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Homo faber

Der Roman »Homo faber« stammt aus der Feder des Schweizer Autors Max Frisch und wurde im Jahre 1957 veröffentlicht. Darin berichtet die Hauptfigur Walter Faber, ein Ingenieur mit streng rationalistischem Weltbild, von Ereignissen seines Lebens, die eben dieses technisch-naturwissenschaftliche Weltbild ins Wanken bringen und entscheidende Grundfragen menschlicher Existenz nach Schicksal, Entscheidungsfreiheit und Gestaltungsmöglichkeiten des Individuums […]

Werkdaten

Titel
Homo faber
Autor
Gattung/Textsorte
Erscheinungsjahr
1957
Originalsprache
Deutsch
Literarische Epoche oder Strömung

Inhaltsangabe

Der Roman »Homo faber« stammt aus der Feder des Schweizer Autors Max Frisch und wurde im Jahre 1957 veröffentlicht. Darin berichtet die Hauptfigur Walter Faber, ein Ingenieur mit streng rationalistischem Weltbild, von Ereignissen seines Lebens, die eben dieses technisch-naturwissenschaftliche Weltbild ins Wanken bringen und entscheidende Grundfragen menschlicher Existenz nach Schicksal, Entscheidungsfreiheit und Gestaltungsmöglichkeiten des Individuums aufwerfen. Zeitlich angesiedelt ist der Roman Ende der 1950er Jahre. Seine Schauplätze reichen von europäischen Metropolen wie Paris und Athen über die Vereinigten Staaten bis nach Mittel- und Südamerika.


»Homo faber« beginnt mit der Schilderung der Notlandung eines Propellerflugzeuges in der mexikanischen Wüste. An Bord befindet sich neben dem Schweizer Ingenieur und UNESCO-Entwicklungshelfer Walter Faber auch der Mitreisende Herbert Hencke. Während die Passagiere auf Hilfe warten, stellt sich in Gesprächen heraus, dass Hencke der Bruder von Fabers Jugendfreund Joachim ist. Joachim Hencke hatte Walters Jugendliebe Hanna Landsberg nach ihrer Trennung von diesem geheiratet. Wie Faber jetzt von Joachims Bruder Herbert erfährt, hielt die Ehe jedoch nur wenige Jahre. Weil Herbert lange Zeit nichts mehr von Joachim gehört hat, der in Guatemala im Auftrag einer deutschen Firma eine Tabakplantage leitet, hat er entschieden, seinen Bruder persönlich aufzusuchen. Nachdem die Passagiere einige Tage in der mexikanischen Wüste verbracht haben, werden sie schließlich gerettet – spontan beschließt Faber in dieser Situation, Herbert Hencke auf der Suche nach dessen Bruder Joachim zu begleiten; vielleicht in der Hoffnung, dadurch größere Klarheit über seine damalige Trennung von Hanna und über ihr späteres Schicksal zu gewinnen. Nach einer abenteuerlichen Fahrt durch Dschungel- und Sumpfgebiete erreichen sie schließlich die Plantage, wo sie Joachim erhängt in seiner Unterkunft auffinden.

Faber fliegt daraufhin weiter zur Betreuung eines Bauprojektes nach Venezuela, seiner ursprünglichen Destination. Nach abgeschlossener Arbeit kehrt er zurück nach New York, wird der Stadt jedoch bald überdrüssig, weil ihn hier seine Geliebte Ivy mit Heiratsplänen bedrängt. Um Ivy, von der er sich innerlich bereits getrennt hat, zu entkommen, bucht er eine Schiffsreise nach Europa, wo er in Paris an einem Kongress teilnehmen will. Die Reise wird zu einer Schicksalsfahrt, denn an Bord lernt »Homo Faber«, wie ihn seine Jugendliebe Hanna in Anspielung auf sein rationalistisches Weltbild und seine Ingenieurstätigkeit genannt hatte, eine junge Frau kennen, die ihn ungewöhnlich stark an Hanna erinnert: Elisabeth Piper, genannt Sabeth. Fasziniert von der blonden Frau, sucht er immer wieder das Gespräch mit ihr, versucht aber nicht, ihr auch körperlich näher zu kommen. An seinem 50. Geburtstag, kurz vor der Ankunft des Schiffes in Le Havre, macht er ihr allerdings einen Heiratsantrag – Sabeth sagt weder ja noch nein. Sie verabschieden sich, laufen sich jedoch schon kurz darauf in Paris wieder über den Weg. Faber beschließt, Sabeth auf dem Weg zu ihrer Mutter nach Athen zu begleiten. Die Fahrt wird zu einer elegischen und gefühlvollen Reise quer durch Südfrankreich, Italien und Griechenland. In Avignon verbringen die beiden, überwältigt vom Erlebnis einer Mondfinsternis, ihre erste gemeinsame Nacht. Später erfährt Walter durch Sabeths Erzählungen, dass sie die Tochter von Hanna Landsberg ist – er verdrängt jedoch die Vorstellung, dass sie auch seine eigene Tochter sein könnte. Zwar war Hanna schwanger, als er sich von ihr getrennt hatte, die beiden hatten aber damals gemeinsam mit dem Arzt Joachim Hencke den Schwangerschaftsabbruch besprochen. Walter kommt nicht auf die Idee, dass Hanna nach der Trennung von ihm anders entschieden haben könnte. So stolpert er sehenden Auges in eine inzestuöse Beziehung mit Sabeth hinein.

