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Woyzeck

Szenen 1–5

Szene 1 (Freies Feld. Die Stadt in der Ferne)

Zusammenfassung

Woyzeck und Andres befinden sich auf einem Feld vor der Stadt und arbeiten dort. In einem Gebüsch schneiden sie Stöcke, jedoch ist nicht bekannt, wofür diese genutzt werden. Während Andres fröhlich singt, hat Woyzeck Wahnvorstellungen. Er fürchtet, den abgetrennten Kopf eines Enthaupteten zu finden, sieht Hinweise, die er auf die Handlungen der Geheimgesellschaft der Freimaurer zurückführt, und bildet sich ein, den Himmel brennen zu sehen sowie Posaunenklänge zu hören. Zunächst singt Andres unbeirrt weiter, doch Woyzecks Panik und seine eindringlichen Warnungen sorgen schließlich dafür, dass auch Andres Angst bekommt. Trotzdem geht er auf Woyzeck ein, fragt ihn nach seinen Wahnvorstellungen. Andres bleibt ruhig und sagt ihm schließlich, dass sie wieder zum Verles müssen.

Analyse

Das Drama beginnt mit Woyzeck, der wirr etwas von rollenden Köpfen murmelt. Er erzählt von einem Mann, der den Kopf eines Hingerichteten fand und ihn für einen Igel hielt. Daraufhin starb der Finder selbst drei Tage später. Das deutet auf Woyzecks Paranoia und seine Angst vor einem baldigen Tod hin. Er fürchtet den Tag des Jüngsten Gerichts, eine biblische Endzeitvorstellung, eingeläutet durch Feuer und Posaunen. Dafür verantwortlich macht er die Freimaurer, ein in Wahrheit harmloser Männerbund, welcher sich für Frieden und die Verbesserung der Welt einsetzt.
Andres lässt sich zunächst nicht von Woyzeck beeinflussen, sondern singt weiter ein Volkslied über Hasen. Obwohl er die Stimmen selbst nicht hört, lässt er sich schließlich von Woyzecks Wahnvorstellungen verunsichern. Woyzeck zieht Andres ins Gebüsch, als er den Weltuntergang befürchtet. Das deutet darauf hin, dass Woyzeck sich um ihn sorgt. Dass sich Andres nicht über Woyzecks Wahnvorstellungen lustig macht, sondern darauf eingeht, deutet auf eine freundschaftliche Beziehung hin. Jedoch scheint er nicht besonders besorgt um Woyzecks Gesundheit zu sein und den Umstand, dass dieser Wahnvorstellungen hat. Andres versucht weder ihm zu helfen, noch erteilt er ihm einen Rat. Als Soldaten gehören sowohl Woyzeck als auch Andres zur Unterschicht. Andres widerspricht oder korrigiert Woyzeck nicht, was genau wie bei Woyzeck auf einen niederen Intellekt schließen lässt.

Szene 2 (Die Stadt)

Zusammenfassung

In der zweiten Szene hat Marie ihren ersten Auftritt. Sie steht mit ihrem Sohn Christian am Fenster und beobachtet den Zapfenstreich, angeführt vom Tambourmajor. Marie und Margreth, ihre Nachbarin, beobachten die vorbeiziehenden Soldaten. Besonders angetan sind sie vom stattlichen Tambourmajor. Margreth deutet an, dass Marie den Tambourmajor attraktiv findet. Nachdem Margreth beteuert, eine anständige Frau zu sein, wirft sie Marie unmoralische Absichten vor. Der Grund dafür ist, dass Christian Maries und Woyzecks unehelicher Sohn ist, damit gilt er als »Hurenkind« (Büchner 7). Dennoch ist Marie ihm sehr zugetan und singt für Christian, bis Woyzeck vorbeikommt. Dieser ist in Eile, da er zum Verles muss. Er erzählt Marie von seinen Wahnvorstellungen. Sie macht sich Sorgen, dass Woyzeck verrückt wird und ist enttäuscht, dass er weder Zeit für sie noch für das Kind hat.

