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Kabale und Liebe

Figuren

Figurenkonstellation

Kabale und Liebe – Figurenkonstellation
  • Louise

    16-jähriges, unschuldiges Mädchen aus dem Bürgertum, das sich in den adeligen Ferdinand verliebt. Ihre Beziehung zu ihrem Vater, dem Stadtmusikanten Miller, ist sehr eng und bis zu ihrer Begegnung mit Ferdinand das Wichtigste in ihrem Leben. Ihre Gefühle für Ferdinand sind stark, doch sie ist nicht um jeden Preis bereit, die Standesschranken zu durchbrechen und sich gegen den Wertekanon ihres Vaters und ihrer bürgerlichen Herkunft zu stellen. Von Anfang an hat sie Zweifel an der Zukunft ihrer Liebe. Verglichen mit Ferdinand wirkt sie trotz ihrer Jugend besonnener. Allerdings entspringen ihre Bedenken weniger eigener Einsicht als unreflektierter Unterwerfung unter die bestehenden Autoritäten von Familie, Staat und Kirche. Im Laufe des Dramas entwickelt sich Louise zwar vom naiven Mädchen zur jungen Frau, die sich selbstbewusst gegenüber Lady Milford behauptet, sieht aber dennoch keine Handlungsalternative zum geplanten Selbstmord. Die von Ferdinand geplante gemeinsame Flucht lehnt sie aus Angst um ihren Vater ab. Ihr zartes Empfinden wird ihr damit in gewisser Weise selbst zum Verhängnis, weil es sie anfällig für Manipulation macht und sie der Intrige nichts entgegenzusetzen hat, sondern ihr leichtes Opfer wird.

  • Ferdinand von Walter

    20-jähriger Adeliger mit dem militärischen Dienstgrad eines Majors, Sohn des Präsidenten von Walter. Er soll eines Tages die Stellung seines Vaters am Hof erben und ist darum verpflichtet, eine Frau von Adel zu heiraten. Ferdinand steht den Normen seines Standes kritisch gegenüber und fühlt sich nicht nur durch die Liebe zu Louise zu bürgerlichen Werten hingezogen. Er propagiert Freiheitsideale und liberales Denken und ist in dieser Hinsicht ein typischer Sturm-und-Drang-Held. Allerdings ist er eher ein Mann des Wortes als der Tat, und sein Freiheitsbegriff präsentiert sich vor allem in kühnen Reden. Er liebt Louise, will sie heiraten und sich über alle Standesschranken hinwegsetzen. Dafür ist er bereit, das Leben am Hof, dessen Falschheit und Konventionen ihm ohnehin zuwider sind, hinter sich zu lassen. Sein aufbrausender Stolz und seine leidenschaftliche Natur machen ihn anfällig für die Intrige, die ihn schließlich zum Mord an der geliebten Frau veranlasst. Seine Liebe zu Louise erscheint im Verlauf der Handlung zunehmend als Besessenheit, bei der es ihm mehr um das Ideal einer absoluten Liebe geht, als um seine reale Partnerin, zu deren Wesen auch Vorsicht und Besonnenheit gehören.

  • Präsident von Walter

    Ferdinands Vater, dessen Hauptbestreben es ist, seine Stellung am Hof zu sichern. Er versucht, aus seinen Mitmenschen größtmöglichen Nutzen zu ziehen, und ist es gewohnt, seinen Willen durchzusetzen. Der Präsident ist ein kühler Taktierer und eiskalter Intrigant, der für seine Ziele im wahrsten Sinne des Wortes ›über Leichen geht‹. Auch sein Präsidentenamt hat er, wie man durch Wurms Andeutungen erfährt, mit unlauteren Mitteln erlangt. Sein gesamtes Handeln beruht ausschließlich auf politischen und ökonomischen Interessen. Es ist ihm darum unbegreiflich, dass Ferdinand aus Liebe heiraten möchte, und er kann anfangs auch gar nicht an die Ernsthaftigkeit dieser Liebe glauben. Für ihn gibt es nur zwei Arten von Beziehungen: Ehen, die aus Standesinteresse und politischem Kalkül geschlossen werden, und sexuelle Beziehungen mit unstandesgemäßen Frauen, denen man in keiner Weise verpflichtet ist und die man höchstens mit Geld und Geschenken ›entlohnt‹. Als die Intrige gelingt und er damit für den Tod zweier Menschen verantwortlich ist, versucht er zunächst, seinem Sekretär die alleinige Schuld daran zu geben und zeigt auch hier seine moralische Schwäche. Erst nachdem sein Sohn ihm sterbend verziehen hat, ist er bereit, die Konsequenzen seines Handelns zu tragen und lässt sich verhaften.

  • Miller

    Bürgerliches Familienoberhaupt, das seine Frau und seine Tochter Louise von seinen Einkünften als Stadtmusikant ernährt. Miller ist selbstbewusst und steht stolz zu seinem Status, was sich auch in seiner kraftstrotzenden und volkstümlichen Sprache widerspiegelt. Anders als seiner Ehefrau sind ihm Aufstiegsfantasien fremd. Darum ist er gegen Louises Verbindung mit dem Präsidentensohn; Wurms Werbung um sie ist ihm aber ebenso zuwider. Im Mittelpunkt seines Handelns stehen christliche Werte und Moralvorstellungen. Er liebt seine Tochter geradezu abgöttisch und will ihr darum auch weitgehend freie Hand bei der Wahl ihres zukünftigen Ehemannes lassen, vorausgesetzt, es handelt sich um einen Mann aus dem Bürgertum. Andernfalls fürchtet er, Louise könne ihre bürgerlichen und christlichen Werte verraten. Die Utopie einer Welt, in der über Standesgrenzen hinweg geliebt werden darf, lehnt er ab. Als seine Tochter vom Präsidenten beleidigt wird, stellt er sich dem Adel mutig entgegen und setzt sich für seine einzige Tochter ein. Am Ende des Dramas verzweifelt er angesichts ihres Todes.

