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Ein Sommernachtstraum

Rezeption und Kritik

»Ein Sommernachtstraum« gilt heute als die bekannteste und am häufigsten gespielte Komödie William Shakespeares. Diese Erfolgsgeschichte beginnt bereits zu Lebzeiten des Dichters. Der Beleg findet sich auf der Titelseite der Quartoausgabe von 1600, wo vermerkt ist, dass das Stück öfter und an unterschiedlichen Orten gespielt wurde. Änderungen in Nachdrucken lassen auf Überarbeitungen anlässlich von Neuinszenierungen schließen. (Ulm, 77)

Die strenggläubige Herrschaft der Puritaner bedeutete eine Pause für das Theatertreiben. Erst unter Charles II. konnte das Theater neuen Aufschwung erlangen. Die Zeit hatte jedoch ihre Spuren hinterlassen und somit die Bühnentechnik sowie das Publikum und dessen Geschmack stark verändert. Auch »Ein Sommernachtstraum« blieb davon nicht verschont. Das Stück wurde mit Operettenmusik und Tanz ergänzt, während die Handlung weitreichenden Kürzungen und Vereinfachungen unterzogen wurde. 1662 äußerte sich Samuel Pepys mit einem vernichtenden Urteil zu einer solchen Aufführung. Das mag darauf zurückzuführen sein, dass auf ganze Personengruppen und damit die Komplexität des Dramas verzichtet wurde. Die Lücke zum Original wurde somit immer größer. (ebd. 77f.)

Erst unter der Initiative von Madame Vestris entstand 1840 eine Aufführung, die sich hauptsächlich am Original orientierte. Von diesem Zeitpunkt an wurde wieder Shakespeares Version gespielt, allerdings basierend auf einem weiten Spektrum unterschiedlicher Interpretationen. Die Inszenierung von Peter Brooks Stratforder aus dem Jahr 1970 traf auf überwiegend positive Kritik. Statt Kulisse und Bühnentechnik stellte er den Text zurück in den Vordergrund. Zusätzlich lag der Fokus auf dem Herrscherpaar, denn er fasste Titania und Hippolyte sowie Oberon und Theseus zu jeweils einer Figur zusammen. Günther Jarfe erklärt den späten Erfolg des Stückes darin, dass seine Komplexität durch die Durchmischung von elisabethanischer Ordnung, griechischer Mythologie und Integration verschiedener Stände mit der Zeit vor dem 19. Jahrhundert schwer vereinbar war (Jarfe, 73).

Die deutsche Begeisterung für den »Sommernachtstraum« übertraf die aller anderen europäischen Länder. Bereits im frühen 17. Jahrhundert brachten englische Schauspieltruppen die Komödie nach Deutschland. Eine erste Version in deutscher Sprache wurde 1663 von dem Barockdichter Andreas Gryphius entwickelt. Im 18. und 19. Jahrhundert gehörte das Werk zu den beliebtesten Komödien. Die Naturverbundenheit und Feenwelt faszinierte insbesondere die Romantiker. August Wilhelm von Schlegel, Ludwig Tieck und Wolfgang Graf von Baudissin arbeiten an einer Übersetzung des Gesamtwerkes, die 1833 veröffentlicht wurde. Obwohl sich auch danach noch weitere Literaten an eine Übersetzung wagten, bleibt Schlegels in Sprache, Dichtung und Inhalt herausragend. (Ulm, 79f.)

Auch die Übertragung in andere europäische Sprachen folgte bereits wenige Jahre nach Shakespeares Tod. Heute ist »Ein Sommernachtstraum« in allen Weltkultursprachen erhältlich. Außerdem wird er nicht nur von Profis, sondern auch von zahlreichen Laienschauspielgruppen auf die Bühne gebracht. Mit seinem Bezug zu einer Sommernacht im Wald eignet es sich hervorragend für Freiluftinszenierungen. Doch auch Schulklassen versuchen sich an dem Drama, zum Beispiel im Rahmen des Englisch-Unterrichts. Wie schon zu seiner Entstehungszeit spricht Shakespeare nach wie vor unterschiedlichste Personengruppen an.

Weiterhin wurde das Werk wie kein anderes der Weltliteratur in unzählige Medien übertragen (ebd., 79). 1692 entstand eine Oper von Henry Purcell unter dem Titel »The Fairy Queen«. Felix Mendelssohn-Bartholdy schrieb 1826 eine Ouvertüre und 1843 eine Schauspielmusik zum Thema. Der Bezug zu Musik und Tanz im Drama inspiriert noch zahlreiche weitere Künstler. Seit 1937 wagt sich auch die Film- und Fernsehproduktion an den »Sommernachtstraum«, folgt dabei aber genauso wie die Theaterwelt teilweise ihren ganz eigenen Interpretationen: so zum Beispiel in Woody Allens »A Midsummer Night’s Sex Comedy«. Berühmt wurde die Hollywood-Produktion von Michael Hoffmann aus dem Jahr 1999.

Veröffentlicht am 30. Juni 2023. Zuletzt aktualisiert am 30. Juni 2023.