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Kabale und Liebe

Prüfungsfragen

  • Wie stellt Schiller die Welt des Adels und die des Bürgertums in seinem Werk dar?

    Friedrich Schiller stellt die beiden Stände einander gegenüber. Er stellt die Welt des Adels als oberflächlich, berechnend, materialistisch und intrigant dar. Mit dem Bürgertum bringt er authentische Gefühle und christliche Werte in Verbindung. Deutlich wird dies beispielsweise bei einer Gegenüberstellung des Präsidenten und Millers. Beide Väter sind gegen die standesübergreifende Liebe ihrer Kinder. Während Miller dabei aber neben der Durchsetzung seiner eigenen Prinzipien auch das Wohl seiner Tochter im Blick hat, geht es dem Präsidenten ausschließlich um eigene Machtinteressen. Die bürgerliche Welt ist zwar ein kleinerer und engerer Raum als der Hof, aber gleichzeitig ist sie ein Ort, an dem die Figuren ihre Gefühle zeigen und privat sein dürfen. Die Angehörigen des Adels haben im Unterschied dazu vor allem repräsentative Funktionen inne und zeigen sich darum nur in ihrer jeweiligen Rolle, tragen also eine Maske.

  • Welche Frauen im Drama repräsentieren die bürgerliche Welt und was für eine Rolle nehmen sie darin ein?

    Louise und ihre Mutter sind die beiden weiblichen Vertreterinnen des Bürgertums im Drama. Die ungebildete, plumpe Frau Miller wird von ihrem Mann unterdrückt und gemaßregelt. Sie hält sich ausschließlich in der kleinen Welt ihrer Privatwohnung auf und hat keine eigene Stimme in der Frage, wen ihre Tochter heiraten darf. Anders als ihr Mann hat sie nichts gegen die Verbindung von Ferdinand und Louise, auch wenn ihre Unterstützung in erster Linie auf dem eitlen Wunsch basiert, ihre Tochter möge gesellschaftlich aufsteigen. Ihr Mann macht ihr aber deutlich klar, dass ihre Meinung bei dieser Entscheidung nicht zählt. Auch seine Tochter bekommt seine Autorität zu spüren. An ihr hängt er jedoch mit zärtlicher Liebe und verhält sich darum ihr gegenüber milder und freundlicher. Er will ihr die Wahl ihres zukünftigen Ehemannes selbst überlassen, allerdings unter der Voraussetzung, dass es sich um einen Mann aus dem Bürgertum handelt. Darum besitzt auch Louise keine wirkliche Handlungsfreiheit; die Grenzen ihrer Welt und ihrer Zukunftsperspektiven werden durch ihren Vater abgesteckt, und der Unterschied zur Situation ihrer Mutter ist nur graduell.

  • Worin folgt das Drama dem Aufbau der klassischen Tragödie nach Aristoteles und inwiefern unterscheidet es sich davon?

    Das Drama besteht aus fünf Akten und folgt dem aristotelischen Aufbau: der Exposition im ersten Akt, der ansteigenden Spannung im zweiten, der Peripetie (Höhe- und Wendepunkt) im dritten, dem retardierenden Moment im vierten und der Katastrophe im fünften Akt.
    Zu der von Aristoteles geforderten Einheit von Handlung, Zeit und Ort in der Tragödie gibt es indes Abweichungen. Die Einheit der Zeit ist gegeben, denn die Handlung umfasst ungefähr einen Tag. Die Einheit der Handlung aber ist durch die Nebenhandlung um Lady Milford aufgelockert. Da sie allerdings über Ferdinands Figur mit der Haupthandlung verbunden ist, der Zusammenhang klar und transparent ist und das Handlungsgefüge immer noch sehr überschaubar bleibt, gibt es hier keinen großen Bruch mit den aristotelischen Vorgaben. Mit der geforderten Einheit des Ortes aber bricht Schiller deutlich und ganz bewusst. Es geht ihm darum, durch den Wechsel der Schauplätze zwischen höfischer und bürgerlicher Welt immer wieder die Standesschranken zu verdeutlichen und die beiden Lebensräume zu kontrastieren.

  • Welche Figuren lassen sich nicht eindeutig einem Stand zuordnen und warum?

    Der Sekretär Wurm hat als rechte Hand des adeligen Präsidenten eine gute Position am Hof. Sein dortiger Einfluss ist aber eher indirekter Natur, wie die Intrige beweist. Er selbst ist nicht von Adel und will außerdem die bürgerliche Louise heiraten. Damit nimmt er eine Zwischenstellung im Hinblick auf seine Standeszugehörigkeit ein.
    Ferdinand steht aus anderen Gründen als Wurm zwischen dem Adel und dem Bürgertum. Zum einen liebt er die bürgerliche Louise, zum anderen verachtet er den Verhaltenskodex seines Standes und wünscht sich ein authentisches und freieres Leben.
    Lady Milford ist als Mätresse des Herzogs sehr weit oben in der höfischen Hierarchie angesiedelt und rein äußerlich, genau wie Ferdinand, eindeutig dem Adelsstand zuzuordnen. Ebenso wie er ist sie aber trotz ihrer Privilegien mit ihrem Leben unzufrieden und sehnt sich nach einem einfacheren, bürgerlichen Dasein. Sie entscheidet sich schließlich, das höfische Leben hinter sich zu lassen und wechselt damit von der höfischen in die bürgerliche Sphäre. Als einziger Figur im Drama gelingt ihr dieser Übertritt.

