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Die Räuber

Interpretation

Die gestörte Vater-Sohn-Beziehung

Im Mittelpunkt der Handlung steht die Beziehung zwischen Karl und Franz, die durch die ungleiche Behandlung durch den Vater geprägt ist. Die Schwäche des Vaters als Autoritätsfigur (vgl. Michelsen: 72) ist es, die den Raum für den brüderlichen Konflikt erst aufmacht. 

Dass der Vater-Konflikt den Mittelpunkt der Handlung darstellt, ist typisch für den Sturm und Drang, da für die jungen Autoren die Auflehnung gegen die Väter als »gesellschaftliche, normsetzende Instanz« (Große: 11) zentral war. 

Zu Schillers Zeit stand der Vater symbolisch für »die Autorität des Landesvaters, der seinerseits […] der Stellvertreter Gottes auf Erden war« (Luserke-Jaqui: 15). So verwundert es nicht, wenn Pastor Moser den Vatermord als schlimmste Sünde überhaupt bezeichnet (S. 136, Z. 12), da mit dem Vater indirekt auch die göttliche Ordnung angegriffen wird. Franz‘ Taten erscheinen aus diesem Blickwinkel umso ungeheuerlicher.

Das Streben nach Freiheit

Der Freiheitsbegriff spielt in Schillers Werk eine große Rolle und wird oft erwähnt (z. B. »aber die Freiheit brütet Kolosse und Extremitäten aus«, S. 23, Z. 16f). Während Karl sich von gesellschaftlichen Konventionen und Gesetzen unterdrückt fühlt, versucht Franz, sich von den Ketten seines Gewissens zu befreien (vgl. Neumeyer: 258). 

Dabei äußert sich das Autonomiestreben der beiden Brüder sehr unterschiedlich: Franz geht strategisch vor und argumentiert sachlich, warum er seiner Familie nichts schuldig ist, während Karl seinen Impulsen folgt und sich zum Hauptmann der Räuberbande wählen lässt, ohne dies geplant zu haben. Aber auch die Räuberbande limitiert seine Freiheit, da er sich durch einen Schwur an sie bindet und den Räubern dadurch verpflichtet ist. 

Auch wenn beide Charaktere am Ende scheitern, bleibt ihnen zumindest die Freiheit, über ihren Tod entscheiden zu können. Franz tötet sich selbst, um einer weltlichen Strafe zu entgehen. »Für Karl besteht […] die Autonomie des Ich darin, den Selbstmord zu verneinen und sich stattdessen zur Duldung des Lebens zu entschließen« (Neumeyer: 277). Im fünften Akt stellt er sich freiwillig dem weltlichen Gericht und entscheidet damit ebenfalls selbst über die Gestaltung seines Lebensendes.

Veröffentlicht am 18. April 2023. Zuletzt aktualisiert am 18. April 2023.