Skip to main content

Leben des Galilei

Bild 4-6

Zusammenfassung

Mit dem vierten Bild erfolgt ein Ortswechsel nach Florenz, wo Galilei versucht, den neunjährigen Großherzog Cosmo de Medici und die Hofgelehrten von seinen Entdeckungen zu überzeugen. Während Frau Sarti das Haus für den Empfang der Herrschaften vorbereitet, hält sich Andrea im Studierzimmer Galileis auf. Galilei selbst ist noch in der Universität, als der Großherzog früher als erwartet mit seinem Hofmarschall eintrifft.

Frau Sarti erlaubt dem Großherzog, das Studierzimmer zu betreten. Dort trifft er auf Andrea, der ihm die Apparate präsentiert und ihm das kopernikanische System erläutert. Cosmo zeigt sich wenig interessiert, woraufhin ein Streit zwischen den beiden Jungen entbrennt, der in einer Rangelei auf dem Boden endet.

Daraufhin trifft Galilei mit dem Hofmarschall und den Hofgelehrten, bestehend aus einem Theologen, einem Philosophen und einem Mathematiker, ein. Sie beginnen eine Diskussion über die neuesten Beobachtungen Galileis, wobei sich die Gelehrten auf die Ansichten der Kirche und der alten Autoritäten beziehen.

Ohne durch das Fernrohr zu schauen, beenden die Anhänger des Hofs ihren Besuch. Der Hofmarschall spricht seine Empfehlung aus, den Geistlichen und Astronom Pater Christopher Clavius am Collegium Romanum in Rom zu Rate zu ziehen.

Das fünfte Bild berichtet über den Ausbruch der Pest in Florenz und gliedert sich in zwei Teile. Galilei schickt Frau Sarti, Virginia und Andrea mit der Kutsche fort. Als er selbst zurückbleibt, um seine Forschungsergebnisse zu sichern, beschließt Frau Sarti, trotz der Gefahr, zu bleiben, um Galilei weiterhin Essen kochen zu können.

Einige Zeit später ist Frau Sarti verschwunden. Galilei sucht sie und findet heraus, dass sie auf der Straße zusammengebrochen ist. Als die Soldaten kommen, wird er wie viele andere Bürger der Stadt in seinem Haus eingesperrt. Galilei macht sich unterdessen Vorwürfe, dass er Frau Sarti nicht rechtzeitig weggeschickt habe. Plötzlich taucht Andrea auf, der unterwegs von der Kutsche gesprungen ist und sich ebenfalls um seine Mutter sorgt. Galilei bittet Andrea, ihm eine Sternkarte zu besorgen, die er für seine Forschungen benötigt.

Im sechsten Bild kommen die Geistlichen und Gelehrten im Collegium Romanum zusammen, um über Galileis Entdeckungen zu sprechen. Das letzte Wort hat jedoch der Astronom Christopher Clavius, der zugleich ein Geistlicher ist. Während die geladene Gesellschaft auf das Urteil von Clavius wartet, macht sie sich über Galileis Behauptungen lustig und verspottet ihn.

Schließlich erscheint Clavius und bestätigt gegenüber einem Mönch kurz und knapp, dass Galilei Recht habe. Galilei erfährt daraufhin vom kleinen Mönch, was Pater Clavius gesagt hat und feiert den Sieg der Vernunft.

Analyse

Galileis Anfrage nach einer Stelle als Mathematiker am Florentiner Hof hat Wirkung gezeigt. So befindet sich die Familie jetzt nicht mehr in Venedig, sondern in Florenz. Mit diesem Ortswechsel wird der Konflikt zwischen altem und neuem Weltbild weiter aufgebaut, was bereits durch das antithetische Epigramm des vierten Bildes angedeutet wird: »Das Alte sagt: So wie ich bin, bin ich seit je. / Das Neue sagt: Bist du nicht gut, dann geh.« (42) Die alte und neue Sicht auf die Welt stehen von nun an im Widerstreit zueinander.

Auch Frau Sarti, die zu Beginn der vierten Szene das Haus herrichtet, reflektiert den Kontrast zwischen der geistlichen und weltlichen Wissenschaft. Sie baut dabei mehr auf die kirchlichen Würdenträger und Autoritäten als auf Galileis wissenschaftliche Beweisführungen. Das Fernrohr ist ihr ein Dorn im Auge, da täglich viele Leute ins Haus kommen und Frau Sarti ständig nach ihnen aufräumen muss.

