Handlung. In ihr gibt es zwei Durchläufe, deren Beginn durch die einzigen Auftritte des Narren markiert werden.

Veröffentlicht am 17. Oktober 2023. Zuletzt aktualisiert am 17. Oktober 2023.