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Ein Sommernachtstraum

3. Aufzug

Zusammenfassung

1. Szene
Die Handwerker treffen sich zu ihrer Probe im Wald unweit von der schlafenden Titania. Sie diskutieren darüber, wie sie das Schauspiel darstellen können, ohne die Frauen zu erschrecken. Droll beobachtet die Probe und verwandelt Zettel, der darauf einen Eselskopf trägt. Seine Kollegen erschrecken vor ihm und suchen das Weite, während er selbst nicht weiß, was vorgefallen ist. Er glaubt daher, dass seine Kollegen ihn ärgern und ängstigen wollen. Dem will er sich nicht geschlagen geben, sodass er an Ort und Stelle verharrt und zu singen beginnt. Daraufhin erwacht Titania, die sich aufgrund des Liebestranks augenblicklich in Zettel verliebt. Sofort will sie ihn in ihren Kreisen aufnehmen und stellt Elfen als seine Diener an. Zettel macht sich mit den Elfen bekannt. Auf Titanias Liebesgeständnis reagiert er mit dem Vermerk, dass Vernunft und Liebe nicht zusammen existieren könnten. Titania führt sie an einen anderen Ort.

2. Szene
Droll berichtet Oberon von seinen Streichen. Demetrius und Hermia treten auf. Da Hermia sich das Verschwinden ihres geliebten Lysanders nicht erklären kann und er sie ihrer Meinung nach niemals verraten würde, wirft sie Demetrius vor, er habe Lysander umgebracht. Demetrius verneint dies. Als die aufgebrachte Hermia sich davon macht, sieht Demetrius keinen Sinn darin, ihr in diesem Zustand zu folgen und legt sich schlafen.

Oberon erkennt, dass Droll den Falschen erwischt hat und wirft ihm vor, das Liebespaar auseinander gebracht zu haben. Er beauftragt ihn, Helena herzulocken. Indessen verzaubert Oberon Demetrius, sodass er sich bei Helenas Anblick in sie verliebe. Droll macht sich auf und kehrt mit Helena und Lysander zurück. Das offensichtliche Durcheinander scheint ihn zu belustigen.

Lysanders Schwärmen für Helena wird zu ihrer Plage. Als Demetrius erwacht, wirbt auch er mit bildhaften Umschreibungen für Helena. Diese fühlt sich verspottet und glaubt nicht an die Aufrichtigkeit der Männer, da sie in dem festen Glauben steht, von ihnen gehasst zu werden. Lysander und Demetrius streiten sich um Helena und leugnen beziehungsweise verabschieden sich von der Liebe zu Hermia. Als Hermia hinzu kommt, sagt sich Lysander offiziell von ihr los. Helena vermutet darin ein Komplott der drei, die sich gegen sie verschworen haben. Besonders Hermia wirft sie vor, ihre Freundschaft und das ganze weibliche Geschlecht zu verraten. Diese weiß nicht, wie ihr geschieht. Obwohl Helena die Verwirrung hinter dem plötzlichen Sinneswandel der Männer auf den Punkt bringt, zieht sie die falschen Schlüsse. Schließlich gibt sie auf und will gehen. Lysander und Demetrius streiten sich allerdings weiter um sie und Lysander stößt Hermia von sich. Diese ist schockiert und es entfacht sich ein Streit zwischen den beiden Frauen. Helena gesteht, dass sie Demetrius von dem Fluchtplan erzählt habe und erkennt ihre eigene Naivität. Hermia schickt sie fort, aber Helena kann sich nicht von Demetrius trennen. Die Vier zanken weiter, wobei Hermias bescheidene Größe plötzlich zum Argument wird. Schließlich machen sich Lysander und Demetrius davon, um sich zu duellieren. Auch Helena geht, um Hermia nicht länger sehen zu müssen. Diese ist fassungslos über das Geschehene und eilt ihrer Freundin hinterher.

Oberon macht Droll für die Missverständnisse und Streitereien verantwortlich. Der sieht sich nicht als Schuldigen, schließlich sei Lysander ein Athener. Obendrein findet er das Ganze ausgesprochen lustig. Oberon beauftragt ihn, Lysander und Demetrius auseinander zu treiben, um einen Kampf zu verhindern. Außerdem soll er Lysander das Gegenmittel verabreichen. Oberon will währenddessen Titania von ihrem Zauber befreien. Die Zeit drängt, da die Nacht sich bereits dem Ende neigt.