Analyse

Der Tambourmajor bekleidet eine angesehene Rolle in der Gesellschaft, da er die Kapelle anführt. Er gehört zu einer höheren Schicht als Marie und Margreth. An ihrer Sprechweise, gespickt mit dem lokalen Dialekt und der bildlichen Sprache, lässt sich erkennen, dass die beiden der Unterschicht angehören. Zudem wird der Tambourmajor als stark (wie ein Baum) und hochmütig (wie ein Löwe) beschrieben. Marie freut sich, dass er sie grüßt. Daraufhin schaukelt sie fröhlich singend ihren Sohn. Sie sagt zwar, dass Soldaten »schöne Bursch« (Büchner 7) seien, jedoch scheint sie das eher auf den Tambourmajor zu beziehen als auf Woyzeck, der ebenfalls Soldat ist, aber eine niedrigere Stellung innehält. Durch ihr uneheliches Kind mit Woyzeck hat Marie wichtige gesellschaftliche Moralvorstellungen gebrochen. Sie steht damit als Hure da und die Nachbarin wirft ihr sogleich eine Affäre und Untreue vor, als beide von dem Tambourmajor schwärmen (vgl. Büchner 7).
Marie schlägt daraufhin wütend das Fenster zu und zieht sich mit Christian in die Kammer zurück. Sie gibt zu, dass ihr Kind sie glücklich macht, bemitleidet sich und ihre Situation jedoch auch selbst mit ihrem Lied. Ihre gute Laune ist endgültig verflogen, als Woyzeck hereinkommt. Sie merkt sofort, dass mit ihm etwas nicht in Ordnung ist und fragt ihn danach. Sie versucht seinen Wahnvorstellungen zu widersprechen, weiß aber nicht wie. Sie ist entrüstet, was ihre kurzen Ausrufe darstellen. Sie ermahnt ihn, sich zusammenzureißen, doch Woyzeck ist in Eile und schnell wieder verschwunden. Sie projiziert ihre Angst und Sorge um Woyzeck auf das Kind und fragt Christian, ob er sich fürchtet. Die Dunkelheit und Blindheit, die sie beschreibt, steht für ihre eigene Unwissenheit und die aussichtslose Situation, in der sie sich befindet. Sie weiß nicht, was aus Woyzeck und ihrer Familie werden soll. Dies macht ihr Angst.

Szene 3 (Buden. Lichter. Volk)

Zusammenfassung

In der dritten Szene laufen Woyzeck und Marie über einen Markt. Beschrieben werden ein Mann, der zu einem Leierkasten singt und ein tanzendes Kind. Marie scheint zunächst fröhlich, doch Woyzeck macht sich Sorgen und bemitleidet die singenden und tanzenden Menschen. Marie teilt seine depressive Weltsicht und gibt zu, dass nur ein Narr die Welt schön finden kann. Sie werden von dem Ausrufer einer Bude unterbrochen, der Werbung für eine Show macht. Woyzeck und Marie gehen hinein. Ein Wechsel erfolgt zu dem Tambourmajor und einem Unteroffizier; beide sehen Marie und finden sie attraktiv. Der Tambourmajor redet sogleich von Fortpflanzung und einer ganzen »Zucht von Tambourmajors« (Büchner 9). Beide ignorieren den Fakt, dass Marie in Begleitung ihres Freundes Woyzeck auf dem Markt ist. Marie, Woyzeck sowie der Tambourmajor und der Unteroffizier betreten die Bude. Es wird ein Pferd vorgeführt, dass auf die Worte des Marktschreiers reagiert. Als der Marktschreier nach einer Uhr fragt, zieht der Unteroffizier eine wertvolle Uhr hervor. Marie ist so begeistert, dass sie näher ans Geschehen will.

