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Die Räuber

Akt 2, Szene 1-3

Zusammenfassung

Szene 1

Die erste Szene des zweiten Aktes beginnt mit Franz Moor, der in einem langen Monolog darüber sinniert, wie er seinem Vater, dem Grafen von Moor, am besten das Leben nehmen könne, ohne ihn aktiv zu töten. Er kommt zu dem Schluss, dass Schreck das geeignetste Mittel dafür sei.

Hermann, der uneheliche Sohn eines Adligen, betritt nun die Szenerie. Er zeigt sich Franz treu ergeben und ist bereit, ihm bei seinen Plänen zu helfen. Franz erinnert ihn daran, dass Karl ihm Amalia ausgespannt und ihn beleidigt habe, sodass Hermanns Hass auf Karl frisch auflodert. Dadurch steigt die Bereitschaft, Franz bei seinen Plänen gegen Karl und seinen Vater zu unterstützen, da er so auch persönlich Rache nehmen kann. Franz verspricht ihm als Belohnung für seine Hilfe Amalia.

Nachdem Franz Hermann ein Paket mit genauen Instruktionen zur Umsetzung des Plans und einige Schmeicheleien mit auf den Weg gegeben hat, verabschiedet Hermann sich. Bevor die Szene endet, verdeutlicht Franz, dass Hermann für ihn nur ein Werkzeug ist und er ihm nicht Amalia, sondern eine Küchenmagd überlassen will.

Szene 2

Zu Beginn der zweiten Szene schleicht Amalia sich in das Schlafzimmer des alten Moor. Dieser redet im Schlaf und wird von Amalia geweckt, als sie feststellt, dass er von Karl träumt. Der Graf von Moor hofft darauf, dass sein Karl ihm vergeben kann.

Gemeinsam betrachten sie ein Bild von Karl, das Amalia an seinem sechzehnten Geburtstag gemalt hat. Amalia ist der Meinung, dass Karl auf dem Bild zu menschlich dargestellt sei. Dabei schwelgen die beiden in Fantasien von einem leichten und süßen Tod.

Amalia beginnt ein Lied über den Abschied von Hektor und Andromacha während des Trojanischen Kriegs vorzuspielen, das sie oft mit Karl zusammen gesungen hat, als der Bedienstete Daniel eintritt. Daniel kündigt einen Besucher an, den er auf Amalias Anweisung zusammen mit Franz hineinführt.

Bei dem Besucher handelt es sich um den verkleideten Hermann, der Amalia und dem Grafen von Moor nun erzählt, dass Karl im Krieg gefallen sei. Als Beweise präsentiert er ein Bild von Amalia und ein Schwert, auf dem geschrieben steht, dass Franz sich um Amalia kümmern solle. Er berichtet, dass Karl im Sterben seinem Vater die Schuld an seinem Tod zugeschrieben habe.

Amalia und Hermann verlassen die Szene und der alte Moor bleibt mit Franz zurück. Franz versucht, die Schuldgefühle seines Vaters noch zu verstärken. Als Franz geht, bleibt sein Vater verzweifelt zurück.

Amalia hat sich in der Zwischenzeit etwas gefasst und kehrt nun mit der Hoffnung zurück, im Tod mit Karl wiedervereint zu werden. Dieser Gedanke spendet auch Karls Vater Trost. Franz kommt ebenfalls wieder zurück und Amalia beginnt, dem alten Moor eine biblische Geschichte vorzulesen. Diese bewegt ihn so sehr, dass er ohnmächtig wird. Während Amalia ihn für tot hält, weiß Franz, dass dies nicht der Fall ist. Franz verheimlicht dies aber, da er durch den Tod seines Vaters zum Herrn über das Schloss wird.

Szene 3

Die dritte Szene spielt in den böhmischen Wäldern. Spiegelberg trifft auf Razmann und erklärt ihm ausführlich, wie er vorgeht, um Männer für die Räuberbande anzuwerben. Er erzählt außerdem, dass jemand gehängt worden sei, weil man ihn für Spiegelberg gehalten habe, und wie er mit den Räubern ein Nonnenkloster ausgeraubt habe.

Razmann merkt an, dass Spiegelberg nur moralisch verdorbene Männer anziehe, während Karl auch ehrbare Männer folgten, da sich seine Untaten gegen schlechte Menschen richteten und er seinen Anteil der Beute sogar an Bedürftige spende.