  • Worin gleicht »Kabale und Liebe« den beliebten sentimentalen Rührstücken, die etwa zur gleichen Zeit entstanden, und was unterscheidet das Drama von ihnen?

    Beim Publikum waren die sentimentalen Rührstücke der sogenannten »Hausväterliteratur« des späten 18. Jahrhunderts beliebt. Wie »Kabale und Liebe« waren auch sie im bürgerlichen Milieu angesiedelt und handelten meist von Liebes- und familiären Konflikten, und ähnlich wie in Schillers Drama siegten auch hier die bürgerlichen Werte über die Falschheit und moralische Schwäche des Adels. Dabei waren sie in ihrer Anlage aber viel volkstümlicher und weniger differenziert in ihrer Figurendarstellung. Meist stand ein bürgerlicher Patriarch im Mittelpunkt, der nach dem Motto »harte Schale, weicher Kern« gutmütig polternd alle Probleme löste. Dass in Schillers Drama der Vertreter dieses Typus, Louises Vater Miller, durchaus zwiespältig gezeichnet wird und ebenso wie die adeligen Figuren des Stücks in eigenen Vorurteilen gefangen ist, wurde vom Publikum nicht goutiert. Stücke von Autoren wie August von Kotzebue (1761–1819) oder August Wilhelm Iffland (1759–1814) waren leichter konsumierbar und trafen den Publikumsgeschmack besser.

  • Charakterisieren Sie den Hofmarschall und erläutern Sie seine Rolle im Drama.

    Der Hofmarschall ist oberflächlich, eitel und hedonistisch. Sein gespreiztes, affektiertes Auftreten und sein pfauenhafter Aufzug wirken auf das Publikum lächerlich. Er liebt Feste und Vergnügungen und schätzt sein Leben am Hof daher außerordentlich. Auf keinen Fall möchte er seine Position verlieren. Darum gibt er sich gegenüber dem Präsidenten sehr unterwürfig und tut alles, um ihm bei der Durchführung der Intrige von Nutzen zu sein. Seine Mitwirkung dabei ist entscheidend, denn er gibt sich als Louises Liebhaber aus und ruft dadurch Ferdinands Eifersucht hervor. Als dieser ihn jedoch konfrontiert und zum Duell fordert, gewinnt seine Angst die Oberhand. Er gibt die Lüge zu und verrät den Präsidenten. Die Intrige wird lediglich deshalb nicht aufgedeckt, weil Ferdinand blind vor Zorn und unempfänglich für die Erklärungen des Hofmarschalls ist.

  • Inwiefern ist »Kabale und Liebe« ein typisches Werk des Sturm und Drang?

    Zunächst ist es die Zugehörigkeit zur Gattung des Dramas, die »Kabale und Liebe« zu einem charakteristischen Werk dieser Epoche macht. Das Drama ist die bevorzugte Gattung im Sturm und Drang, und seine Autoren berufen sich sowohl auf William Shakespeare als auch auf die Tragödiendichter der Antike und ihre Heldenepen. Hiermit ist bereits der zweite charakteristische Punkt angesprochen: Das heroische Handeln antiker Helden wie Prometheus und ihr tragisches Scheitern wird zum Vorbild tragischer Dramenhandlungen im Sturm und Drang. In »Kabale und Liebe« können die Hauptfiguren ihre Liebe nicht leben und gehen daran am Ende zugrunde. Die Rebellion, die Ferdinand gegenüber seiner Herkunftswelt zeigt, ist ein weiteres Merkmal. Mit dem Aufbegehren ist der Wunsch verbunden, die Gesellschaftsordnung zu ändern. Das Handeln der Protagonisten ist dabei meist ungestüm, impulsiv und leidenschaftlich. Dies äußert sich auch in der Sprache, die entweder von einem hohen Pathos geprägt und dabei sehr emotional ist (im Stück sprechen so vor allem Ferdinand, Louise und Lady Milford) oder sich volkstümlich, derb und direkt zeigt. Die volkstümliche Sprache greift Dialekt, Lautmalerei, umgangssprachliche Wendungen und Kraftausdrücke auf und entspricht damit in »Kabale und Liebe« der Sprache von Louises Eltern.

  • Welche Bedeutung hat die Beziehung zu Louise für Ferdinands Leben?