Analyse

Ein Markt, Leierkasten und tanzende Kinder deuten normalerweise auf eine fröhliche Atmosphäre hin. Das Lied des Leierkastenspielers ist jedoch sehr depressiv und enthält unter anderem die Zeile »Wir müssen alle sterben« (Büchner 8). Das lässt generell auf eine pessimistische Weltsicht der unteren Schicht schließen. Marie versucht jedoch, fröhlich zu sein und wirft fröhliche Ausrufe ein. Woyzeck dagegen sieht nur das Schlechte. Er ist sorgenvoll und weiß nicht, wie die anderen Menschen trotz ihrer schlechten Lage feiern können. Er wendet sich an Marie, doch sie unterbricht ihn, bevor er seine Frage beenden kann. Ihre ebenfalls negative Weltsicht wird deutlich, als sie feststellt, dass nur ein Narr die Welt schön finden kann. Darin schwingt eine Art Bedauern mit, vermutlich wünscht sie sich, selbst als Närrin in einer schönen Welt zu leben.
In der Show des Marktschreiers geht es um die Vermenschlichung von Tieren. Es werden unter anderem ein Pferd präsentiert, welches Astronomie beherrscht, Vögel, die in die Zukunft sehen können, und ein Affe, der einen Soldaten darstellt. Dabei wird die These unterstützt, dass Vernunft durch Erziehung ermöglicht wird. Das sind »Fortschritte der Zivilisation« (Büchner 9). Welche soziale Rolle Woyzeck in dem Stück zugeschrieben wird, wird deutlich, als der Marktschreier Soldaten als die »unterst Stuf von menschlich Geschlecht« (Büchner 9) beschreibt. Sogar ein Affe kann Soldat sein und steht somit auf der gleichen Stufe wie Woyzeck. Das zeigt auch, wie die Gesellschaft über einfache Soldaten und ihre niedrige soziale Stellung denkt .
Der Tambourmajor und der Unteroffizier drücken sich sehr anzüglich aus und sprechen Maries Attraktivität an. Sie sind rücksichtslos gegenüber der Tatsache, dass Marie einen Freund hat und nehmen Woyzeck gar nicht wahr. Marie wird wie ein Objekt beschrieben, das beide, besonders der Tambourmajor, gerne besitzen würden. Er denkt sofort an Sex und möchte Marie als Mutter seiner Kinder. Dass er das Wort »Zucht« (Büchner 9) verwendet, entmenschlicht Marie. Denn nur Tiere werden gezüchtet.
Im Inneren der Bude werden die Fähigkeiten des Pferdes vorgeführt. Das Pferd wird vermenschlicht, ihm wird ein hoher Intellekt und Vernunft zugesprochen. Hier spricht der Ausrufer sofort ein Kernthema des ganzen Dramas an: Die Schwelle zwischen Tier und Mensch. Während der Affe immer menschlicher wird und sich noch weiterentwickeln kann, wird Woyzeck im Laufe des Dramas immer mehr zum triebgesteuerten Tier. Als der Marktschreier nach einer Uhr fragt, auf der das Pferd die Zeit ablesen soll, zieht der Unteroffizier eine wertvolle Taschenuhr hervor. Er nutzt diese Gelegenheit, um sich aufzuspielen und anzugeben. Marie ist ganz begeistert und möchte weiter nach vorne, um besser sehen zu können. Der Unteroffizier und der Tambourmajor haben natürlich die besseren Plätze und helfen Marie bei ihrem Platzwechsel.

Szene 4 (Kammer)

Zusammenfassung

In der vierten Szene sitzt Marie in ihrer Kammer und betrachtet sich in einer Spiegelscherbe. Sie hat ihren Sohn auf dem Schoß und versucht, ihn zum Einschlafen zu bringen. Dabei ist sie jedoch mehr auf sich selbst konzentriert. Sie betrachtet die Ohrringe, die ihr der Tambourmajor geschenkt hat. Sie beneidet die Oberschicht um ihren Reichtum und stellt fest, dass sie genauso schön ist wie die reichen Damen. Als Woyzeck hereinkommt, versucht sie sogleich die Ohrringe vor ihm zu verbergen. Er bemerkt es jedoch sofort, doch Marie lügt und erzählt ihm, sie habe die Ohrringe gefunden. Woyzeck glaubt ihr nicht, gibt allerdings auf, als Marie beleidigt reagiert. Danach wendet er sich zum ersten Mal seinem Sohn zu, der nun schläft. Er bemitleidet den Jungen und projiziert ebenfalls sein Leid auf ihn. Er bringt Marie seinen Lohn, hetzt dann aber wieder los, um weiterzuarbeiten. Marie fühlt sich schuldig wegen der Ohrringe und weil sie Woyzeck, der alles für sie tut, angelogen hat.