Droll verstellt seine Stimme, sodass Lysander und Demetrius den vermeintlichen Rufen des jeweils anderen hinterherjagen. Dadurch entfernen sie sich voneinander. Sie werden müde und schlafen ein. Auch Helena und Hermia sind von den Strapazen mitgenommen und legen sich schlafen. Helena will vergessen und den Schlaf nutzen, um sich für eine Weile sich selbst zu entziehen. Hermia sendet Lysander Schutz, bevor auch sie einschläft. Droll träufelt Lysander das Gegenmittel in die Augen, auf dass dieser zu seiner wahren Liebe zurückfindet.

Analyse

Mit der Probe im Wald begeben sich auch die Handwerker in das Reich der Feen und Geister, die hier die Oberhand haben. Das zeigt sich auch räumlich an ihrer Nähe zur schlafenden Titania und zu Droll, der das Treiben beobachtet. Titania stellt diese Verbindung zusätzlich mit ihrer Zuneigung zu Zettel her. Der Handlungsstrang der Handwerker wird so mit der übergeordneten Struktur der Liebesquartette verknüpft.

Die Versuche der Handwerker, das Stück möglichst realistisch darzustellen, gepaart mit der Annahme, einen Löwen und einen Selbstmord könnten die weiblichen Zuschauer nicht ertragen, scheinen nahezu lächerlich und stehen im Kontrast zur eigentlichen dramaturgischen Raffinesse Shakespeares. Damit sorgen sie jedoch für Witz und Unterhaltung. Der Dialog ist hier wieder in Prosa gesetzt. Auch die Eigenheit, richtige durch ähnlich klingende, den Sinn aber verfehlende Wörter zu ersetzen, wird erneut aufgegriffen. Dieses Stilmittel bezeichnet man als Malapropismus. Dem Mond wird in dieser Szene abermals eine hohe Bedeutung beigemessen, soll er doch im dargestellten Stück in Erscheinung treten. Die Aufregung darüber zeigt sich in Zettels Ausrufen: »Einen Kalender! Seht in den Almanach! Suchet Mondschein!« (28) Seine Darstellung durch eine Person mit Laterne und Dornbusch passt zu dem eher handfesten Theaterverständnis der Laiengruppe.

Wie in seinen Worten schon angekündigt, wird Droll zum passiven Mitspieler des Spektakels, verwandelt Zettel und verpasst ihm einen Eselskopf. Zettel registriert seine Verwandlung allerdings nicht. Seine Worte erhalten eine auf Unwissenheit beruhende Doppeldeutigkeit: »Ich merke ihre Schelmerei; sie wollen einen Esel aus mir machen, [...]« (31). Titanias Formulierungen in Versen bilden einen Kontrast zur Sprache des Handwerkers. Zettels Erwiderung auf ihr Liebesgeständnis: »Und doch, [...], halten Vernunft und Liebe heutzutage nicht viel Gemeinschaft«, beschreibt das Chaos und die Verwirrung, die durch die sowohl ehrlichen als auch durch Zauber hervorgerufenen Liebschaften entstehen. Titania ist Zettel bedingungslos verfallen und tut ihre Liebe in Paar- und Kreuzreimen kund. Im Gegensatz zum Liebesquartett der jungen Sterblichen, bei dem die Männer Opfer der Zauberblume werden, ist in der Konstellation um die Herrscherpaare Titania als weiblicher Part betroffen.

Das Liebesquartett der jungen Paare wird im 3. Aufzug auf die Probe gestellt. Hermia und Demetrius greifen die von Droll verwendeten Paarreime auf und bleiben damit dem von Helena und Lysander im 2. Aufzug etablierten Schema treu. Hermia greift Demetrius an und zeigt ihre hitzige und aufgebrachte Seite, in dem sie ihn als Mörder beschuldigt und nach Lysander verlangt: »Hinweg, du Hund! du treibst durch deine Streiche | Mich armes Weib zur Wut. Hast du ihn umgebracht: | Nie werde mehr für einen Mann geacht’t.« (35)

Die Verabreichung des Liebessaftes an Demetrius wird von Oberon mit einer Art Beschwörungsformel, bei der sich jede Endsilbe reimt, vorgenommen. Droll greift das Metrum im Trochäus auf, bis sie von Lysander und Helena unterbrochen werden.