  • Frau Miller

    Millers Ehefrau und Louises Mutter. Innerhalb der kleinen Familie hat sie eine untergeordnete Position, was auch dadurch angezeigt wird, dass sie im Stück nur mit ihrem Nachnamen genannt wird. Meist wird sie von ihrem Mann gemaßregelt und sogar unterdrückt. Im Unterschied zu Miller unterstützt sie Louises Liebe zu Ferdinand. Sie hofft für ihre Tochter auf einen gesellschaftlichen Aufstieg. Wie Miller ist allerdings auch sie der Meinung, dass Wurm für ihre Tochter nicht als Bräutigam in Frage komme. Frau Miller ist ängstlich und stets bemüht, Angehörigen des Adelsstandes zu gefallen. Sie weicht auch im Gespräch mit dem Präsidenten zurück. Dabei versucht sie, ihren aufbrausenden Mann zu beruhigen und ihn davon abzuhalten, sich gegen den Adel aufzulehnen.

  • Wurm

    Sekretär des Präsidenten, der Louise heiraten möchte. Schon sein Name charakterisiert sein kriecherisches Wesen. Der verschlagene und manipulative Wurm steht als Figur zwischen dem Adel und dem Bürgertum und findet sich in beiden Welten zurecht. Dabei versucht er, aus jeder Situation persönlichen Nutzen für sich zu ziehen. Seine gute Stellung am Hof bedingt, dass er meistens sofort über die Pläne seines Vorgesetzten Bescheid weiß. Wurm ist es, der die Intrige in Gang bringt und sie am Ende umsetzt, indem er Louise den gefälschten Brief diktiert. Zugleich stellt er sich immer wieder als guten Menschen dar, der Louise helfen will. Sein größter Konkurrent im Drama ist Ferdinand, den er mit allen Mitteln versucht, gegen Louise aufzubringen. Als Ferdinand sich von Louise abwendet und ihr Ruf vollkommen zerstört ist, bietet er ihr an, sie zu heiraten, was sie ablehnt. Am Ende versucht sein Vorgesetzter, der Präsident, ihm die volle Schuld an der Intrige zuzuweisen, was Wurm sich nicht gefallen lässt. Er weist die Schuld zurück und kündigt an, alle Verbrechen am Hof offenzulegen.

  • Lady Milford

    Lebenserfahrene und selbstsichere Mätresse des Herzogs, die sich zu Ferdinand hingezogen fühlt und ihn bewundert, weil er genau wie sie das höfische Leben ablehnt. Sie stammt ursprünglich aus England; ihre adelige Familie wurde jedoch aufgrund eines politischen Konflikts des Landes verwiesen, und ihre Eltern verstarben früh. So kam sie als Waise nach Hamburg, wo sie dem Werben des Herzogs nachgab, um das vertraute höfische Leben wieder aufzunehmen. Die Werte des Adels teilt sie jedoch nicht. Ihre Verbindung zum Herzog hat sie stets genutzt, um ihn zu gerechtem Handeln gegenüber seinen Untertanen zu bewegen. Die Öffentlichkeit sieht in ihr eine hedonistische und ruhmsüchtige Frau, die an ihrer gesellschaftlichen Stellung hängt. In Wahrheit hat sie Mitgefühl mit dem geschundenen Volk. Außerdem sehnt sie sich nach echter Liebe und möchte mit Ferdinand das Land verlassen. Als Ferdinand sie zurückweist, spielt sie aus gekränkten Gefühlen zunächst ihre Macht aus und versucht, Louise zu erniedrigen. Beeindruckt von der Charakterstärke der jungen Frau, verzichtet sie jedoch aus eigenem Entschluss auf Ferdinand und beschließt, ihren Besitz an die Dienerschaft zu verschenken und das Hofleben hinter sich zu lassen.

  • Hofmarschall von Kalb

    Karikatur eines eitlen Hofschranzen, dem eine wichtige Rolle bei der Durchführung der Intrige zukommt. Der Hofmarschall ist ein unterwürfiger Charakter, der vor allem Angst hat, sein gutes Leben am Hof zu verlieren. Der Präsident hält zwar nicht viel von ihm, benutzt ihn aber dennoch als Marionette in seinem geplanten Täuschungsmanöver. Der Hofmarschall liebt das glanzvolle und luxuriöse Leben am Hof. Er kleidet sich übertrieben prunkvoll, tritt gespreizt auf und benutzt beim Sprechen lächerlich viele französische Vokabeln, um damit seine Vornehmheit zu unterstreichen. Da der Präsident durch ein Verbrechen an die Macht gekommen ist, in das auch der Hofmarschall verwickelt ist, ist er abhängig von seinem Vorgesetzten. Sollte dieser seine Stellung verlieren, so wäre das auch das Ende seiner eigenen Karriere am Hof. Dies macht ihn zum idealen Befehlsempfänger und ausführenden Organ des Präsidenten. Als Ferdinand ihn direkt mit dem Brief konfrontiert, knickt er jedoch ein und deckt aus Angst die Intrige auf. Nur weil Ferdinand zu sehr mit seinen Gefühlen beschäftigt ist, um den Verrat zu realisieren, wird der gemeine Plan (zunächst) noch nicht aufgedeckt.

Veröffentlicht am 22. März 2023. Zuletzt aktualisiert am 22. März 2023.