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Schachnovelle

Zitate und Textstellen

  • »Denn Czentovic brachte es nie dazu, auch nur eine einzige Schachpartie auswendig – oder wie man fachgemäß sagt: blind – zu spielen.«
    – (Ich-Erzähler, S. 15)

    Hier wird erstmals Czentovics fehlende Imaginationskraft beim Schachspiel erwähnt. Diese wird mit seiner mangelnden Intelligenz erklärt und zieht sich als Motiv durch das gesamte Werk. Zu einem späteren Zeitpunkt wird diese fehlende Imaginationskraft darüber hinaus zu dem zentralen Unterschied zu Dr. B.s. Schachspiel.

  • »Alle Arten von monomanischen, in eine einzige Idee verschlossenen Menschen haben mich zeitlebens angereizt, denn je mehr sich einer begrenzt, um so mehr ist er andererseits dem Unendlichen nahe; gerade solche scheinbar Weltabseitigen bauen in ihrer besonderen Materie sich termitenhaft eine merkwürdige und durchaus einmalige Welt.«
    – (Ich-Erzähler, S. 19)

    Die Neugierde des Ich-Erzählers und sein Interesse an der Person Czentovic bilden den Aufhänger für die folgende Geschichte. Auf dieser Grundlage wird ein Kontakt hergestellt, der anschließend auch das Aufeinandertreffen mit Dr. B. ermöglicht.

  • »Ich ›spiele‹ Schach im wahrsten Sinne des Wortes, während die andern, die wirklichen Schachspieler, Schach ›ernsten‹, um ein verwegenes neues Wort in die deutsche Sprache einzuführen.«
    – (Ich-Erzähler, S. 25)

    Diese Aussage des Ich-Erzählers greift die verschiedenen Herangehensweisen an das Schachspiel auf, welche innerhalb der Novelle wiederholt thematisiert werden. Schach dient dem reinen Vergnügen, kann aber auch als Beruf oder in Form einer psychischen Bewältigungsstrategie zum Einsatz kommen.

  • »Schon rührte McConnor den Bauern an, um ihn auf das letzte Feld zu schieben, als er sich jäh am Arm gepackt fühlte und jemand leise und heftig flüsterte: ›Um Gottes willen! Nicht!‹«
    – (Dr. B., S. 37)

    Der erste Auftritt Dr. B.s. nimmt innerhalb des Werkes eine große Bedeutung ein. Es wird direkt deutlich, was für eine enorme Erregung das Schachspiel in ihm auslöst. So wird bereits auf den wahnhaften Zustand hingedeutet, in den Dr. B. durch diese Konfrontation gerät.

  • »Man tat uns nichts – man stellte uns nur in das vollkommene Nichts, denn bekanntlich erzeugt kein Ding auf Erden einen solchen Druck auf die menschliche Seele als das Nichts.«
    – (Dr. B., S. 55f.)

    Dr. B. bemüht sich zu verdeutlichen, welche großen seelischen Qualen mit einer Isolationshaft einhergehen. Das Schachspiel nimmt eine psychologische Funktion ein. Nur durch die wahnhafte Versenkung und die Spaltung seiner Persönlichkeit konnte Dr. B. die Isolationshaft überstehen.

  • »Ich trat näher heran und glaubte an der rechteckigen Form der Ausbuchtung zu erkennen, was diese etwas gewellte Tasche in sich barg: ein Buch! Mir begannen die Knie zu zittern: ein BUCH!«
    – (Dr. B., S. 67)

    Diese Textstelle ist bedeutsam, da sie den Grundstein für Dr. B.s. »Schachvergiftung« legt. Er entdeckte ein Buch in der Manteltasche eines Wärters, was ihn in große Aufruhr versetzte. Allein dieser Fakt verdeutlicht die, durch die Isolationshaft herbeigeführte, geistige Verkümmerung.

    Der Diebstahl des Buches passt nicht zu Dr. B.s. gewissenhafter Persönlichkeit und seinem Wertesystem. Sein nicht mehr auszuhaltendes Seelenleid trieb ihn dennoch zu der Tat. Das Buch und die Auseinandersetzung mit dem Schach boten seiner Seele einen Fluchtweg.

  • »Ein solches Doppeldenken setzt eigentlich eine vollkommene Spaltung des Bewusstseins voraus, ein beliebiges Auf- und Abblendenkönnen der Gehirnfunktion wie bei einem mechanischen Apparat; gegen sich selbst spielen zu wollen, bedeutet also im Schach eine solche Paradoxie, wie über seinen eigenen Schatten zu springen.«
    – (Dr. B., S. 77)

    Diese Textstelle signalisiert die Zuspitzung der Situation. Nach dem Lesen des Buches während seiner Isolationshaft und dem Ausdenken weiterer Partien suchte Dr. B. immer weiter nach Möglichkeiten der Ablenkung und Verdrängung. Die Spaltung seiner Persönlichkeit trieb ihn in einen Wahnsinn, der auch als Strategie seiner Psyche gedeutet werden kann, um der Isolationshaft zu entkommen.

  • »›Kein Wunder bei dieser Methode‹, murmelte er. ›Sie sind nicht der erste. Aber sorgen Sie sich nicht.‹«
    – (Der Arzt, S. 89)

    Die Aussage des Arztes bestätigt die seelischen Qualen und die Folgen, die für die Opfer einer Isolationshaft eintreten. Der Arzt wurde zur tatsächlichen Rettung Dr. B.s., wobei zu bedenken ist, dass er ohne seinen Wahnzustand nie auf den Arzt getroffen wäre. In dieser Aussage deutete er bereits an, sich darum zu kümmern, dass Dr. B. aus der Haft entlassen würde.

  • »Noch eine Partie?«
    – (Czentovic, S. 103)

    Diese zentrale Frage Czentovics löst einen Schockmoment aus, da Dr. B. entgegen seiner vorherigen Aussage, nur eine Partie zu spielen, zustimmt. So wird deutlich, dass Dr. B. sein Trauma wieder erlebt. Er befindet sich wie vor vielen Jahren in einem Wahnzustand. Seine zweite Persönlichkeit hat von ihm Besitz ergriffen.

  • »Ich sagte nichts als ›Remember!‹ und fuhr ihm gleichzeitig mit dem Finger über die Narbe seiner Hand.«
    – (Ich-Erzähler, S. 108)

    Der Ich-Erzähler, der als einziger die Vorgeschichte Dr. B.s. kennt, verhilft ihm mit dieser Methode, in die Realität zurückzukommen und eine Verbindung zu seiner ersten Persönlichkeit herzustellen. Dies verhindert Schlimmeres und ermöglicht Dr. B., die Partie abzubrechen und das Schachspiel in Zukunft mit erhöhter Vorsicht zu betrachten. Er versichert, dass er nie wieder Schach spielen werde.

Veröffentlicht am 5. September 2023. Zuletzt aktualisiert am 5. September 2023.