Woyzeck

Zitate und Textstellen

• »Unseins hat nur ein Eckchen in der Welt und ein Stückchen Spiegel und doch hab ich einen so roten Mund als die großen Madamen mit oben bis unten und ihren schönen Herrn, die ihnen die Händ küssen, ich bin nur ein arm Weibsbild.«
  – Marie (Büchner Szene 4, S.11)

  Hier ist es Marie, die etwas trotzig die Gesellschaft kritisiert. Sie stellt fest, dass sie doch genauso schön ist wie die vornehmen Damen. Diesen Damen ist es gestattet, sich von Herren bewundern zu lassen und Geschenke anzunehmen, doch für Marie gleicht es einer Sünde. Die Genschenke des Tambourmajors wirken fast wie eine Bezahlung für sexuelle Leistungen, d.h. Prostitution.

• »Herr Hauptmann, der liebe Gott wird den armen Wurm nicht drum ansehen, ob das Amen drüber gesagt ist, eh er gemacht wurde«
  – Woyzeck (Büchner Szene 5, S.13)

  Der Hauptmann konfrontiert Woyzeck mit seinem unmoralischen Verhalten. Zur damaligen Zeit war es moralisch verwerflich ein Kind zu zeugen, ohne verheiratet zu sein. Woyzecks Verteidigung lässt darauf schließen, dass dieser wenig Wert auf gesellschaftliche Normen und kirchliche Moralvorstellungen legt. Dennoch scheint er an einen guten Gott zu glauben.

• »Sehn Sie, wir gemeinen Leut, das hat keine Tugend, es kommt einem nur so die Natur, aber wenn ich ein Herr wär und hätt ein Hut und eine Uhr und eine anglaise und könnt vornehm reden, ich wollt schon tugendhaft sein. Es muss was Schönes sein um die Tugend, Herr Hauptmann. Aber ich bin ein armer Kerl«
  – Woyzeck (Büchner Szene 5, S.13)

  Hier übt Woyzeck, ohne es zu wissen, Gesellschaftskritik. Es ist einfacher für wohlhabende Menschen tugendhaft zu sein, doch die Menschen der Unterschicht können sich dies meist nicht leisten. Bei ihnen zählen vor allem die Grundbedürfnisse, es fehlen die Mittel, um auf moralisches Handeln zu achten. So hat Woyzeck zum Beispiel nur ein uneheliches Kind, weil er sich keine Hochzeit leisten kann.

• »Wer kein Geld hat. Da setz einmal einer seinesgleichen auf die Moral in der Welt. Man hat auch sein Fleisch und Blut. Unsereins ist doch einmal unselig in der und der andern Welt, ich glaub’ wenn wir in Himmel kämen, so müssten wir donnern helfen«
  – Woyzeck (Büchner Szene 5, S.13)

  Eine weitere Gesellschaftskritik von Woyzeck. Er spielt auf die ausweglose Situation der arbeitenden Unterschicht an. Er glaubt nicht an eine Erlösung, sondern nimmt an, dass er selbst im Himmel arbeiten müsste, wenn er denn dort landen würde.

• »Du hast ein rote Mund, Marie. Keine Blase drauf? Adieu, Marie, du bist schön wie die Sünde –. Kann die Todsünde so schön sein?«
  – Woyzeck (Büchner Szene 7, S.14)

  Woyzeck hat von Maries Affäre erfahren und meint nun, es ihr ansehen zu können. Er findet sie immer noch attraktiv und fragt sich wehmütig, wie eine so schöne Frau eine solch schlimme Sünde begehen kann. Auch wenn die beiden nicht verheiratet sind, sieht Woyzeck Marie als seine Frau an. Damit hat sie Ehebruch begangen, der Bibel nach eine Todsünde.

• »Er ist ein interessanter casus. Subject Woyzeck, Er kriegt Zulag. Halt Er sich brav. Zeig er sei Puls! Ja«
  – Doktor (Büchner Szene 8, S.16)

  Dieses Zitat zeigt die menschenverachtende Natur des Doktors. Er ist kein Arzt, der Menschen helfen möchte, sondern ein eiskalter Wissenschaftler. Er sieht Woyzeck nicht als Menschen, sondern als ein Forschungsobjekt. Anstatt dem immer kränker werdenden Woyzeck zu helfen, erfreut er sich über dessen schlechte Gesundheit.

• »Immer ordentlich, Herr Doktor. Das Geld für die Menage kriegt mei Frau«
  – Woyzeck (Büchner Szene 8, S.16)

  Woyzeck ist ein rechtschaffener Mensch, der hart arbeitet und die Anweisungen seiner Arbeitgeber befolgt. Er gibt seinen gesamten Lohn Marie, sogar das Geld für seine Mahlzeiten geht direkt an sie. Das bedeutet, dass er sie wirklich liebt und sich um das Wohlergehen seiner Familie mehr sorgt, als um sein eigenes.

• »Der Lange ist der Blitz und der Kleine der Donner«
  – Hauptmann (Büchner Szene 9, S.19)

  Damit beschreibt der Hauptmann sich (Blitz) und Woyzeck (Donner). Woyzeck wird wieder als der Kleine, Unterlegene beschrieben. Allerdings beschreibt der Donner auch Woyzecks Reaktion auf Maries Affäre. Wie der Donner nach einem Blitzeinschlag kommt Woyzecks Reaktion erst später, aber dafür umso stärker. In dem Mord entladen sich seine Gefühle, danach fühlt er sich befreit und fröhlich.

• »Heiß, heiß Hurenatem und doch möchte ich den Himmel geben, sie noch eimal zu küssen«
  – Woyzeck (Büchner Szene 20, S.28)

  Diese Zeile flüstert Woyzeck kurz bevor er Marie ermordet. Wegen ihrer Affäre mit dem Tambourmajor beschimpft er sie als Hure. Er verachtete und hasst sie dafür, dass sie ihn betrogen hat. Jedoch liebt und begehrt er sie noch immer. Diese überwältigenden Gefühle, zusammen mit Woyzecks Geistesverwirrung aufgrund der Erbsendiät, bringen ihn dazu, Marie zu ermorden.

• »Ein guter Mord, ein echter Mord, ein schöner Mord, so schön, als man nur verlangen tun kann, wir haben schon lange so kein gehabt«
  – Gerichtsdiener (Büchner Szene 26, S. 31)

  Diese Reaktion auf den grausamen Mord an einer jungen Frau zeigt die Gefühllosigkeit der Gesellschaft. Anstatt über die menschliche Tragödie zu trauern, freuen sich die Experten über einen grausamen Mord. Sie wirkten, wie auch die tote Marie, entmenschlicht.