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Romeo und Julia

Rezeption und Kritik

Auf die Erstaufführung 1597 in London folgten weitere frühe Textversionen des Werkes, in denen Aufbau und Struktur herausgearbeitet wurden. Diese dienten als Basis für spätere Ausgaben. Da die Texte zur damaligen Zeit mehr als Bühnenvorlagen anstatt ausgearbeitete Fassungen fungierten, war die Umsetzung und Interpretation dieser stark vom Theater und seinen Schauspielern abhängig (Poppe, 222). Dabei ist zu erwähnen, dass auch weibliche Rollen von Männern gespielt wurden. Welche Reaktion auf die Erstaufführung folgte, ist daher nicht überliefert. Allerdings galt Shakespeare laut Poppe bereits zu Lebzeiten als ein bedeutender Dichter (ebd.).

Obwohl Shakespeares Arbeit schon früh angesehen war, folgte von Mitte des 17. bis Mitte des 18. Jahrhunderts eine Flaute. Seine Stücke galten als zu derb und unelegant. Die französischen Klassiker dominierten auf den Theaterbühnen. »Romeo und Julia« wurde nur in stark abgewandelten Varianten aufgeführt, zum Beispiel mit einem Happy End (Holzberger, 59).

Seit 1846 feierte dank Samuel Phelps auch die Originalfassung wieder Erfolge. Mit 150 Aufführungen in den Jahren 1882/82 und 186 Aufführungen in 1935/36 etablierte sich das Werk als Klassiker.

1856 versetzte Gottfried Keller mit seiner Novelle »Romeo und Julia auf dem Dorfe« die Handlung nicht nur in den ländlichen Raum, sondern auch in ein anderes Medium: Prosa. Opernfassungen, eine Sinfonie und ein Ballett entstanden aufgrund der Inspiration durch Shakespeares Liebesdrama. Auch in Leonard Bernsteins Musical »West Side Story« aus dem Jahr 1957 findet sich der Konflikt auf ethischer Ebene wieder.

Die erste Verfilmung fand bereits 1908 statt. Anschließend folgten zahlreiche Versionen, unter anderem sogar Parodien und Komödien. Der bekannte Spielfilm »William Shakespeares Romeo + Julia« mit Leonardo DiCaprio und Claire Danes zählt zu den bekanntesten und erntete sowohl positive als auch negative Kritik (Holzberger, 60f.).

Jedes Zeitalter nutzt die Thematik aus dem Werk als Grundlage für aktuelle Problematiken. Peter Ustinov nutzt 1956 in »Romanoff and Juliet« den Familienzwist als Symbol für den Kalten Krieg. Andrew Davies lässt 1975 in »Rohan and Julie« den nordirischen Bürgerkrieg aufleben und spricht insbesondere junge Menschen an (Frausing Vosshage, 91).

Auch in Deutschland wurde das Drama dem Zeitgeschehen angepasst und feierte große Erfolge. Während die deutsche Uraufführung angeblich schon um 1604 stattgefunden haben soll, kam es zur ersten nennenswerten Version erst 1797 durch August Wilhelm Schlegel. In der Nachkriegszeit fand das Publikum in der Leidenschaft des jungen Paares Hoffnung auf Liebe und Frieden. In den 60er und 70er Jahre identifizierte es sich vor allem mit der Auflehnung der Jugend gegen die veraltete Norm und in den 90ern mit der Utopie der vollkommenen Liebe (Frausing Vosshage, 92).

»Romeo und Julia« gilt heute als eines der bedeutendsten Werke Shakespeares. Die Einbindung verschiedener sozialer Schichten, die Entwicklung der Figuren sowie die Empathie und Dichtkunst der Sprache lassen es bis heute nicht an Aktualität und Interpretationsmöglichkeiten mangeln.

Veröffentlicht am 7. Februar 2023. Zuletzt aktualisiert am 17. Februar 2023.