Analyse

In dieser Szene wird der Unterschied zwischen Arm und Reich deutlich. Besonders für Marie, die zwar sehr schön ist, aber zur Unterschicht gehört und nichts besitzt. Im Gegensatz zu den reichen Damen verfügt sie nur über die Scherbe eines Spiegels. Die geschenkten Ohrringe sind vermutlich das wertvollste, was sie besitzt, sie denkt, die Ohrringe seien aus Gold. Sie fühlt sich wertgeschätzt und ist verzaubert von dem Geschenk, da sie sich das selbst niemals leisten könnte. Sie fühlt sich den wohlhabenden Menschen der Oberschicht näher und stellt fest, dass sie doch genauso schön ist wie die reichen Damen. Die geschenkten Ohrringe, sowie die Aufmerksamkeit des Tambourmajors, lassen Marie von sozialem Aufstieg träumen. Sie bedauert ihren Platz in der Gesellschaft.
In dieser Szene spielen ihre eigenen Gedanken die Hauptrolle in den Liedern und Worten, die sie an ihren Sohn richtet. Das gesungene Lied spiegelt das zeitgemäß negative Bild von Sinti und Roma wider. Hauptsächlich bewundert Marie jedoch ihre Ohrringe und ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als ihrem Kind viel Aufmerksamkeit zu schenken. Maries Schuldbewusstsein über die Ohrringe und ihre schlechten Lügen deuten darauf hin, dass ihr wirklich etwas an Woyzeck liegt. Auch wenn er ihr treu ergeben ist und seinen ganzen Lohn zu ihr bringt, kann er ihr keinen Reichtum bieten. Marie weiß, dass Woyzeck viel arbeitet, doch beide sind in der ausweglosen Situation der Unterschicht gefangen. Wie Marie projiziert Woyzeck seine Leiden auf den Jungen. Er kritisiert das ewige Arbeiten und Leiden der Arbeiterklasse und das niedrige Gehalt. Woyzeck hat keine Zeit für seine Familie, da er ständig zur nächsten Gelegenheitsarbeit hetzt.

Szene 5 (Der Hauptmann. Woyzeck)

Zusammenfassung

Um sich Geld dazuzuverdienen, rasiert Woyzeck den Hauptmann. Dieser ist Woyzecks Vorgesetzter und eine Respektsperson. Deshalb stimmt Woyzeck ihm unüberlegt bei jeder Aussage mit »Jawohl, Herr Hauptmann« (Büchner 12) zu. Der Hauptmann ist genervt von Woyzecks Hetze, denn er beneidet Woyzecks um dessen Jugend. Er ist stolz darauf, ein »guter Mensch« (Büchner 12) zu sein. Gut setzt er hier mit tugendhaft gleich, was für ihn das Wichtigste zu sein scheint. Um sich besser zu fühlen, erniedrigt er Woyzeck. Der Hauptmann bezeichnet ihn aufgrund seines unehelichen Kindes mit Marie als dumm und unmoralisch. In der zweiten Hälfte des Gesprächs verteidigt Woyzeck sich endlich und merkt an, dass Gott alle Kinder lieben würde. Der Hauptmann geht jedoch nicht auf Woyzecks Argumente ein und kritisiert nur Woyzecks fehlende Moral. Woyzecks gesellschaftskritische Antwort, dass einfache Leute es sich nicht leisten können, tugendhaft zu sein, ignoriert der Hauptmann. Am Ende gesteht er jedoch Woyzeck zu, ein »guter Mensch« (Büchner 13) zu sein. Allerdings mangelt es ihm an Verständnis für Woyzecks Situation, so ermahnt er ihn schließlich noch, langsam zu laufen.

