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Romeo und Julia

3. Akt

Zusammenfassung

1. Szene
Mercutio und Benvolio befinden sich auf einem öffentlichen Platz, necken und zanken sich. Tybalt stößt hinzu und mischt sich ein. Als dann auch noch Romeo den Platz betritt, widmet sich Tybalt ihm mit seiner Streitlust. Romeo, in Gedanken ganz bei Julia und sich ihrer Verwandtschaft mit Tybalt bewusst, versucht ihn zu beruhigen und sich nicht auf den Streit einzulassen. Mercutio hält nichts davon und eröffnet schließlich den Kampf mit Tybalt. Romeo versucht, dazwischen zu gehen, was dazu führt, dass Mercutio verwundet wird. Tybalt macht sich davon. Mercutio beschuldigt Romeo an seiner Verletzung und stirbt. Das entfacht Romeos Wut und Rachsucht.

Als Tybalt zurückkehrt, fordert er diesen zum Kampf heraus und ermordet ihn. Auf Benvolios Rat flieht Romeo, bevor die Bürger und der Prinz eintreffen. Letzterer ist erzürnt, dass es erneut zu einem Bruch des Friedens gekommen ist. Benvolio tritt als Romeos Anwalt auf und gibt dem Prinz Bericht. Dieser spricht das Urteil über Romeo.

2. Szene
Im Hause Capulet ersehnt Julia die Nacht, um ihren Romeo wiederzusehen. Die Amme berichtet ihr von Tybalts Tod durch Romeo. Zuerst ist Julia aufgebracht und wütend auf ihren frisch angetrauten Ehemann, doch letztlich liebt sie Romeo zu sehr. Anstatt zum Tode verurteilt, ist dieser aus Verona verbannt worden. Diese Nachricht wiegt furchtbar schwer für Julia.

3. Szene
Lorenzo überbringt Romeo das Urteil des Prinzen und betont dessen Gnade, die sich in der Verbannung anstatt dem Tod zeige. Doch für Romeo ist die Verbannung und damit die Trennung von Julia schlimmer als der Tod. Er verliert sich in seinen Gefühlen und seinem Wehklagen. Die Wärterin kommt hinzu und berichtet von demselben Verhalten bei Julia. Lorenzo redet Romeo schließlich ins Gewissen, dass er sich wie ein Mann verhalten solle. Er hat einen Plan. Romeo soll seine letzte Nacht in Verona bei Julia verbringen und in den frühen Morgenstunden nach Mantua fliehen. Mit der Zeit wird sich zeigen, wie die beiden wieder zueinander finden können. Das gibt Romeo neuen Mut.

4. Szene
Im Hause Capulet schließen der Graf und die Gräfin zusammen mit Paris Hochzeitspläne für ihn und Julia.

5. Szene
Romeo und Julia haben die Nacht zusammen verbracht. In den frühen Morgenstunden müssen sie sich voneinander verabschieden und erneut überkommt sie eine Vorahnung des baldigen Todes.

Nach Romeos Aufbruch wird Julia von ihrer Mutter aufgesucht. Sie glaubt, Julias Kummer gälte ihrem Cousin Tybalt. Darum verflucht sie Romeo und wünscht ihm den Tod. Julia spielt mit, um den Schein zu wahren. Die Gräfin überbringt ihrer Tochter schließlich die Hochzeitspläne mit Paris. Doch Julia lehnt ab. Sie will Paris nicht heiraten. Als Graf Capulet von Julias Widerwillen erfährt, ist er außer sich. Julias Mutter und ihre Amme versuchen ihn zu beruhigen, doch er beschimpft Julia mit verletzenden Worten. Er stellt ihr ein Ultimatum: entweder sie heirate Paris oder sei nicht länger seine Tochter. Als Julia Unterstützung bei ihrer Mutter sucht, weist auch diese sie ab.

Die Amme rät ihr zur Hochzeit mit Paris. Doch Julia hat andere Absichten. Sie lässt ausrichten, sie suche Lorenzo auf, um zur Beichte zu gehen.

Analyse

Zu Beginn des dritten Aktes wechselt die Handlung zurück auf einen öffentlichen Platz. Mit der für ihn inzwischen typischen Wortgewandtheit stichelt Mercutio gegen Benvolio. Die Verwendung von Prosa statt Versen ist außerdem ein Zeichen für Mercutios Spott und Abneigung gegenüber den hohen Herrschaften. Mit diesem reagiert er auch auf Tybalt. Der hat es allerdings auf Romeo abgesehen. Romeo versucht hingegen Milde walten zu lassen. Seine Erklärung ist zwar verständlich für die Zuschauer, allerdings nicht für die beteiligten Charaktere. Mercutio hält nichts von der Gefühlsduselei, stürzt sich in den Kampf mit Tybalt, doch stirbt durch Romeos Versuch, die beiden zu trennen. Der Tod seines Freundes lässt die eben noch waltende Milde in Wut und Rachsucht umschwenken.

Romeo deutet den Versuch, Frieden schließen zu wollen, als weibliche Schwäche und gibt sich aufgrund seines Verhaltens die Schuld an Mercutios Tod. Dabei kommt die Frage auf, ob es wirklich seine friedlichen Absichten waren, die Mercutios Tod verursachten. Schließlich ignorierte dieser Romeos Bitte, den Degen einzustecken und stürzte sich in den Kampf (vgl. 69).