Der Großherzog Cosmo de Medici tritt als ungeduldiger, junger Bursche auf, der direkt seinen Willen äußert, das Fernrohr zu begutachten. In seiner direkten, kindlichen Art durchschaut er die skeptische Haltung der Hofgelehrten: »Sie glauben nicht an das Rohr, gar nicht.« (43)

Im anschließenden Dialog zwischen Cosmo und Andrea begegnen sich die beiden zunächst förmlich wie zwei Erwachsene. Dabei imitiert Andrea seinen Lehrer Galilei, indem er Cosmo die Modelle erklärt. Dieser erkennt nicht den wahren Wert der Holzmodelle und möchte nur damit spielen, woraufhin Andrea ihn zornig ermahnt: »Das ist kein Spielzeug für Jungens.« (44) Es entbrennt ein hitziger Streit, der in einer kindlichen Rangelei am Boden endet, bei der das ptolemäische Modell, das sinnbildlich für die alte Weltsicht steht, zerbricht. Ergänzt wird dieses symbolische Zerbrechen durch den späteren Ausspruch des Theologen: »Hier scheint etwas entzweigegangen.« (46)

Die Gespräche zwischen Galilei und seinen Gästen drehen sich zunächst um ein paar Krankheitsfälle in der Stadt, die von den Hofgelehrten jedoch nicht als ernst eingestuft werden. Hier wird bereits der Ausbruch der Pestepidemie in Italien angedeutet, die das allumfassende Thema des fünften Bildes sein wird.

In der anschließenden Präsentation des Fernrohrs versucht Galilei vergeblich, die Hofgelehrten von der Zweifelhaftigkeit des ptolemäischen Weltsystems zu überzeugen. Statt einfach nur durch das Fernrohr zu schauen, eröffnen die Gelehrten einen theoretischen Disput darüber, ob die von Galilei gefundenen Gestirne überhaupt möglich beziehungsweise nötig sind. Da Galileis Beobachtungen der Lehre von Aristoteles widersprechen, erkennen die Gelehrten sie nicht an und werfen Galilei sogar »Betrug« (48) vor.

Das fünfte Bild zeigt eindrücklich, »dass es trotz verzweifelter und devoter Bemühungen Galileis keine Annäherung der Standpunkte Galileis und jener Vertreter der orthodoxen Gelehrtenwelt geben kann.« (Hahnengreß 24) Auch wenn Galilei an die Durchsetzungsfähigkeit und Beweisbarkeit der wissenschaftlichen Wahrheit glaubt, kommt er nicht gegen die althergebrachten Strukturen und die Engstirnigkeit der Hofgelehrten an.

Der Ausbruch der Pest im fünften Bild und die vorherige Verharmlosung durch die Obrigkeit zeigen ihre Skrupellosigkeit gegenüber den einfachen Leuten, die nun um ihr Leben fürchten müssen. Galilei stellt in dieser Situation die Wissenschaft über sein eigenes Wohl. Allerdings gefährdet er damit auch Frau Sarti, die aus Treue und Pflichtbewusstsein bei ihrem Hausherren bleibt. Selbst Andrea begibt sich in Lebensgefahr, als er von der Kutsche springt und einen Fußmarsch von drei Tagen auf sich nimmt, um wieder bei seiner Mutter und Galilei zu sein.

Die gefährlichen Gebiete und Häuser, in denen die Pest schon wütet, werden von den unerbittlichen Soldaten energisch abgeriegelt. Auch als Galilei in den Verdacht gerät, die Pest habe seine Familie befallen, wird er gewaltsam in sein Haus eingeschlossen. Mit seinem Vergleich »Sie hauen uns ab wie den kranken Ast eines Feigenbaumes, der keine Frucht mehr bringen kann« (56) zeigt Galilei eindringlich, wie das einfache Volk von der Obrigkeit im Stich gelassen wird, wenn es keinen Zweck mehr erfüllt.

Trotz aller Gefahren und Hindernisse überleben Galilei, Frau Sarti und Andrea die Pest in Florenz. Das Epigramm des sechsten Bildes weist auf die überraschende Anerkennung der Lehre Galileis durch den Astronom und Geistlichen Pater Clavius hin: »Das hat die Welt nicht oft gesehn / Daß Lehrer selbst ans Lernen gehn. / Clavius, der Gottesknecht / Gab dem Galilei recht.« (60)

Auch wenn Clavius Galilei am Ende des sechsten Bildes Recht gibt, äußert die Mehrheit der Geistlichen und Gelehrten des Collegium Romanum ihre Empörung und ihren Spott über Galileis Behauptungen. Für sie sind die Konsequenzen, die sich aus dem heliozentrischen Weltbild ergeben, einfach zu gravierend. So wäre der Mensch nicht mehr »die Krone der Schöpfung« (63), was Galilei zu einem »Feind des Menschengeschlechts« (ebd.) mache.

Veröffentlicht am 3. November 2023. Zuletzt aktualisiert am 3. November 2023.