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Geschichten aus dem Wiener Wald

Rezeption und Kritik

Nachdem die Buchausgabe des Dramas 1931 im Berliner Propyläen Verlag erschienen war, wurde Ödön von Horváth dafür auf Vorschlag Carl Zuckmayers mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet, noch vor der ersten Inszenierung des Stücks im selben Jahr. Die Uraufführung fand am 2. November 1931 am Deutschen Theater in Berlin statt. Bis zum 10. Dezember wurde es insgesamt 37 mal gespielt.

Große Namen des österreichischen Theaters im 20. Jahrhundert sind mit dieser Inszenierung verbunden: Carola Neher als Marianne, Hans Moser als Zauberkönig, Peter Lorre als Alfred und Paul Hörbiger als Rittmeister. Regie führte Heinz Hilpert. Vielleicht war es dieses ›Staraufgebot‹, das zu folgender grotesker Fehlinterpretation führen konnte: »Es ist die Sehnsucht nach der Wiedererweckung des alten Volksstücks, die Ödön Horváth angeregt hat. […] Wir bekommen Sehnsucht nach Wien, wenn wir diesen gemütlichen Menschen zusehen«, schreibt Ernst Degner am 3.11.1931 ausgerechnet im sozialdemokratischen Blatt Vorwärts (Krischke/Bühne 140).   

Doch auch jene Kritiker, die das Stück verstanden hatten, feierten es, unter ihnen Alfred Kerr, Alfred Polgar und Erich Kästner. Kästner bringt Horváths Anliegen auf den Punkt: »Horváth schrieb hier ein Wiener Volksstück gegen das Wiener Volksstück. […] er übernahm den Plüsch, aber er klopfte ihn aus, dass die Motten aufflogen und die zerfressenen Stellen sichtbar wurden.« (Erich Kästner, »Volksstück mit doppeltem Boden«, Neue Leipziger Zeitung vom 11.11.1931, zitiert nach Krischke/Bühne).

Dass das Stück von rechtsnationalen Blättern verrissen und von nationalsozialistischer Propaganda gehasst wurde, überrascht kaum. Die zunehmend schwierige politische Lage führte bereits 1931 dazu, dass weitere geplante Aufführungen in Wien und Hamburg abgesagt wurden. 1934 verbrannten die Nationalsozialisten Horváths Bücher öffentlich. Seine Stücke wurden nicht mehr aufgeführt und gerieten bis in die Nachkriegszeit hinein weitgehend in Vergessenheit. 

Erst in den 1960er-Jahren setzte eine Wiederentdeckung von Horváths Bühnenstücken ein. Das Interesse für seine »Geschichten aus dem Wiener Wald« hält ungebrochen an. Bemerkenswert waren u. a. Dimiter Gotscheffs Bühnenfassung 2005 am Deutschen Theater in Berlin mit Fritzi Haberlandt als Marianne; Christian Stückls Inszenierung 2013 am Münchner Volkstheater oder Stefan Bachmanns Regiearbeit von 2015 für das Schauspiel Köln. 2022 nahm sich z. B. das Staatstheater Augsburg (Regie: Sebastian Schug) oder das Deutsche Schauspielhaus Hamburg (Regie: Heike M. Goetze) des Stoffes an. Regisseurin Goetze hatte das Drama bereits im November 2020 während der Corona-Pandemie per Live-Stream zum Publikum gebracht.

Veröffentlicht am 27. März 2023. Zuletzt aktualisiert am 27. März 2023.