    Ferdinand von Walter ist der Sohn des Präsidenten und sein einziger Erbe. Somit steht für ihn eine gesicherte Zukunft mit einer Machtposition am Hof in Aussicht. Diese ist ihm jedoch nicht wichtig. Als typischer Sturm-und-Drang-Held möchte er frei und unabhängig von starren Konventionen leben. Sein Handeln ist dabei nicht in erster Linie politisch motiviert. Es geht ihm vor allem darum, seine Liebe zur bürgerlichen Louise leben und sie heiraten zu dürfen, entgegen dem Wunsch seines Vaters nach einer standesgemäßen Ehe mit einer adeligen Frau. Dadurch steht Ferdinand zwischen den beiden Ständen und wendet sich von seiner Herkunftswelt ab. Er stellt seine inneren Werte und die Liebe zu Louise an die erste Stelle. Dabei wird die Liebesbeziehung im Laufe der Handlung allerdings zunehmend zum Ausdruck seines subjektiven, nahezu besessenen »Stürmens und Drängens« und seiner Abwendung vom Adel. Die reale Beziehung zu der geliebten Frau, die berechtigte Zweifel an einer gemeinsamen Zukunft hegt, gerät dadurch in den Hintergrund, und Ferdinands blinde Eifersucht führt schließlich dazu, dass die Intrige gelingt.

  • Welche unterschiedlichen Sprachebenen werden im Drama verwendet und worin besteht ihre Funktion?

    Friedrich Schiller lässt die Figuren in seinem Drama sehr unterschiedliche Sprachebenen verwenden. Von seinem Zeitgenossen Karl Philipp Moritz wurde dies scharf kritisiert und als unglaubwürdig und unrealistisch bezeichnet. Moritz verkannte dabei aber, dass Schiller über die Sprechweisen der Personen ihren jeweiligen Charakter und ihre Handlungsintentionen zum Ausdruck bringen wollte. So spricht beispielsweise Louise, obwohl sie aus dem kleinbürgerlichen Milieu stammt, in einem gehobenen Stil und wechselt zwischen Figurenrede (= Verbalisierung ihrer Gefühle) und an der antiken Tragödie geschultem Pathos. Auch wenn dies angesichts des Vorbilds ihrer Eltern, die sich derb und ungeschliffen ausdrücken, sehr unrealistisch scheint, zeigt es, dass Louise sich durch ihre Liebe zu Ferdinand von der bürgerlichen Welt entfernt. Alle Figuren, die sich eindeutig nur einem Stand zuordnen lassen, bewegen sich auch eindeutig innerhalb einer entsprechenden Sprachebene. Der Hofmarschall etwa kann nur in einem lächerlich gespreizten, affektierten und mit französischem Vokabular gespickten Ton sprechen, während z. B. Frau Miller volkstümlich-derb spricht und mit ihren Versuchen, im Gespräch mit Wurm gebildet zu erscheinen, lediglich Komik erzeugt. Lady Milford hingegen verwendet wie Louise häufig die Figurenrede, obwohl persönliche Gefühlsäußerungen, insbesondere gegenüber einer Angehörigen des Bürgertums, als vollkommen unangemessen für eine Adelige gelten. Damit wird ihre Hinwendung zur bürgerlichen Welt veranschaulicht.

  • Wie unterscheidet sich das Bild, das die Öffentlichkeit von Lady Milford hat, von ihrer wahren Persönlichkeit?

    Die Öffentlichkeit kennt Lady Milford als Mätresse des Herzogs, geht also davon aus, dass sie durch Machtinteressen und einen Hang zu Luxus und Prachtentfaltung motiviert wird. Dementsprechend sieht man sie als typische Vertreterin der höfischen Welt, die humanistischen Werten und christlichen Tugenden keine Bedeutung beimisst. Im Gespräch mit Ferdinand legt Lady Milford indes die wahren Hintergründe für ihre Beziehung zum Herzog offen: Sie stammt aus einer in Ungnade gefallenen, verarmten englischen Adelsfamilie und kam als Waise nach Deutschland. Das Werben des Herzogs war ihre einzige Chance, nicht im Elend zu enden. Die Verbindung mit ihm hat sie stets genutzt, um positiv auf ihn einzuwirken und so das Leben seiner Untertanen zu erleichtern. Dennoch war und ist sie mit ihrem Leben am Hof unglücklich. Persönlich sehnt sie sich nach einem unabhängigen Lebensstil und einer schlichten bürgerlichen Existenz an Ferdinands Seite. Doch ihre Bestrebungen gehen über ihre individuellen Wünsche hinaus; sie hat auch ein soziales Gewissen. Als sie hört, dass das Geschenk des Herzogs an sie durch den Verkauf von Soldaten finanziert wurde, ist sie entsetzt. Sie sorgt dafür, dass die Brillanten verkauft werden und ihr Erlös bedürftigen Menschen zugute kommt. Lady Milford ist konsequent, indem sie ihren Besitz unter ihrer Dienerschaft verteilt, bevor sie den Hof verlässt.

Veröffentlicht am 22. März 2023. Zuletzt aktualisiert am 22. März 2023.