Analyse

In Szene fünf wird die Unterschiedlichkeit der Gesellschaftsschichten auf vielerlei Weise deutlich. Zum einen untersteht Woyzeck dem Hauptmann; neben seinem Gehalt muss er noch weitere Arbeiten erledigen, während der Hauptmann genügend Sold bezieht, um einen anderen Soldaten zu bezahlen. Der Hauptmann hat keinerlei Verständnis für Woyzecks Eile, dieser muss sich jedoch hetzen, um so viel Arbeit wie möglich an einem Tag zu verrichten. Im Gegensatz dazu macht sich der Hauptmann Gedanken, wie er sich in der Ewigkeit beschäftigen soll. Er kann sich einen langsamen Lebensstil leisten.
Ständig verbindet er Eile mit Tugend, Moral und Gewissen. Jedoch ist seine Argumentation nicht schlüssig. Vor allem seine Erklärung: »Moral, das ist, wenn man moralisch ist, versteht Er« (Büchner 12) verdeutlicht, dass der Hauptmann nur gebildet erscheinen möchte. Offensichtlich kann er selbst nicht erklären, was Moral denn nun bedeutet. Durch die Erniedrigung Woyzecks steigert er sein Selbstwertgefühl und fühlt sich überlegen. Er führt größtenteils Selbstgespräche und möchte eigentlich nur Bestätigung von Woyzeck. Der Hauptmann ermutigt ihn etwas zu sagen, doch auch wenn Woyzeck sich verteidigt und durchaus schlüssige Gegenargumente vorbringt, geht er nicht auf dessen Worte ein. Stattdessen wiederholt er nur seine eigene Meinung.
Tugend und Moral scheinen für ihn das Wichtigste zu sein; er brüstet sich damit, tugendhaft zu sein. Woyzecks uneheliches Kind ist ein klarer Verstoß gegen die kirchlichen Moralvorstellungen und der Hauptmann nimmt ihm dies übel. Gläubig zu sein und den »Segen der Kirche« (Büchner 12) zu haben, gilt als tugendhaft. Die Kirche ist ein zentrales Element im Leben der Menschen und gibt die allgemeingültigen gesellschaftlichen Normen und Regeln vor. Woyzeck dagegen argumentiert, dass es sich nur die höheren Gesellschaftsschichten leisten können, tugendhaft zu sein. Mit Marie hat er nur deshalb ein uneheliches Kind, weil er nicht über genügend Geld für eine kirchliche Trauung verfügt.
Für Woyzeck dreht sich alles um das irdische Leben. Er kann sich nicht gegen sein »Fleisch und Blut« (Büchner 13) wehren. Wie Tiere sind die armen Leute ihrer Triebhaftigkeit ausgeliefert. Woyzeck muss viel arbeiten und Geld verdienen, um zu überleben. Er hat keine Zeit, sich Gedanken um die Ewigkeit oder moralisches Handeln zu machen. Er sieht auch in der Zukunft keine Verbesserung seines Zustandes; er zweifelt sogar daran, ob er überhaupt in den Himmel kommt. Wenn, so nimmt er an, müsse er auch dort arbeiten.

Szene 6 (Kammer)

Zusammenfassung

In Szene sechs wird Maries Betrug gegenüber Woyzeck offensichtlich. Marie und der Tambourmajor treffen sich in Maries Kammer, während Woyzeck arbeitet. Marie bewundert das Aussehen des Tambourmajors; er selbst genießt das Lob und fügt noch weiteres Selbstlob hinzu. Als Marie spöttisch auf sein übertriebenes Selbstwertgefühl reagiert, macht er ihr auch ein Kompliment. Nur, um ihr im nächsten Satz zu sagen, dass er Kinder von ihr möchte. Marie wehrt sich zunächst kurz, fordert den Tambourmajor dann jedoch auf, sie anzufassen. Mittlerweile sind ihr die Konsequenzen gleichgültig.

Analyse

Die Affäre zwischen Marie und dem Tambourmajor wird als etwas tierisches, triebhaftes beschrieben. Zunächst vergleicht Marie den Tambourmajor mit einem Rind und einem Löwen; also mit mächtigen, stolzen Tieren. Der Tambourmajor ist begeistert von dieser Beschreibung und findet sich selbst auch unwiderstehlich. Direkt und unverschämt sagt er Marie auf beleidigende Weise, dass er sie attraktiv findet und mit ihr schlafen will. Wegen seines übertriebenen Selbstwertgefühls und seiner Eitelkeit kommt es ihm nicht in den Sinn, dass Marie Sex mit ihm ablehnen könnte. Er bezeichnet sie als »Wild-Tier« (Büchner 14) und vom Teufel besessen, auch wenn er es ist, der den Geschlechtsakt zur Sprache bringt. Marie geht jedoch darauf ein und reagiert schließlich mit Leidenschaft auf ihn. Ihr scheint ihre Moral, sowie ihr Leben mit Woyzeck, gleichgültig zu sein. Sie will sich dem Tambourmajor hingeben, um so Bewunderung und die Illusion des sozialen Aufstiegs zu verspüren.

Veröffentlicht am 27. September 2022. Zuletzt aktualisiert am 27. September 2022.