In Akrokorinth kommt es zur Katastrophe, als Sabeth von einer Schlange gebissen wird, während Faber im Meer schwimmen geht. Faber hört Sabeths Schreie und eilt herbei, doch sie weicht vor dem nackten Mann zurück und stürzt dabei eine Böschung hinunter. Sie ist bewusstlos und Faber vermutet, dass sie mit dem Hinterkopf aufgeschlagen ist. Faber bringt sie in ein Athener Krankenhaus, wo ihr ein Gegengift gespritzt wird – ihre Kopfverletzungen bleiben jedoch aufgrund von Fabers Schweigen unentdeckt. An ihnen stirbt Sabeth schließlich im Krankenhaus. In der Klinik trifft Faber auf Hanna – 21 Jahre nach ihrer letzten Begegnung – und erfährt, dass Sabeth seine eigene Tochter ist. Die Ereignisse veranlassen Faber, seine Lebenseinstellung gründlich zu überdenken und bringen ihn schließlich zu dem Entschluss, einen Schnitt zu machen und sich und sein Leben zu wandeln. Er will Hanna heiraten und in Athen bleiben, muss zuvor jedoch noch sein Bauprojekt in Venezuela abschließen. In Caracas wird er von heftigen Magenschmerzen überfallen, die ihn ans Hotelbett fesseln. Hier schreibt er seinen »Bericht« über die zurückliegenden Ereignisse, die zugleich den ersten Teil des Romans ausmachen, die »Erste Station«.

Der zweite Teil oder die »Zweite Station« des Berichts entsteht dann im Krankenhaus von Athen, wo Faber, dessen Symptome auf Magenkrebs hinweisen, auf seine Operation wartet. In diesem zweiten Teil zieht er ein Resümee seines Lebens, regelt seine Hinterlassenschaften und beschließt – wozu ihn auch ein kurzer Aufenthalt in Havanna veranlasst hat – sein Leben radikal zu verändern, es mehr zu genießen und bürgerlichen Lebensvorstellungen zu entsagen. Er kündigt seine Stelle bei der UNESCO, um ein einfaches und glückliches, bescheidenes Leben mit Hanna zu führen, ein Leben, wie es die Kubaner seiner Auffassung nach führen. Der Bericht endet kurz vor der Operation Fabers.


Der Roman »Homo faber« bedient sich einer trockenen, sachlich-kühlen Sprache, wie sie zum Ich-Erzähler Walter Faber, einem fortschrittsgläubigen Technokraten, passt. Erst die Begegnung mit Sabeth und die schicksalhaften Ereignisse veranlassen ihn, sein rein rationalistisches Weltbild in Frage zu stellen – die Revision seiner schon zwanghaft nüchternen Anschauungen auch persönlich in seinem Leben umzusetzen und ihm mehr Raum für Kunst, Gefühl und Magisches einzuräumen, bleibt ihm durch seine tödliche Krankheit jedoch versagt.

Veröffentlicht am 27. Februar 2012. Zuletzt aktualisiert am 27. September 2022.

Autor des Werkes

Schweizer Dramatiker und Romanautor
Max Rudolf Frisch (1911–1991) war ein Schweizer Schriftsteller und Architekt.

Kurze Zusammenfassung

Der Roman umfasst zwei »Stationen«. Eine direkte Einteilung in Kapitel gibt es nicht; durch Absätze (Leerzeilen) lassen sich aber Unterabschnitte erkennen.

Der Ingenieur Walter Faber, Protagonist und Verfasser des »Berichts«, lernt auf einer Schiffsreise eine junge Frau (Sabeth) kennen und verliebt sich in sie. Bei einem Aufenthalt in Paris trifft Faber Sabeth wieder und begleitet sie nach Griechenland, wo Sabeth ihre Mutter besuchen will. In Frankreich kommt es zu einer Liebesnacht zwischen den beiden. Allmählich wird Faber klar, dass Sabeth seine leibliche Tochter ist und ihre Mutter seine frühere Geliebte Hanna, die er seinerzeit verlassen hatte, als sie schwanger wurde. Entgegen der Absprache hat Hanna das gemeinsame Kind aber nicht abtreiben lassen.