Helena und Lysander führen ihre Auseinandersetzung aus dem 2. Aufzug fort. Lysanders Worte: »Demetrius liebt sie; dich liebt er nicht« (37) werden sogleich entkräftet, als Demetrius erwacht und sich bei Helenas Anblick in sie verliebt. Das Begehren der beiden Männer wird für Helena zum Albtraum: »O Schmach! o Höll! ich seh, Ihr alle seid | Zu Eurer Lust zu plagen mich bereit.« (37) Sie fühlt sich wie eine Spielfigur, die den gemeinen Machenschaften der Männer hilflos ausgeliefert ist. Dabei wiederholt sie den Ausdruck des »Zeitvertreib[s]« (38), wie sie ihn bereits am Ende des 2. Aufzugs verwendet hat (vgl. 26). Helena flüchtet sich in die Annahme eines Komplotts der Drei gegen sie. Mit einer ausführlichen Rede hält sie Hermia vor, ihre Freundschaft zu verraten. Diese beschreibt sie mit einer Aufzählung zahlreicher Metaphern, bei denen die beschriebenen Dinge zu einem verbunden sind: »Zwei holde Beeren, einem Stiel entwachsen, | Dem Scheine zwei Körper, doch ein Herz« (39). Die Alliteration im selben Anfangsbuchstaben ihrer Namen soll ihrer Beschreibung noch mehr Tiefe geben. Hermias angebliche Sympathie für die Intrige der Männer wird von Helena zusätzlich als »nicht jungfräulich« (39) beschimpft und von ihr im Namen aller Frauen verachtet. Auf ihre Aneinanderreihung von Fragen, auf die Hermia nur mit Unwissenheit reagieren kann, folgt eine Vielzahl von Ausrufen. Helena zeigt sich demzufolge trotzig, verletzt und unreflektiert. Lysanders Huldigung in Form einer Akkumulation: »Mein Herz! mein Leben! meine Helena!« (40) wird von Hermia zunächst ebenfalls als Hohn verstanden. Mit weiteren Akkumulationen – eine Aneinanderreihung von Begriffen zu einem Oberbegriff – wird seine aufgebrachte Stimmung deutlich, die durch den raschen Redewechsel der Figuren verstärkt wird. Die Wortgefechte vermögen das Publikum zu amüsieren, rufen jedoch auch Mitleid hervor. Das ausbleibende Pathos wahrer Liebesbekundungen lässt eine Distanz entstehen. Stattdessen bleiben die Schwärmereien oberflächlich.

Lysander stößt Hermia von sich und beschimpft sie, teilweise mit Ausdrücken, die im heutigen Sprachgebrauch politisch inkorrekt sind und auf den unterschiedlichen Teint der Mädchen verweisen. Hermias Verzweiflung schlägt in Wut auf ihre Freundin um, die sie nun ebenfalls zu beschimpfen weiß. Auffallend ist dabei ihre Orientierung an äußerlichen Merkmalen, die sich vor allem im Vergleich ihrer Größe zeigen. Mit ihrer Bereitschaft, Helena die Augen auszukratzen, zeigt sich Hermia aggressiv, was die eher zurückhaltende Helena überfordert. Lysanders und Demetrius’ Bereitschaft zum Duell entspricht einer für die Epoche der Renaissance typischen Konfliktlösung. Der Streit von Lysander, Hermia, Demetrius und Helena bildet den Gipfel der Liebesverstrickungen und somit den Höhepunkt des Dramas. Alles ist aus den Fugen geraten.

Die Konstellation hat sich also erneut verändert. Demetrius und Lysander stehen nun beide unter dem Einfluss des Liebestranks:

      Lysander → Helena
      DemetriusHelena
      Hermia → Lysander
      Helena → Demetrius

Oberon will wieder für Ordnung und Harmonie sorgen, Werte, die zu Shakespeares Zeiten hoch angesehen waren und den Gegenpol zum gefürchteten Chaos und Unberechenbaren bildeten. Während Droll das heillose Durcheinander köstlich amüsiert, beauftragt Oberon ihn, Lysander und Demetrius voneinander fernzuhalten und Lysanders Zauber aufzuheben, um so die Harmonie wieder herzustellen: »Dann kehren wieder nach Athen zurück | Die Liebenden, vereint zu stetem Glück.« (44) Mit metaphorischen Umschreibungen macht Droll auf das nahe Ende der Nacht aufmerksam, die hier gleichzeitig als Symbol für die Verschleierung der Wirklichkeit fungiert. Oberon erwidert, dass sie Geister sind, die den Tag nicht zu fürchten brauchen, und drängt dennoch auf eine Ausführung ihres Plans vor Tagesanbruch.

Mit strophenförmigen Beschwörungsformeln und kecken Rufen bringt Droll Lysander und Demetrius auseinander. Seine gereimten Zwischenpassagen sorgen für einen Kontrast zu den von Erschöpfung und Verzweiflung geprägten Äußerungen der Sterblichen. Als Droll den Gegenzauber bei Lysander anwendet, gibt er mit Versen, die einem Sprichwort gleichen, Ausblick auf ein Happy End: »Gebt jedem das, was ihm geziemt. | Hans nimmt sein Gretchen, | Jeder sein Mädchen« (47).

Veröffentlicht am 30. Juni 2023. Zuletzt aktualisiert am 30. Juni 2023.