Skip to main content

Woyzeck

Szenen 16–20

Szene 16 (Kammer)

Zusammenfassung

In der sechzehn Szene befindet sich Marie mit Christian und der Figur des Narren in ihrer Kammer. Marie ist ängstlich und sucht in der Bibel Zuflucht. Der Narr beschäftigt sich mit Christian und erzählt ihm ein Märchen.

Analyse

Die Ausdrucksweise des Narren, während er das Märchen erzählt, lässt darauf schließen, dass dieser geistig zurückgeblieben ist. Dies könnte der Grund sein, weshalb Marie trotz seiner Anwesenheit von ihrer Affäre spricht.
Marie hingegen blättert aufgewühlt in der Bibel und sucht nach einer Geschichte, in der es um die Vergebung von Ehebruch geht. Auch wenn Marie und Woyzeck nicht verheiratet sind, fühlt sie sich schuldig. Nun schämt sie sich für ihre Affäre und möchte nicht einmal von Gott gesehen werden. Sie fühlt sich so schlecht, dass sie nicht einmal beten kann. Sie wird schließlich fündig und liest die betreffende Stelle vor. Es handelt sich dabei um die Geschichte »Jesus und die Ehebrecherin« aus dem Johannes Evangelium (Bibel Johannes 8,1-11). Jesus vergibt in dieser Geschichte der Ehebrecherin, wenn sie nur nicht mehr sündigt. Marie dagegen hat nicht vor, die Affäre mit dem Tambourmajor zu beenden. Als Christian ihre Nähe sucht, wird sie wieder an ihre Sünde erinnert, denn er ist ja der Sohn von ihr und Woyzeck. Zudem macht sie sich auch Sorgen um Woyzeck, da er weder gestern noch heute zu Besuch kam. Sie schätzt Woyzeck immer noch, fühlt sich aber auch zu dem Tambourmajor hingezogen. Sie fühlt sich schuldig und möchte Vergebung, allerdings weiß sie auch, dass sie vergeblich auf diese Vergebung hofft.

Szene 17 (Kaserne)

Zusammenfassung

Woyzeck und Andres befinden sich in der Kaserne. Woyzeck sucht seine Wertsachen heraus und erläutert Andres, wem welcher Gegenstand gehörte. Somit beschreibt er Andres seinen letzten Willen und macht ihn zu einer Art Testamentsverwalter. Dies macht deutlich, dass Woyzeck sein Leben als beendet ansieht. Er plant zwar, Marie zu ermorden, weiß aber, dass auch sein Leben damit vorbei ist. Denn zu dieser Zeit stand auf Mord die Todesstrafe. Andres ist schockiert und weiß nicht, wie er mit dieser Situation umgehen soll. Er möchte Woyzeck helfen und rät ihm ins Krankenhaus zu gehen und Schnaps zu trinken. Er macht Fieber für Woyzecks Verhalten verantwortlich, allerdings scheint Woyzeck in dieser Szene keine Wahnvorstellungen zu haben. Er bereitet seinen Mord akribisch und rational vor.

Analyse

Woyzecks Besitz ist minimal; das meiste, was er besitzt, gehörte seiner Mutter oder seiner Schwester. Auch sind die meisten Dinge, wie beispielsweise das Kreuz und das goldverzierte Heiligenbild, kirchliche Gegenstände. Dies zeigt den enormen Einfluss der Kirche. Diese scheint auch in seiner Familie eine große Rolle zu spielen. Ein Grund, weshalb Woyzecks Familie nicht in dem Drama vorkommt, könnte sein, dass sich seine Familie von ihm abgewendet hat, als er mit Marie gesündigt hat. Mit seiner alten, kranken Mutter hat er anscheinend nicht viel Kontakt, genauso wenig mit seiner Schwester, da er Andres seine Sachen vermacht. Der Spruch auf dem Heiligenbild dreht sich um Leiden und das Leiden alles ist, was Woyzeck an »Gottesdienst« (Büchner 24) tut.

Szene 18 (Der Hof des Doktors)

Zusammenfassung

In Szene achtzehn ist Woyzeck wieder beim Doktor. Zurzeit hält dieser eine Vorlesung und versucht die Studenten mit wissenschaftlichen Experimenten über menschliche und tierische Instinkte zu belehren. Dabei soll Woyzeck eine Katze aus dem Fenster werfen, wozu dieser jedoch nicht in der Lage ist. Woyzecks schlechter Zustand erfreut den Doktor, der daraufhin seinen Studenten die Folgen der Erbsendiät erklärt.