In Griechenland kommt es zu einem Unfall, an dessen Folgen Sabeth stirbt. Faber selbst trifft Hanna wieder. Er muss sich in Athen in ein Krankenhaus einweisen lassen, um sich einer Magenoperation (Krebs) zu unterziehen. Er überlebt diese Operation nicht.

Chronologie und Schauplätze

Der Handlungskern umfasst rund fünf Monate (März bis Juli 1957), die Vorgeschichte geht aber bis in die Jahre 1934–1936 zurück. Die Chronologie wird durch Rückblenden (Vorgeschichte) und Vorgriffe unterbrochen, es kommt also nicht zu einem linearen Erzählprozess.

Handlungsorte sind u. a. New York, Caracas, Frankreich, Italien, Kuba und Griechenland, Stadt-, Dschungel- und Wüstenlandschaften.

Die »innere Dramaturgie« des Erzählprozesses wird über Motive, Motivverbindungen, thematische Komplexe, metaphorische Elemente und Symbole aufgebaut.

Hauptpersonen

Walter Faber:

  • 50 Jahre alt, Ingenieur, für die UNESCO tätig
  • Er lebt in der Welt der Vernunft, des Berechenbaren, der Mathematik; die Natur, die Sinnlichkeit und das Emotionale sind ihm eher fremd.
  • Er leidet häufig unter starken Magenschmerzen, ignoriert seine Krankheit aber lange.

Hanna:

  • Hanna Landsberg ist als Kontrastfigur zu Faber angelegt.
  • Sie ist temperamentvoll, spontan und willensstark.
  • Als »Halbjüdin« flieht sie zur Zeit des Nationalsozialismus aus Deutschland.
  • Sie hat Kunstgeschichte studiert und arbeitet am Archäologischen Institut in Athen.

Sabeth:

  • Sabeth (eigentlich: Elisabeth), 20 Jahre alt, ist ambivalent angelegt.
  • Sie interessiert sich für Kunst, begeistert sich auf der Reise mit Faber für Natur und Landschaft, ist aber auch mit Attributen zeitgenössischer Jugendlichkeit ausgestattet.

Zeitgeschichtlicher Hintergrund

Max Frisch lebte von 1911 bis 1991, die meiste Zeit in Zürich.

Der Zweite Weltkrieg ist bei Erscheinen des Romans zwölf Jahre vorbei. An seine Stelle ist der »Kalte Krieg« getreten, in Deutschland setzt die Phase des »Wirtschaftswunders« und der »Restauration« ein.

»Homo faber« erscheint 1957. Zuvor sind bereits einige Theaterstücke Frischs zur Aufführung gekommen, und auch sein Roman »Stiller« ist schon erschienen (1954).

Entstehung und Quellen

Als eine Quelle des Romans wird eine Skizze in Frischs Tagebuch aus dem Jahre 1946 angesehen. Bedeutender sind aber wahrscheinlich Eindrücke von den Reisen, die Frisch zur Zeit der Entstehung des Romans unternahm, so etwa in die USA, nach Italien, Griechenland und Kuba.

Stil und Sprache Frischs

  • Untertitel des Romans: »Ein Bericht«
  • »Rollensprache«, die durch die Sprache des erzählenden (berichtenden) Ingenieurs Walter Faber geprägt ist.
  • häufig ein nüchterner, trockener, vom Nominalstil dominierter Sprachgebrauch
  • Typenbezeichnungen, Produktnamen und Übernahmen aus dem Anglo-Amerikanischen

Mit den Veränderungen der Hauptfigur im Laufe der Erzählung gehen teilweise Veränderungen der Sprache einher, so etwa eine Neigung zum Bildlichen.

Interpretationsansätze

Als Interpretationsansätze bieten sich an:

  • die Bildnisthematik,
  • die Bezüge zur antiken Mythologie (Anspielungen, Verweise, Namen),
  • im Kontext damit die Frage nach der Schuld Fabers, hier besonders im Vergleich zu Ödipus (Inzestproblematik, Selbsterkenntnis, Verantwortung und Schicksal).

Lektürehilfe

Königs Erläuterungen zu »Homo faber«

Verlässliche Interpretationshilfe
Mit ausführlicher Inhaltsangabe, Informationen zur Textanalyse und Interpretation sowie Prüfungsaufgaben mit Musterlösungen.
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