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Liebelei

1. Akt

1. Akt (Schauplatz: Fritz‘ Wohnung):

Zusammenfassung:

Die beiden jungen, großbürgerlichen Männer Theodor und Fritz sprechen in Fritz‘ Wohnung über Liebe, Beziehungen und insbesondere über Fritz‘ Affäre mit einer verheirateten Frau. Um seinen Freund von dieser Affäre abzulenken und abzubringen, lädt Theodor die zwei ebenfalls jungen, aber aus dem Kleinbürgertum stammenden Frauen Christine und Mizi in Fritz‘ Wohnung ein.
Sowohl zwischen Christine und Fritz als auch zwischen Mizi und Theodor bahnt sich eine Beziehung an. Das Verhältnis zwischen Theodor und Mizi dient dem beiderseitigen Amüsement und ist zeitlich begrenzt, was so auch von beiden Beteiligten akzeptiert und gewollt ist. Jene zeitliche Begrenzung ist auch von Fritz intendiert, seine Partnerin Christine sieht in ihm allerdings ihre große Liebe.
Im Laufe des Abends klingelt es an der Tür, welche Fritz öffnet, während die Gäste in einem Nebenzimmer warten sollen. Bei dem Unbekannten an der Tür handelt es sich um den Ehemann der Frau, zu der Fritz eine Affäre unterhält. Nachdem er den Betrug entdeckt und Fritz als Mitschuldigen identifiziert hat, konfrontiert der Herr ihn nun mit den Beweisen – es handelt sich dabei um Liebesbriefe, die Fritz der Frau geschrieben hat. Darüber hinaus verlangt er die Briefe der Frau an Fritz und fordert den Konkurrenten zum Duell heraus, das am nächsten Tag stattfinden soll.
Anschließend verlässt der namenlose Mann die Wohnung zornig und Fritz berichtet Theodor von der Begegnung. Dieser versucht, den aufgelösten Freund zu beruhigen, während die beiden Frauen über die Unterhaltung mit dem fremden Herrn im Unklaren gelassen werden. Der Akt endet damit, dass Theodor, Christine und Mizi aus der Wohnung treten.

Analyse:

Die zugrundeliegende Motivation, aus der sich der weitere Handlungsverlauf ergibt, besteht in dem Bemühen Theodors, seinen Freund Fritz von der Liaison mit der verheirateten Frau abzubringen, indem er ihn mit der jungen Christine ablenkt. Dabei wird auch sein Frauenbild zum Ausdruck gebracht: Er hält die »interessanten Weiber« für gefährlich, kompliziert und anstrengend. Daher bevorzugt er die »süßen Mäderln«, zu denen er auch Christine und Mizi zählt. Außerdem sind seine Beziehungen auf Amüsement und eine begrenzte Dauer ausgelegt (»Ja, richtig – so lange währt die ewige Liebe nicht«).
Von dieser Auffassung will er auch Fritz überzeugen, der allerdings nicht so sicher und abgeklärt erscheint wie sein Freund. Vielmehr scheint er aus dieser Rolle ausbrechen zu wollen, wie sich bereits im ersten Akt andeutet, als er beispielsweise in Bezug auf Christine anmerkt: »Sie ist wirklich ein Schatz. So anhänglich, so lieb. Manchmal scheint mir fast, zu lieb für mich.« Deutlich wird hier, dass er Christine für ihren Charakter schätzt, nicht bloß für die Rolle des süßen Mädels, das hier zu erfüllen ist. Unterstrichen wird diese These durch die Feststellung »so anhänglich, so lieb«. Indem er sich fragt, ob sie »zu lieb« für ihn sei, wird das ambivalente Verhältnis zu Christine offensichtlich: Zwar schätzt Fritz Christine für ihren lieben, süßen Charakter und doch ist er sich bewusst, dass es kein Entkommen aus den festgelegten Rollenbildern gibt und er Christine in ihr Verderben stürzen wird. Dass Fritz mit der ihm zugedachten Rolle unzufrieden ist und sich nach wahrhaftiger Liebe sehnt, aber keinen Ausweg findet, wird auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er Christines Fragen ausweicht und sich nicht öffnen will oder kann, er allerdings ebenfalls Fragen an Christine stellt, um sie näher kennenzulernen (»Was machst du eigentlich so den ganzen Tag?«).
Indes wehrt sich Christine gegen die ihr zugedachte Rolle: Für sie stellt Fritz ihre erste, große und einzige Liebe dar – ein auf Amüsement ausgelegtes Liebesverhältnis ist ihr zuwider, da es für sie nach Fritz keinen anderen Mann geben kann (»Ich denke immer an dich… den ganzen Tag… und froh kann ich doch nur sein, wenn ich dich seh‘!«). Daher macht sie ihre Liebe deutlich, will sich der Liebe des Geliebten versichern und verhält sich darüber hinaus misstrauisch und stellt Fragen. Sie fällt damit aus der Rolle des süßen Mädels, das im Idealfall keine Fragen stellt oder Diskussionen führt – die Beziehung zu diesem Typus soll einfach und ohne Aufregungen verlaufen. Dass die Unterhaltung zwischen Fritz und dem namenlosen Herrn am Ende vor den beiden Frauen verschwiegen wird, dient eben diesem Zweck – die Liebschaften sollen oberflächlich, unkompliziert und rein bleiben. Im Gegensatz dazu fügt sich Mizi wohlwollend in das Schicksal als süßes Mädel ein. Sie ist sich bewusst, dass die Beziehung zu Fritz enden wird (»Wer wird denn im Mai an den August denken«), legt Wert auf gegenseitige Freiheit und zieht für sich ihre finanziellen und sexuellen Vorteile aus diesem Arrangement.
Auffällig ist die Forderung des namenlosen Herrn zum Duell: Dieser Zweikampf resultiert nicht aus Liebe oder aus Furcht davor, die geliebte Frau zu verlieren, sondern hauptsächlich aus gesellschaftlichen Zwängen und Erwartungen. Der Herr fürchtet, seine gesellschaftliche (und persönliche) Ehre könne durch den Betrug der Frau schaden nehmen, sollte die Affäre publik werden. Aus diesem Grund fordert der Mann die Liebesbriefe der Frau an Fritz zurück: Es handelt sich hierbei um Beweisstücke, die vernichtet werden müssen, bevor sie an die Öffentlichkeit gelangen (»Ich will nicht, daß man sie – später bei Ihnen findet«). Da Fritz die Briefe nicht herausgibt, muss der Herr das Duell verlangen.

Veröffentlicht am 31. Mai 2022. Zuletzt aktualisiert am 27. September 2022.