Der Räuber Schwarz taucht auf und berichtet, dass Roller gefangen genommen worden sei. Um ihn vor dem Galgen zu retten, überfällt Karl die Stadt. Karl Moor kommt mit seinem Gefolge aus Räubern, darunter auch Roller, hinzu. Sie berichten von dem Überfall und auch von ihren Plünderungen, aber als Schufterle von einem Kind erzählt, das er verbrannt habe, schreitet Karl ein und verbannt ihn für diese Grausamkeit.

Neue Räuber betreten die Szene und warnen davor, dass sie umstellt seien. Obwohl sie zahlenmäßig weit unterlegen sind, planen sie ihre Verteidigung.

Dann tritt ein Pater auf sie zu. Er versucht, Karl davon zu überzeugen, sich der Gerichtsbarkeit zu stellen. Karl berichtet von den Männern, die er getötet hat, und erklärt, warum sie dies in seinen Augen verdient hatten.

Als der Pater Straffreiheit für alle Räuber in Aussicht stellt, wenn Karl mit ihm geht, will Karl dieses Angebot annehmen, doch die Räuber verteidigen ihn.

Analyse

Szene 1

Im zweiten Akt geht Franz zum zweiten Teil seines Plans über. Während er im ersten Akt schon seinen Bruder aus dem Weg geräumt hat, will er jetzt seinen Vater aus dem Weg schaffen, um endlich Herr über Schloss Moor zu werden.

Er will den Tod seines Vaters beschleunigen, ohne dabei selbst Hand an ihn zu legen. Er schreckt nicht vor dem Mord an sich zurück, er fürchtet sich nur um seinen Ruf (»Und doch möchte ich das nicht gerne selbst getan haben um der Leute willen«, S. 43, Z. 14-16).

Er will den Gang der Natur beschleunigen und kommt zu dem rational gefassten Schluss, dass es möglich sein muss, das Leben zu verkürzen, da die Menschen auch »vermögen […] die Bedingungen des Lebens zu verlängern« (S. 43, Z. 29f). Nach und nach geht er die Emotionen durch, die für die Intrige seines Vaters geeignet sein könnten. In der Form eines Parallelismus ordnet er diese jeweils Tieren zu: »Zorn? – dieser heißhungrige Wolf frisst sich zu schnell satt – Sorge? – dieser Wurm nagt mir zu langsam – Gram? diese Natter schleicht mir zu träge« (S. 44, 11-13). Dieser Bezug zur Tierwelt zeigt, dass Franz in seinem Plan nichts Widernatürliches sieht, da er den natürlichen Verlauf nur etwas beschleunigen will.

Er entscheidet sich für »Schreck« (S. 44, Z. 17) und bezeichnet diesen als »eiskalte Umarmung« (S. 44, Z. 19). Damit stellt Franz in gewisser Weise eine Verbindung zu sich selbst als potenziellen Mörder seines Vaters her, da Amalia ihm in der vorangegangenen Szene »eiskalte« (S. 37, Z. 34) Hände zuordnet. Franz zeigt sich zufrieden mit seinem Plan, da er diesen für »zuverlässig – sicher« (S. 45, Z. 1f) hält. Dies erweist sich allerdings als Fehlschluss: Der alte Moor stirbt zwar, weil er seine Emotionen nicht mehr verarbeiten kann, dies wird aber nicht durch Franz, sondern durch Karl ausgelöst.

Als Hermann dazukommt, wird schnell klar, wie ergeben er Franz ist. Dies zeigt sich zum Beispiel dadurch, dass er ihm nicht einfach zuhört, er hört ihn »mit tausend Ohren« (S. 45, Z. 13 – Hyperbel). Franz benötigt Hermanns Hilfe für seinen Plan und baut seine Überzeugungsstrategie dual auf: Er zeigt Hermann zum einen, wie gut er selbst ihn behandelt, indem er ihm Geld gibt (»Nimm diesen Beutel, Hermann.«, S. 45, Z. 19f), ihm schmeichelt (»Wie schlau du bist!«, S. 48, Z. 10) und ihm Amalia als Belohnung in Aussicht stellt (»du sollst Amalia haben«, S. 46, Z. 32f). Zum anderen hetzt er Hermann gegen Karl und seinen Vater auf: »Mein Vater hat dich sehr beleidigt« (S. 45, Z. 15f); »Mein Bruder hat sie dir weggefischt« (S. 46, Z. 1).

