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Kabale und Liebe

Aufbau des Werkes

Das Drama besteht aus fünf Akten und folgt im Wesentlichen dem klassischen Aufbau nach den dramaturgischen Vorgaben des Aristoteles (384–322 v. Chr.).

Im ersten Akt werden die Figuren und Handlungszusammenhänge vorgestellt. Ein Konflikt wird in Gang gebracht, der sich im zweiten Akt verschärft und steigert. Die Intrigen werden geplant, sodass der Spannungsbogen im dritten Akt seinen Höhe- und Wendepunkt (Peripetie) erreicht und das tragische Missverständnis seinen Lauf nehmen kann. Im vierten Akt wird mit dem Geständnis des Hofmarschalls gegenüber Ferdinand ein retardierendes Moment eingebaut, das seinen Zweck jedoch verfehlt, da Ferdinand den Hofmarschall missversteht. Auch das vorgespielte Einverständnis des Präsidenten zur Hochzeit seines Sohnes mit Louise gehört zu diesem verzögernden Element, bevor es im fünften und letzten Akt mit dem Tod der Liebenden zur Katastrophe kommt. Diese ermöglicht zugleich die Auflösung der Intrige und die Bestrafung ihrer Initiatoren, sodass das grausame Ende, das Furcht und Mitleid hervorruft, auch eine »Katharsis« beim Publikum erzeugt. 

Aristoteles forderte darüber hinaus für die Tragödie die Einheit von Ort, Zeit und Handlung. Während die Einheit der Zeit – die Handlung spielt sich innerhalb eines Tages ab – eingehalten wird, gibt es bei der Einheit der Handlung eine Abweichung. Neben der Haupthandlung, die um Ferdinand und Louise und die mit ihrer Liebesgeschichte verbundene Intrige kreist, gibt es eine Nebenhandlung um Lady Milford und ihren Wunsch nach einem bürgerlichen Leben. Zwar ist sie über ihre Liebe zu Ferdinand und die Tatsache, dass sie als Louises Nebenbuhlerin auftritt, mit der Haupthandlung verbunden; dennoch handelt es sich hier um einen Nebenstrang, der für die Entwicklung der Intrige nicht erforderlich wäre.

Der erste und zweite Akt bestehen aus jeweils sieben Szenen, der dritte aus sechs, der vierte aus neun und der fünfte aus acht Szenen. Auffällig ist , dass innerhalb der ersten drei Akte die Schauplätze wechseln und es sowohl höfische als auch bürgerliche Handlungsorte gibt. Dies ist die wichtigste Abweichung vom aristotelischen Schema, der damit auch besondere Bedeutung zukommt: Die Gegenüberstellung beider Räume bringt den Antagonismus der beiden Stände Bürgertum und Adel zum Ausdruck. 

Der vierte Akt spielt sich dann ausschließlich am Hof in den Räumen des Präsidenten und Lady Milfords ab, während der fünfte nur in der kleinbürgerlichen Welt der Familie Miller angesiedelt ist, eine »Konzentration«, die »die Bedeutung dieser Handlungsorte [betont]« (Krischel, Abschnitt 3.3). Volker Krischel fährt fort: 

Akt IV zeigt die Auswirkung der Intrige des Adels auf den Adligen Ferdinand; logischerweise spielt sie nur in der adligen Welt. In Akt V ereignet sich die Katastrophe, die durch das „Eindringen“ der Adelswelt in die Bürgerwelt entstanden ist. Daher ist es nur konsequent, das „Finale“ in der Bürgerwelt spielen zu lassen. Somit beginnt und endet das Liebesdrama auch szenenmäßig in der bürgerlichen Welt. (ebd.)

Veröffentlicht am 22. März 2023. Zuletzt aktualisiert am 22. März 2023.