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Leben des Galilei

Bild 7-9

Zusammenfassung

Das siebte Bild spielt im Jahr 1616 im Haus des Kardinals Bellarmin in Rom. Dort findet ein Maskenball statt, zu dem neben vielen Geistlichen und adligen Familien auch Galilei mit seiner Tochter Virginia eingeladen ist. Diese ist frisch verlobt mit Ludovico Marsili. Es ist das erste große Fest nach der Pestzeit und die Gesellschaft feiert ausgelassen.

Die Kardinäle Barberini und Bellarmin setzen Galilei darüber in Kenntnis, dass die kopernikanische Lehre vom Heiligen Offizium verboten worden ist, und fordern ihn dazu auf, von seinen Forschungen abzulassen. Diese Mitteilung erstaunt Galilei, dessen Erkenntnisse ja zuvor noch durch das Collegium Romanum bestätigt wurden. Das Gespräch wird durch ein Protokoll dokumentiert, das später dem Inquisitor vorgelegt wird. Dieser unterhält sich zum Schluss noch mit Virginia und sagt ihr voraus, dass sie für ihren Vater beten und da sein müsse.

Im achten Bild befindet sich Galilei im Palast des Florentinischen Gesandten in Rom und unterhält sich mit dem kleinen Mönch. Dieser fürchtet sich vor der neuen Forschung und denkt dabei an die armen Bauern in der Campagna, die eine gottgegebene Ordnung brauchen, um ihr ärmliches Leben und Schicksal akzeptieren zu können. Er entsagt deshalb der Astronomie.

Galilei wiederum versucht den kleinen Mönch zu überzeugen, dass die Kirche das geozentrische Weltbild nur dazu gebraucht, um ihre eigene Macht zu legitimieren. Es sei deshalb wichtig, die Wahrheit über das heliozentrische Weltbild zu verbreiten. Damit appelliert er an den kleinen Mönch, der gleichzeitig auch ein Physiker ist, sich mit der kopernikanischen Lehre auseinanderzusetzen. Am Ende der Szene übergibt Galilei dem Mönch seine Aufzeichnungen. Daraufhin beginnt der kleine Mönch sogleich mit dem Studium.

Zwischen dem achten und neunten Bild liegt eine achtjährige Pause. Diese wird durch die Szenenüberschrift des neunten Bildes mitgeteilt. Mittlerweile schreiben wir das Jahr 1623. In der Zwischenzeit hat Galilei sich an das Protokoll gehalten und nicht mehr über seine Forschung in der Öffentlichkeit gesprochen.

In seinem Haus hält er wissenschaftliche Vorträge für seine Schüler und experimentiert gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Federzoni, dem Mönch und Andrea Sarti. In der Stube sitzen außerdem Frau Sarti und Virginia, die zusammen Brautwäsche für die bevorstehende Hochzeit Virginias mit Ludovico nähen.

Der Rektor, Herr Gaffone, bringt Galilei ein Buch über die Sonnenflecken, das ihm persönlich gewidmet ist. Andrea ist der Meinung, dass Galilei dieses interessante Phänomen weiter untersuchen sollte. Doch dieser setzt stattdessen seine Experimente mit den schwimmenden Körpern fort.

Als Ludovico überraschend zu Besuch kommt, berichtet er, dass der Papst im Sterben liege und Kardinal Barberini als Nachfolger gehandelt werde. Damit würde ein Mathematiker den Papstthron besteigen, wovon sich Federzoni und Galilei erhoffen, dass nun endlich eine neue Zeit anbrechen kann.

Ermutigt durch diese Nachricht nimmt Galilei seine Forschungen zum kopernikanischen Weltbild wieder auf, was Ludovico dazu veranlasst, die Verlobung mit Virginia aufzulösen. Ohne sich von Virginia persönlich zu verabschieden, geht Ludovico fort. Frau Sarti ist über diese Entwicklung bestürzt und wirft Galilei vor, das Glück seiner Tochter aufs Spiel zu setzen. Als diese im Brautkleid hereintritt und von den jüngsten Ereignissen erfährt, fällt sie in Ohnmacht.

Analyse

Die Szenenüberschrift des siebten Bildes »Aber die Inquisition setzt die kopernikanische
Lehre auf den Index« zeigt mit dem Wort »aber« (66) einen Kontrast zwischen dieser und der vorherigen Szene. Obwohl die kopernikanische Lehre durch das Collegium Romanum faktisch anerkannt worden ist, wird sie von der Inquisition auf den Index gesetzt und damit für ketzerisch befunden.

Die Atmosphäre und Stimmung auf dem Maskenball ist zwar zunächst ausgelassen, aber der Konflikt zwischen Galilei und der katholischen Kirche zeichnet sich bereits deutlich ab. Ludovicos Äußerung »Sie dreht sich ja gar nicht« (ebd.) kennzeichnet ihn als Vertreter des alten Weltbildes und deutet das Ergebnis der Szene bereits an.

Überwacht wird das bunte Treiben von zwei kirchlichen Sekretären, die Notizen über die Gäste machen und dabei Schach spielen. Somit steht das scheinbar kurzweilige Fest unter strenger Kontrolle der Obrigkeit. Die Kardinäle Bellarmin und Barberini tragen ein Lamm und eine Taube als Maske, die für Unschuld, Reinheit und Frieden stehen. Doch das ist nur der äußerliche Schein, den die beiden als Vertreter der Kirche wahren wollen.