Hermann zeigt sich von Beginn an unterwürfig, was sich auch darin zeigt, dass er Franz‘ Formulierungen in Form eines Chiasmus spiegelt: »aber mein Vater hat das Mark eines Löwen, und ich bin der jüngere Sohn« (S. 45, Z. 25f – Franz) – »Ich wollt‘, Ihr wärt der ältere Sohn und Euer Vater hätte das Mark eines schwindsüchtigen Mädchens« (S. 45, Z. 26f – Hermann). Franz weiß, dass er seinen Plan bald umsetzen muss, da sein Vater sonst schwach werden und Karl suchen lassen könnte (vgl. S. 47, Z. 5-10).

Aufgewühlt von Franz‘ Überzeugungsversuchen, stimmt Hermann bereitwillig zu, Franz zu helfen. Dieser weiht ihn in den Plan ein und stattet ihn mit gefälschten Beweisen aus, um die Geschichte glaubwürdiger zu machen.

Am Ende der Szene, nachdem Hermann gegangen ist, macht Franz deutlich, dass er Hermann nur als Werkzeug benutzen will: Während sich ein Ochse, der beim Einfahren des Korns hilft, am Ende mit Heu begnügen muss, bekommt Hermann »eine Stallmagd, und keine Amalia« (S. 48, Z. 26f).

Szene 2

Im Gegensatz zum ersten Akt wird die Schlosshandlung im zweiten Akt nicht durch einen Ortswechsel durchbrochen (vgl. Große: 47). Die zweite Szene beginnt nicht mit Franz, sondern mit Amalia, dafür endet sie aber mit einem weiteren Monolog von Franz.

Amalia, die im ersten Akt noch gegen den alten Moor gewütet hat, weil er Karl verbannt hat, kann ihm nicht mehr böse sein, als sie ihn schlafen sieht. Sie bezeichnet ihn im Sinne eines Pars pro Toto als »Weißlockiges Haupt« (S.48, Z. 34). Die Eigenschaft des weißen Haars steht stellvertretend für die Ehrwürdigkeit des Grafen von Moor. Als Amalia bemerkt, dass er von Karl träumt, weil er im Schlaf redet (»Mein Sohn! mein Sohn! mein Sohn!«, S. 49, Z. 3f), ist sie erst recht bereit, ihm zu verzeihen. Sie idealisiert Karl, indem sie ihn als »Engel« bezeichnet, und sichert dem Grafen von Moor zu, dass er ihm verzeiht (vgl. S. 49, Z. 23). Da sie sich in einer Einheit mit Karl sieht, verzeiht auch sie dem Grafen in einer parallelen Satzstruktur (»er verzeiht Euch«, S. 49, Z. 23 – »ich verzeih Euch«, S. 49, Z. 24).

Amalia verbindet sich auch mit dem alten Moor, indem sie seine Formulierung aufgreift, als die beiden gemeinsam vom Tod schwärmen: »wie süß ist’s, eingewiegt zu werden in den Schlaf des Todes von dem Gebet eines Sohnes« (S. 50, Z. 16-18 – Graf von Moor) – »Ja süß, himmlisch süß ist’s, eingewiegt zu werden in den Schlaf des Todes von dem Gesang des Geliebten« (S. 50, Z. 20-22). In ihrer Liebe zu Karl und ihrer daraus resultierenden Todessehnsucht bilden die beiden eine Einheit.

An den Gesang des Geliebten erinnert, beginnt Amalia ein Lied zu spielen, das sie mit Karl »oft zusammen zu der Laute gesungen« (S. 50, Z. 36f) hat. Das Lied, in dem es um Hektor, den Erben Trojas geht, der die Stadt verteidigen und sich deswegen von seiner Geliebten trennen muss, wird kurz von dem Diener Daniel unterbrochen, der einen »Mann« (S. 51, Z. 8) ankündigt, der eingelassen werden soll. Das Lied weist Parallelen zu der Geschichte von Karl und Amalia auf, da auch Karl ausgezogen ist, um zu kämpfen. Während Hektor aber kämpft, um seine Heimat gegen die Griechen zu verteidigen, kämpft Karl um seine Freiheit und gegen gesellschaftliche Konventionen. Die Liebe von Hektor und seiner Geliebten ist so stark, dass sie sogar der Wirkung des Lethe widersteht, einem Fluss in der Unterwelt, der einen alles vergessen lässt. Auch Amalia erhofft sich eine solch starke Liebe, die über den Tod hinaus anhält.