Auch der Frage nach Zufall oder Schicksal kann hier nachgegangen werden. Trotz Romeos Versuch, den Streit zu unterbinden, ist dieser ausgebrochen, als habe er keine Chance, das Schicksal zu wenden. In dieser Szene zeigt sich der Einfluss Romeos engster Freunde auf ihn. Zuerst agiert er ähnlich wie Benvolio als Friedensstifter, anschließend überkommt ihn jedoch der Rachewunsch und er fordert Tybalt, wie Mercutio zuvor, heraus. In diesem Duell stirbt Tybalt. Seine Schuld an dessen Tod lässt sich nicht abstreiten. Die daraus resultierende Verbannung Romeos aus Verona bildet zusammen mit den beiden Toden den Höhepunkt des Dramas. An diesem Punkt kippt die ansteigende in eine fallende Handlung.

Nach seinem letzten Auftritt als Romeos Anwalt verschwindet Benvolio aus dem Stück. Seine Figur repräsentiert das Gute und die Hoffnung auf Frieden. Mit der Abwesenheit dieser Attribute ist die Katastrophe vorprogrammiert. Während zuvor die privaten Abneigungen der beiden Familien die Öffentlichkeit gefährdet haben, ist die öffentliche Verbannung Romeos nun eine Gefahr für die Intimität der Liebenden.

Zunächst von Romeo schwärmend und die gemeinsame Nacht ersehnend, wird Julia von ihrer Amme aufgesucht und muss von den grausamen Ereignissen erfahren. Diese lösen in ihr ein Gefühlschaos aus, das sie, ähnlich wie Romeo im 1. Akt, durch Oxymorone ausdrückt: »ein verdammter Heiliger! Ein ehrenwerter Schurke!« (77). Damit bezeichnet sie ihren Ehemann. Außerdem spiegelt sich in ihren Beschreibungen Lorenzos Philosophie über das Gute und Schlechte in allem wider. Doch Julia gelingt es, einen Weg aus ihrem inneren Chaos zu finden. Der Vorwurf der Amme gegen Romeo lässt sie ihre Prioritäten erkennen. Sie beweist Intelligenz und wächst an den Herausforderungen, was in ihren langen Monologen Ausdruck findet.

Wie Julia leidet Romeo furchtbar unter der Nachricht der Verbannung, die ihn von seiner Geliebten trennt. Sich in der Verzweiflung verlierend, wird darin allerdings auch seine aufrichtige Liebe zu Julia deutlich. Lorenzo weist ihn jedoch zur Vernunft. Wieder werden Gefühle als weibliche Schwäche bezeichnet. Die Rationalität Lorenzos bringt zudem einen Plan und neuen Mut für Romeo.

Tybalts Tod hat Capulets Ansichten bezüglich der Vermählung seiner Tochter geändert. Da nun sein einziger männlicher Erbe verstorben ist, will er Julia so bald wie möglich verheiraten, die Trauer um Tybalt allerdings respektieren. Diese Entscheidung repräsentiert sein Bewusstsein und die Wahrung des gesellschaftlichen Standes.

Mit der ersten und letzten gemeinsamen Nacht erreicht die Liebe zwischen Romeo und Julia nochmals einen Höhepunkt. Wieder wird ihre Übereinstimmung mit dialogübergreifenden Reimen deutlich. Zahlreiche rhetorische Mittel schmücken ihre Worte und verleihen ihrer Liebe, aber auch ihrem Schmerz Ausdruck. So zum Beispiel die Akkumulation »Freund! Gatte! Trauter!« (90) oder die Personifizierung »Der Schmerz trinkt unser Blut« (91).

Als Gräfin Capulet ihre Tochter aufsucht, gibt diese vor, um ihren Cousin zu weinen und verschleiert damit geschickt die Wahrheit. Ihre Verweigerung Paris zu heiraten, markiert ihre Entwicklung vom unterwürfigen Kind zur eigenmündigen Frau. Allerdings wird diese von ihren Eltern nicht gebilligt. Capulet fühlt sich in seiner Autorität verletzt und reagiert dadurch aufbrausend und mit wüsten Beschimpfungen. Die Gräfin versucht ihn zu beruhigen, muss sich jedoch als Frau des 16. Jahrhunderts seinen Befehlen unterwerfen. Julia wird vor das Ultimatum gestellt, Paris zu heiraten oder verstoßen zu werden. Erneut wird sie mit einem Konflikt von großem Ausmaß konfrontiert. Selbst die Amme rät ihr zur Hochzeit. Das Verhalten der Amme bildet, obwohl sich diese über die Tragweite nicht im Klaren ist, einen entscheidenden Beitrag zum Fortlauf der Tragödie. Denn Julia bleibt nun völlig isoliert zurück. Doch anstatt sich ihrem Schicksal zu beugen, beweist sie ein weiteres Mal innere Stärke. Sie entsagt der Amme ihr Vertrauen und will bei Lorenzo Rat suchen. Sollten alle Pläne fehlschlagen, ist sie bereit, in den Tod zu gehen. Julias Umgang mit ihren Gefühlen, ihre Fähigkeit zu reflektieren und Lösungen für sich zu finden, stehen im Kontrast zu der Schwäche, mit denen das weibliche Geschlecht im Laufe des Werkes häufig in Verbindung gebracht wird.

Veröffentlicht am 7. Februar 2023. Zuletzt aktualisiert am 17. Februar 2023.