Auch durch einen scherzhaften Plauderton lenkten die Kardinäle zunächst von ihren wahren Absichten ab und liefern sich mit Galilei ein Gefecht mit Zitaten aus der Bibel. Dabei stellt Galilei seine Bibelfestigkeit unter Beweis, indem er jedes Mal wortgetreu zitiert, während die Kardinäle den Wortlaut der Bibel nur sinngemäß wiedergeben.

Der Ton des Gesprächs wird zunehmend ernster. Während Galilei nachdrücklich seinen Glauben an die Vernunft äußert, berufen sich Bellarmin und Barberini auf das Wort Gottes, das alleine durch die Theologen ausgelegt werden dürfe. Es kommt sogleich zu einer offiziellen Machtdemonstration der Kirche, die durch einen Sekretär amtlich dokumentiert wird. Da die kopernikanische Lehre nicht mit den Worten der Bibel übereinstimmt, wird sie offiziell für »töricht, absurd und ketzerisch im Glauben« (71) befunden. Untermalt wird diese Situation durch das gesungene Gedicht über die Vergänglichkeit.

Um die Wissenschaft weiterhin für die Kirche nutzbar zu machen, wird Galilei zugestanden, dass er seine Forschungen in den Deckmantel von wissenschaftlichen Hypothesen hüllt. Daraufhin führen die Kardinäle Galilei wieder zurück in den Ballsaal. »Im Gegensatz zu ihnen trägt er, wie auch Barberini bemerkt, keine Maske, denn er vertritt unverschleiert seine Überzeugungen.« (Hahnengreß 57)

Parallel zu der vorherigen sechsten Szene tritt der Kardinal Inquisitor auch im siebten Bild als Letztes auf, was seine Macht über die Geschehnisse verdeutlicht. In einem Gespräch mit Virginia äußert er mit dem Hinweis, dass Galilei seine Tochter noch brauchen werde, eine versteckte Drohung. So wird die Kirche im Folgenden sehr genau beobachten, wie Galilei sich weiterhin verhält.

Das achte Bild zeichnet sich durch die Reflektion und das Nachdenken über die beiden sich gegenüberstehenden Weltsysteme aus. Dabei steht der kleine Mönch, der zugleich Wissenschaftler und Geistlicher ist, im deutlichen Kontrast zu den boshaften Machthabern der Kirche. Er macht sich Sorgen, dass die kopernikanische Lehre das einfache Leben der Bauern in der Campagna aus dem Gleichgewicht bringen könnte und schwört deshalb zunächst der Astronomie ab.

Für Galilei ist die Armut der Bauern die logische Konsequenz aus den Machenschaften der Kirche und kann durch die neuen Erkenntnisse in den Naturwissenschaften eliminiert werden. Er sieht seine Chance gekommen, an die wissenschaftliche Seite des kleinen Mönchs zu appellieren. So liege es in der sozialen Verantwortung des Wissenschaftlers, die Wahrheit zu vertreten, um den Fortschritt herbeizuführen: »Es setzt sich nur so viel Wahrheit durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein.« (80) Von Galileis Worten beeindruckt, vertieft sich der kleine Mönche in die wissenschaftlichen Manuskripte. Der Forscher in ihm gewinnt die Oberhand. Durch sein Nachfragen wird der kleine Mönch in der Folge zum Schüler Galileis.

Acht Jahre lang hält sich Galilei an das kirchliche Edikt und betreibt keine öffentlichen Forschungen mehr zum kopernikanischen Weltsystem.

Zu Beginn des neunten Bildes werden die Geschehnisse durch das Gespräch zwischen Virginia und Frau Sarti zusammengefasst. Nach acht Jahren Verlobung ist Ludovico, der sich bereits als Gegner der kopernikanischen Lehren zu erkennen gegeben hat, endlich bereit, Virginia zu heiraten. In Vorfreude auf die Hochzeit nähen Virginia und Frau Sarti die Brautwäsche.

Galilei streitet unterdessen hitzig mit dem Gelehrten Mucius, der aus Angst vor den Konsequenzen die Wahrheit verschweigen will und von Galilei ermahnt wird: »Ich sage Ihnen: Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher!« (83) Damit nimmt Galilei sein eigenes Urteil vorweg, da er später seine astronomischen Beobachtungen und Erkenntnisse unter Androhung der Folter widerrufen wird.

Der äußere Druck auf Galilei wird größer, da viele Gelehrte im In- und Ausland auf die Stellungnahme Galileis zu den beobachteten Sonnenflecken warten. Trotzdem schweigt Galilei aus Furcht vor der Inquisition. Als Ludovico beiläufig vom bevorstehenden Papstwechsel durch den Wissenschaftler Barbarini erzählt, wird der Forscherdrang und der Glaube an eine neue Zeit in Galilei neu entfacht. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern und Schülern bereitet er die ersehnte Forschung zu den Sonnenflecken vor.

Auf diese Weise kommt es zum Streit und Bruch zwischen Galilei und Ludovico Marsili, der als Großgrundbesitzer für die alte Weltordnung steht und um sein gesellschaftliches Ansehen fürchten muss, wenn er die Tochter eines Ketzers zur Frau nimmt. So stellt die Auflösung der Verlobung mit Virginia für Ludovico den einzigen Ausweg dar. Galilei, der Ludovico nicht davon abhält zu gehen, nimmt das Unglück seiner Tochter in Kauf.

Veröffentlicht am 3. November 2023. Zuletzt aktualisiert am 3. November 2023.