Der verkleidete Hermann berichtet von Karls Tod und betont dabei, wie tapfer er gestorben sei (z. B. »wackerer Kriegsmann«, S. 52, Z. 31, oder »große Seele«, S. 53, Z. 8). Die Todesnachricht verbindet er mit einer direkten Anschuldigung Karls an seinen Vater: »Sag ihm, sein Fluch hätte mich gejagt in Kampf und Tod, ich sei gefallen in Verzweiflung!« (S. 53, Z. 16-18). Diese Schuldzuweisung verfehlt ihre Wirkung nicht, der alte Moor nimmt sie immer wieder auf, während seine Verzweiflung klimaktisch ansteigt (vgl. S. 53, Z. 22f; S. 54, Z. 4f; S. 54, Z. 10f).

Amalia lässt sich währenddessen durch ein Porträt ihrer selbst von Karls Tod überzeugen (»Mein, mein!«, S. 54, Z. 1). Das Schwert, das die blutige Aufschrift »Amalia, deinen Eid zerbrach der allgewaltige Tod« (S. 54, Z. 27f) trägt, sieht sie allerdings als Beweis dafür, dass Karl sie nie geliebt hat, da der Eid, den sie sich gegeben haben, über den Tod hinaus gelten sollte. Die Schrift auf dem Schwert bedeutet daher, dass der Schwur von Karl nicht ernst gemeint gewesen sein kann.

Der alte Moor wendet sich Hilfe suchend an seinen verbleibenden Sohn Franz, bekommt von diesem jedoch nur Schuldzuweisungen. Auch hier wird die Formulierung des sterbenden Karls wieder aufgegriffen: »Wer war’s, der seinen Sohn jagte in Kampf und Tod und Verzweiflung?« (S. 55, Z. 3f). Franz verflucht seinen Vater (»er war ein Engel! ein Kleinod des Himmels. Fluch über seine Henker! Fluch, Fluch über Euch selber!«, S. 55, 5f) und dem Vater bleibt nichts mehr, als sich in einem ähnlichen Wortlaut selbst zu verfluchen, da er keinen Zweifel mehr daran hat, dass er die Schuld an Karls Tod trägt. Franz will seinem Vater den letzten Schlag versetzen (»sterbt! verzweifelt!«, S. 55, Z. 25), doch dieser misslingt: »Verzweifeln, aber nicht sterben!« (S. 55, Z. 29f und Z. 36).

Amalia kehrt gefasster zurück und gibt sich und dem alten Moor die Hoffnung, Karl im Tod wiederzutreffen (»Sterben ist ein Flug in seine Arme«, S. 56, Z. 28). Daher beneidet sie den alten Moor um seine körperliche Schwäche (vgl. S. 56, Z. 28-32). Die Bibelgeschichte von Jakob und Joseph überwältigt den alten Moor schließlich, da er seine eigene Geschichte darin wiederfindet: »Sie hat mich immer so gerührt, und damals bin ich noch nicht Jakob gewesen« (S. 57, Z. 6-8).

Amalia hält ihn für tot (»Tot! Alles tot!«, S. 58, Z. 6), aber Franz erkennt die Wahrheit. In einem abschließenden Monolog entscheidet er, dass Tod und Schlaf sich nah genug seien, um vertauscht zu werden: »Wackerer, willkommener Schlaf! Wir wollen dich Tod heißen!« (S. 58, Z. 14f). Durch diese Lüge erreicht er sein Ziel und wird zum Herrn über Schloss Moor (vgl. S. 58, Z. 9).

Szene 3

Die dritte Szene dient zunächst dazu, Spiegelberg und Karl in einen deutlichen Kontrast zu setzen. Während Spiegelberg Männer mit möglichst wenig Moral sucht und diese rekrutiert, indem er sie dazu bringt, dass sie »an Saft und Kraft und Geld und Gewissen, und gutem Namen bankrutt« (S. 63, Z. 8f) gehen, folgen Karl auch »ehrliche Kerl« (S. 64, 17f), weil er einen so guten Ruf hat.

Dieser Gegensatz wird durch Spiegelbergs Schilderung des Überfalls auf ein Nonnenkloster vertieft. Spiegelberg amüsiert sich beim Erzählen über die grausame Tat (»Hahaha!«, S. 60, Z. 28), wodurch die Erzählung sehr makaber wirkt. Dieser Eindruck wird durch die Beiläufigkeit verstärkt, mit der er die Vergewaltigung der Nonnen erwähnt: »und meine Kerls haben ihnen ein Andenken hinterlassen, sie werden ihre neun Monate dran zu schleppen haben« (S. 61, Z. 13-15).

