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Die Räuber

Zitate und Textstellen

  • O Karl! Karl! Wüsstest du, wie deine Aufführung das Vaterherz foltert! Wie eine einzige frohe Nachricht von dir meinem Leben zehen Jahre zusetzen würde – mich zum Jüngling machen würde – da mich nun jede, ach! – einen Schritt näher ans Grab rückt!
    – Der alte Moor: S. 11, Z. 29-33

    Der alte Moor adressiert seinen abwesenden Sohn Karl direkt und es wird hier schon deutlich, wie sehr die psychische, aber auch die gesundheitliche Lage des alten Grafen von seinem Sohn abhängt. Da hier außerdem bereits das Grab erwähnt wird, kann dies als Vorausdeutung auf den Tod des alten Moor interpretiert werden, da dieser durch die Erkenntnis stirbt, dass Karl Räuberhauptmann geworden ist.

  • Und dann der trockne Alltagsmensch, der kalte, hölzerne Franz, und wie die Titelchen alle heißen mögen, die Euch der Kontrast zwischen ihm und mir mocht eingegeben haben, wenn er Euch auf dem Schoße saß oder in die Backen zwickte
    – Franz: S. 15, Z. 5-10

    Franz ist der Unterschied zwischen sich und Karl sehr klar. Er hat in seiner Kindheit schon miterlebt, wie liebevoll der Vater – anders als mit ihm – mit Karl umgegangen ist. Daraus resultiert, dass Karl als Erwachsener von Gefühlen geleitet handelt, während Franz sich zu einem kalten Charakter entwickelt hat. Die Abneigung gegen seinen Bruder Karl entsteht also aus Neid auf die Bevorzugung durch den Vater. Der Vater kann daher indirekt als Schuldiger für den Konflikt benannt werden.

  • Bis ich ihm hinhelfe!
    – Spiegelberg: S. 36, Z. 18

    Mit diesem Satz antwortet Spiegelberg für sich auf die Räuber, die Karl als Hauptmann zum ersten Mal hochleben lassen. Da er sich als Gründer der Räuberbande auch in der rechtmäßigen Position des Anführers sieht, ist er zornig, weil er von den anderen übergangen wird. Daher verachtet er Karl, den er um seine Position beneidet, und wünscht sich seinen Tod. Er deutet hier schon an, dass er einen Mord an Karl nicht ausschließt. Im weiteren Verlauf der Handlung versucht er, mit Razmann einen Mordkomplott gegen Karl zu schmieden, wird dafür aber von Schweizer ermordet.

  • aber ist es nicht ungerecht, einen Menschen um seiner siechen Außenseite willen zu verdammen?
    – Franz: S. 40, Z. 12f

    Franz versucht an dieser Stelle, Amalia davon zu überzeugen, dass Karl unter einer Geschlechtskrankheit leide, die sich negativ auf seine äußere Erscheinung auswirke. Seine suggestiv gestaltete Frage kann Amalia nicht verneinen, ohne oberflächlich zu wirken, was sie als moralisch vollkommene Person schmälern würde. Wenn Amalia ihm aber zustimmt, kann sie auch Franz nicht wegen seines unvorteilhaften Aussehens ablehnen. Doch sein Versuch, Amalia zu überzeugen, schlägt fehl, da Amalia Karl treu ergeben ist und nicht an seinem Charakter zweifelt.

  • Die Ernte ist dein, lieber Hermann! – Wenn der Ochse den Kornwagen in die Scheune gezogen hat, so muss er mit dem Heu vorlieb nehmen. Dir eine Stallmagd, und keine Amalia!
    – Franz: S. 48, Z. 24-27

    Auch in dieser Szene zeigt sich Franz manipulativ. Durch sein rhetorisches Geschick kann er Hermann überzeugen, ihm bei seiner Intrige zu helfen. Als Hermann geht, zeigt Franz, was er tatsächlich von Hermann hält: Dieser ist für ihn nur ein Werkzeug. Verdeutlicht wird dies durch die Metapher des Ochsen. Hermann, der Ochse, hilft zwar bei der Ernte des Korns (Amalia), bekommt am Ende aber nur Heu, also eine Stallmagd. Franz scheut sich nicht davor, zu lügen, um sein Ziel zu erreichen.

