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Romeo und Julia

Historischer Hintergrund und Epoche

Mit seiner Veröffentlichung um 1597 ist  »Romeo und Julia« ein Werk der Renaissance. Es entstand während der Regentschaft von Elisabeth l. Diese Epoche war geprägt von einem neuen Nationalgefühl und dem Aufschwung Englands. Shakespeares Beobachtungsgabe und Empathie für die Zeit und ihre Menschen spiegeln sich in den Themen und Figuren seiner Werke wider. Er wählte das Theater als Darstellungsmedium, in dem sich das geschriebene Wort durch Stimme und deren Klang entfalten kann. Geschichten voller Höhen und Tiefen waren beim damaligen Publikum sehr beliebt, da sie für Unterhaltung sorgten und Mitgefühl erzeugten.

Man geht davon aus, dass Shakespeare »Romeo und Julia« zwischen 1595 und 1596 geschrieben hat, um dieselbe Zeit wie »Ein Sommernachtstraum« und seinen Sonettzyklus (Frausing Vosshage, S.22f.). Dies erklärt die auffälligen Parallelen zu den Sonetten im Drama. Generationenübergreifende Konflikte und Feindschaften waren ein gesellschaftliches Phänomen während der Renaissance. Die heimliche Hochzeit war zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert als literarisches Thema stark verbreitet.

Verwandte Erzählungen lassen sich bis in die Antike zurückverfolgen. Shakespeares Fassung gingen mehrere italienische Versionen voraus. Die erste bildete »Novellino« von Masuccio Salernitano, der bereits 1476 die geheime Liebe thematisierte. Luigi da Porto führte 1535 mit »Historia Novellamente Ritrovata du Due Nobili Amanti« die Familienfehde sowie die namentliche Bezeichnung der Hauptfiguren ein. In Matteo Bandellos Version »Giulietta e Romeo« von 1554 wurden die Charakterzüge, unter anderem von Mercutio, Romeo und der Amme, sowie Handlungsstränge ausgearbeitet.

Pierre Boaistuau kreierte 1559 eine französische Übersetzung auf der Basis Bandellos. Nur wenige Ergänzungen wurden hinzugefügt. Der englische Schriftsteller Arthur Brooke orientierte sich an dieser Übersetzung und veröffentlichte 1562 das Versgedicht »The Tragical History of Romeo and Juliet«, dem er noch Elemente aus »Troilus and Criseyde« von Chaucer hinzufügte. William Painter griff 1567 in einer Sammlung von Prosageschichten die Thematik basierend auf Boaistuau und Brooke auf.

Insbesondere Brooke, aber auch Painter bilden Shakespeares Hauptquellen, an welchen er sich streng orientierte (Frausing Vosshage, S.28). Die Unterschiede zu seinen Vorgängern werden allerdings in folgenden Punkten deutlich: 

In erster Linie vertiefte Shakespeare sowohl die Charakterzüge als auch die Handlungsmotive der Figuren. Der Handlungszeitraum wurde von neun Monaten auf fünf Tage stark verkürzt, was den spürbaren Druck, Spannung und Tempo des Dramas erhöht.

Die Familienfehde wurde verstärkt und sorgt direkt zum Handlungsbeginn für Aufmerksamkeit. Die Feindschaft ist ein nach außen getragenes Problem, das innerhalb der Familien unangesprochen bleibt und deren Konsequenzen ignoriert werden. Die Liebesnacht setzte Shakespeare erst nach der Hochzeit und der Verbannung Romeos an, was die Isolation der Liebenden und ihre Zerbrechlichkeit zwischen den Fronten verstärkt.

Klare örtliche Begrenzungen und Orientierungspunkte unterstreichen die Dramatik, so zum Beispiel Mauern, Plätze, Julias Balkon, Capulets Garten oder der Maskenball.

Bei da Porto und Bandello finden die Liebenden ein gemeinsames Ende, da Julia erwacht, eh Romeos Gift wirkt. In Shakespeares Version ist dieser letzte vereinende Augenblick nicht zu finden. Auch der Tod wird anders betrachtet. Während Brooke diesen als Strafe für Ungehorsam und Leidenschaft inszenierte, ist er bei Shakespeare eher ein Zusammenspiel aus unglücklichen Zufällen, erfolglosen Rettungsversuchen und dem Schicksal.

Veröffentlicht am 7. Februar 2023. Zuletzt aktualisiert am 17. Februar 2023.