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Die Räuber

Sprache und Stil

Schillers Drama weist sprachlich viele Merkmale der Epoche des Sturm und Drang auf. Besonders in Karls Monologen spiegelt sich der Sturm und Drang wider. Aber auch andere Strömungen wirken sich auf Schillers Schreibstil aus. So ist Franz´ Sprache durch aufklärerische Elemente (z. B. »Erfindungsgeist«, S. 19, Z. 18f) gekennzeichnet, und Amalias Sprachduktus kann der Empfindsamkeit (z. B. »Sterben ist Flug in seine Arme«, S. 56, Z. 28) zugeordnet werden.

Schiller sprengt außerdem die Gattungsgrenzen, indem er »lyrische sowie epische Elemente in das Drama einfügt« (Hofmann: 62) Auch ein Einfluss der Oper lässt sich in Schillers Werk finden. Dies »dokumentiert sich besonders eindringlich in der ungewöhnlichen Vehemenz der Gebärdensprache« (Michelsen: 20). Die Gestik gibt Schiller an vielen Stellen in den Bühnenanweisungen vor: z. B. »(gibt ihm eine Maulschelle)« (S. 83, Z. 18) oder »(schlägt die Hände zusammen)« (S. 101, Z. 26), oft nennt er aber auch nur die Emotion, mit der das Gesagte versehen ist: z. B. »(in Hitze)« (S. 47, Z. 20) oder »(mit Bestürzung)« (S. 116, Z. 15). Während die Gestik und Mimik im Sturm und Drang vor allem der Individualität Ausdruck geben soll, ist sie bei Schiller auf extreme Weise eingesetzt (vgl. Michelsen: 20). Da die Bedeutung der meisten Gesten und Gebärden einer allgemein bekannten Konvention folgt, kann ihr Einsatz dabei helfen, die Handlung verständlicher zu machen und den gesprochenen Text dadurch sinnvoll ergänzen (Michelsen: 21).

Typisch für den Sturm und Drang wiederum ist der leidenschaftliche und pathetische Sprachduktus Karls, der von Stilmitteln durchsetzt ist. So finden sich in seinen Ansprachen beispielsweise Wiederholungen (»Gnade – Gnade«, S. 148, Z. 17), Vergleiche (»Meine Zunge trocken wie eine Scherbe«, S. 85, Z. 13f), Chiasmen (»Überlegt ihr? – Wer überlegt«, S. 71, Z. 33), Interjektionen (»Pfui«, Z. 75, 7) und viele weitere Stilmittel. Auch kennzeichnend für den Sturm und Drang sind die teils derbe Sprache und die negativen Beschreibungen der fortgeschrittenen Zivilisation (vgl. Hofmann: 68). Dabei verhält sich Karl rhetorisch nicht ungeschickt, was darauf hindeutet, dass Karl die gleiche aufklärerische Bildung genossen hat wie sein Bruder Franz.

Bei Franz macht sich die Aufklärung im Sprachgebrauch deutlicher bemerkbar als bei Karl, er argumentiert an vielen Stellen, vor allem in seinen Monologen, abstrahierend und logisch (vgl. Hofmann: 58). Er ist jedoch auch in der Lage, sich sprachlich an seinen Gesprächspartner anzupassen, so dass er zum Beispiel im Dialog mit seinem Vater einige Elemente der Empfindsamkeit einfließen lässt (»o Himmel«, S. 15, Z. 14), um diesen besser manipulieren zu können. Die empfindsame Sprache des Grafen von Moor lässt ihn schwächlich wirken, da sie nicht zu seiner Rolle als regierendes Familienoberhaupt in einer patriarchalischen Gesellschaft passt. Dadurch manifestiert sich die inhaltliche Problematik des zu schwachen Vaters auch sprachlich. Zu Amalias Rolle als Karls Geliebte passt die Sprache der Empfindsamkeit hingegen besser. Diese ist unter anderem »durch die Verwendung religiöser Termini zur Bezeichnung der Liebe und des geliebten Objekts charakterisiert« (Hofmann: 69).

Schiller schafft es, seinen Figuren durch ihre sprachlichen Eigenheiten eine gewisse Individualität zu verleihen und damit verschiedene Strömungen und Einflüsse in seinem Werk zu vereinen. Das daraus entstehende Konfliktpotential behandelt er auch auf inhaltlicher Ebene, da seine Figuren teilweise zu unterschiedlich sind, um gemeinsame Interessen vertreten zu können und es somit zu keiner Einigung kommen kann.  

Veröffentlicht am 18. April 2023. Zuletzt aktualisiert am 18. April 2023.