  • Er hat mich nie geliebt!
    – Amalia: S. 54, Z. 34f

    Amalia ist Karl zwar treu ergeben, aber die blutige Inschrift des Schwertes lässt sie kurz an ihm zweifeln. Da sie sich geschworen haben, sich über den Tod hinaus zu lieben, stellt sie in Frage, ob er sie jemals geliebt habe, als sie auf dem Schwert liest, dass der Tod ihren Liebesschwur überwinde. Durch ihr eigenes Porträt, das der verkleidete Hermann ihr zeigt, ist sie von der Wahrheit der Geschichte bereits überzeugt und ist dadurch für das Schwert als Beweis besonders anfällig.

  • ich sage dir, ich hab aus dem Kloster mehr dann tausend Taler Werts geschleift, und den Spaß obendrein, und meine Kerls haben ihnen ein Andenken hinterlassen, sie werden ihre neun Monate dran zu schleppen haben
    – Spiegelberg: S. 61, Z. 11-15

    Spiegelberg schildert Razmann detailliert den Überfall auf ein Nonnenkloster. In diesem Gespräch kontrastiert Spiegelbergs Heiterkeit mit der Grausamkeit der Tat, wodurch sein Charakter noch schlimmer erscheint. Er deutet in einem Witz an, dass die Nonnen geschwängert wurden, was nur im Rahmen von Vergewaltigungen denkbar ist. Dass dies für Spiegelberg Spaß bedeutet, zeigt, wie verdorben er ist und verstärkt den Gegensatz zu Karl.

  • Weg aus meiner Seele, ihr verräterischen, gottlosen Wünsche! im Herzen, wo Karl herrscht, darf kein Erdensohn nisten
    – Amalia: S. 109, Z. 28-30

    In dieser Szene zeigt sich sehr deutlich, dass Karl für Amalia eine übermenschliche Gestalt ist und eben kein einfacher »Erdensohn«. Sie fühlt sich zu dem verkleideten Karl hingezogen, wodurch sich zeigt, wie stark ihre Liebe ist. Bewusst erkennt sie ihn zwar nicht, aber unterbewusst sehnt sie sich nach ihm, da sie ihn mit jeder Faser ihres Seins liebt. Sie ist allerdings nicht in der Lage, ihre Gefühle richtig zu interpretieren, was in ihrer grundsätzlichen Ablehnung der Gefühle für einen vermeintlich Fremden begründet sein könnte.

  • ich fordere Euch auf, das soll eine Probe sein, wenn Ihr im Tod annoch feste steht, wenn Euch Eure Grundsätze auch da nicht im Stiche lassen, so sollt Ihr gewonnen haben; wenn Euch im Tode nur der mindeste Schauer anwandelt, weh Euch dann! Ihr habt Euch betrogen
    – Pastor Moser: S. 133, Z. 35 – S. 134, Z. 3

    Die Probe, auf die Franz hier von Pastor Moser gestellt wird, besteht er nicht, denn er beginnt, im Angesicht des Todes zu beten. Durch den Selbstmord zeigt er sich am Ende aber doch über das göttliche Gericht erhaben, da er die irdische Bestrafung mehr fürchtet als die himmlische. Dieser Ansatz von Pastor Moser muss aber auch deshalb fehlschlagen, weil es für Franz‘ Seelenheil zu spät ist, wenn er stirbt. Dadurch zeigt sich, dass es dem Pastor nicht mehr darum geht, Franz zu helfen, er will ihn nur in seiner Position schwächen, um selbst im Recht zu sein.

  • Ich erinnere mich, einen armen Schelm gesprochen zu haben, als ich herüberkam, der im Taglohn arbeitet und eilf lebendige Kinder hat – Man hat tausend Louisdore geboten, wer den großen Räuber lebendig liefert – dem Mann kann geholfen werden
    – Karl: S. 149, Z. 14-18

    Auch wenn Karl sein eigenes Schicksal schon durch seinen Entschluss, sich zu stellen, besiegelt hat, denkt er noch an andere. Er will einem Familienvater durch das auf ihn ausgesetzte Kopfgeld helfen. Er versucht also bis zum Schluss, die Taten, die er durch die Räuberbande verschuldet hat, durch gute Taten wieder auszugleichen. Gleichzeitig zeigt sich hier sein Autonomiestreben, da er selbst entscheidet, auf welche Art er stirbt.

Veröffentlicht am 18. April 2023. Zuletzt aktualisiert am 18. April 2023.