Karl hingegen sucht sich als Ziel seiner Überfälle Menschen aus, die sich schlecht verhalten haben (»einen Landjunker […], der seine Bauren wie das Vieh abschindet«, S. 64, Z. 26f; »einen Schurken mit goldnen Borten […], der die Gesetze falschmünzt«, S. 64, Z. 28f; »ein reicher Graf aus Regensburg, der einen Prozess von einer Million durch die Pfiffe seines Advokaten durchgesetzt hätte«, S. 64, Z. 34-37) und scheint dabei an der Beute nicht interessiert zu sein. Seinen Anteil spendet er sogar an »Waisenkinder« (S. 64, Z. 25) oder »arme Jungen von Hoffnung« (S. 64, Z. 25), die studieren wollen.

Weil auch Spiegelberg dieser Kontrast durch das Gespräch mit Razmann noch einmal vor Augen geführt wird, bittet er ihn, Karl von seinen Taten nichts zu erzählen (»Bruder, was ich dir vorhin erzählt habe, bleibt unter uns, er braucht’s nicht zu wissen«, S. 65, Z. 25f).

Während des Gesprächs deutet sich durch kurze Unterbrechungen an, dass etwas passiert sein muss (z. B. »ich rieche Pulver«, S. 64, Z. 8f). Schwarz kommt angelaufen und berichtet, dass Roller gehängt worden sei (vgl. S. 66, Z. 2). Dies erweist sich allerdings als Irrtum, da Karl Roller noch retten konnte, bei dem Überfall kamen allerdings »Dreiundachtzig« (S. 71, Z. 1) Menschen ums Leben, und so merkt Karl ernst an: »Roller, du bist teuer bezahlt« (S. 71, Z. 3). Schufterle verharmlost das, indem er sagt, dass ja keine Männer gestorben seien, sondern nur »Wickelkinder, […] Mütterchen […], ausgedörrte Ofenhocker, […] – Patienten« (S. 71, Z. 5-8). Karl greift die Aufzählung in umgekehrter Reihenfolge in Form einer Epanodos wieder auf: »Kranke, sagst du, Greise und Kinder?« (S. 71, Z. 13f). Für ihn wird die Tat dadurch aber nicht besser, sondern schlimmer, weil die Opfer des Überfalls wehrlos waren. Als Schufterle dann auch noch erwähnt, dass er einen Säugling verbrannt habe (vgl. 71, Z. 23-29), verbannt Karl ihn für seine Taten (»Fort, Ungeheuer!«, S. 71, Z. 31f).

Als die Räuber von böhmischen Reitern umzingelt werden (S. 72, Z. 20), haben sie nur noch eine Möglichkeit: »wir müssen fechten wie angeschossene Eber« (S. 73, Z. 25f). Doch bevor sie ihren Schlachtplan in die Tat umsetzen können, kommt ein Pater zu ihnen. Dieser beginnt, die Taten der Räuber, die Räuber selbst und vor allem ihren Hauptmann zu verfluchen, doch Karl reagiert gelassen und verspottet den Pater, indem er ihn auffordert, weiterzureden (»Weiter, nur weiter!«, S. 75, Z. 23). Karl bestreitet seine Tat nicht, er zählt anhand von seinen eroberten Ringen sogar noch weitere auf, aber auch hier zeigt sich, dass nur moralisch verkommene Menschen Ziel seiner Überfälle sein sollen (vgl. S. 77, Z. 4-21).

Karls moralische Überlegenheit zeigt sich auch dadurch, dass er das Angebot des Paters, seine Räuber zu verschonen, wenn sie ihn ausliefern (»Bindet ihn, und ihr seid frei«, S. 78, Z. 35), annehmen will. Diese moralische Überlegenheit ist an dieser Stelle allerdings bereits durch die Taten, die in seinem Namen verübt wurden, gebrochen (vgl. Große: 52). Durch seine Opferbereitschaft nimmt er die Räuber aber noch mehr für sich ein, sodass diese bereit sind, ihr Leben zu geben, um ihn zu verteidigen (»Wer kein Hund ist, rettet den Hauptmann!«, S. 80, Z. 25f).

Veröffentlicht am 18. April 2023. Zuletzt aktualisiert am 18. April 2023.