Analyse

Der Doktor steht am Dachfenster, weit über den Studenten. Damit demonstriert er seine höhere Stellung und genießt, dass sie zu ihm aufsehen. Dass er plant, eine Katze aus dem Fenster zu werfen, lässt auf seine Skrupellosigkeit und Geringschätzung des Lebens deuten. Er macht sich über Woyzeck lustig, der offenbar Schwierigkeiten hat, die Katze festzuhalten. Es scheint Woyzeck zu widerstreben, ein unschuldiges Wesen zu töten. Woyzeck geht es zunehmend schlechter, vor allem wegen der Erbsendiät, die unter anderem auch zu Haarausfall führt. Vor allem aber scheint die Belastung psychischer Art zu sein, wegen der Demütigungen und dem geplanten Mord. Ihm ist schwindelig und sein Puls ist unregelmäßig. Der Doktor führt Woyzeck den Studenten begeistert als Forschungsobjekt vor. Sie dürfen ihn betasten und er muss mit den Ohren wackeln. Woyzeck protestiert zwar schwach, doch der Doktor würdigt ihn noch weiter herab. Er setzt ihn mit der Katze und einem Esel gleich und macht die Erziehung von Woyzecks Mutter für sein Verhalten und Versagen verantwortlich.

Szene 19 (Marie mit Mädchen vor der Haustür)

Zusammenfassung

Die Szene beginnt mit einem Mädchen, welches ein fröhliches Lied singt. Als jedoch »rote Sock« (Büchner 26) in dem Lied vorkommt, wird das Mädchen von den anderen Kindern unterbrochen. Marie befindet sich ebenfalls auf der Straße und die Kinder wollen nun, dass Marie für sie singt. Marie tut dies kurz und halbherzig, fordert dann aber die Großmutter auf, ein Märchen zu erzählen. Die Erzählung der Großmutter ist eine depressive Abwandlung des Märchens Sternentaler. Schließlich kommt Woyzeck und fordert Marie auf, mit ihm zu kommen.

Analyse

Die Kinder lehnen das zuvor gesungene Lied ab, was darauf hindeutet, dass die roten Socken als Metapher funktionieren. Die blutroten Socken könnten hier den kommenden Mord an Marie andeuten.
Im Original des Märchens Sternentaler erhält ein armes Mädchen, das viel Gutes tut, am Ende den Lohn in Form von Sternentalern (Schläbitz 63-64). In der Version der Großmutter ist das Mädchen traurig und allein. Sonne, Mond und Sterne werden zu traurigen Illusionen und das Märchen endet mit dem verwaisten, weinenden Mädchen. Es zeigt die allgemein depressive Stimmung und die aussichtslose Situation der Unterschicht. Die Menschen haben die Hoffnung aufgegeben, wie durch ein Wunder für all ihre Armut und ihr Leiden entschädigt zu werden. Dieses Märchen funktioniert ebenfalls als Andeutung auf den kommenden Mord und Christians Schicksal als Waisenkind. Als schließlich Woyzeck erscheint und Marie auffordert, mit ihm zukommen, nennt er ihr jedoch keinen Zielort. Dies kann bedeuten, dass er den Mord doch nicht bis ins kleinste Detail geplant hat.

Szene 20 (Abend. Die Stadt in der Ferne)

Zusammenfassung

Woyzeck und Marie sind außerhalb der Stadt spazieren. Marie ist müde und möchte gehen, doch Woyzeck lässt das nicht zu. Er fragt Marie über ihre Beziehung aus. Woyzeck deutet dann seinen Plan, Marie umzubringen, auf nicht subtile Weise an. Marie versteht seine Andeutungen jedoch nicht. Sie ist vollkommen überrascht und schockiert, als Woyzeck das Messer zieht und auf sie einsticht. Er ist wütend, sticht mehrfach auf sie ein und fordert sie auf, endlich zu sterben. Als er hört, dass sich Menschen nähern, flieht er.

Analyse

Woyzeck fragt Marie über ihre Beziehung aus und wie lange sie bereits zusammen sind. Als Marie antwortet, dass sie schon zwei Jahre zusammen sind, erwidert Woyzeck nur »wie lang es noch sein wird?« (Büchner 27). Dies ist die erste Andeutung auf den kommenden Mord, denn die Antwort lautet, dass es an diesem Abend zu Ende geht. Er bezeichnet sie als Hure, doch gibt auch zu, sie dennoch küssen zu wollen. Das bedeutet, dass er Marie immer noch liebt und sie deshalb wegen ihres Betruges umso mehr hasst. In dieser Szene wird deutlich, dass Woyzeck in dem Umgang mit Messern gut vertraut ist. In der ersten Szene hat er zusammen mit Andres Stöcke geschnitten, dann als Zusatzarbeit den Hauptmann mit einem Messer rasiert und schließlich sogar Messer in seinen Wahnvorstellungen gesehen.

Veröffentlicht am 27. September 2022. Zuletzt aktualisiert am 27. September 2022.