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Die Welle

Kapitel 1-4

Zusammenfassung

1.Kapitel
Laurie Saunders sitzt alleine im Redaktionsbüro der Schülerzeitung »Ente«, der sie als Chefredakteurin vorsitzt. Doch da außer ihr niemand an seinen Beiträgen arbeitet, wird auch die nächste Ausgabe verspätet erscheinen. Sie gibt auf und beobachtet auf ihrem Weg zur nächsten Stunde ihre beste Freundin Amy, die in einem Klassenzimmer sitzt und versucht, den langweiligen Ausführungen des Französischlehrers Mr Gabondi zu folgen. Laurie will sie zum Lachen bringen und schneidet Grimassen durchs Fenster. Allerdings treibt sie es so weit, dass Mr Gabondi wütend vor ihr steht. Das Pausenläuten rettet sie vor einer Strafpredigt und die beiden Freundinnen machen sich atemlos vor Lachen auf zur nächsten Stunde.

Der junge Geschichtslehrer Ben Ross versucht, den Projektor in Gang zu bringen, allerdings ohne Erfolg. Aufgrund seiner dynamischen und begeisternden Art mögen ihn die Schüler. Das Lehrerkollegium ist darüber geteilter Meinung. Vor Stundenbeginn geht er nochmal die Arbeiten durch, die er zurückgeben will. Er stört sich an der Gleichgültigkeit der Schüler, die sie sowohl in ihrer Pünktlichkeit als auch an den Leistungen ihrer Hausarbeiten an den Tag legen. Endlich treffen die Schüler ein, unter ihnen Robert, Brad und David, der den Projektor ohne Probleme zum Laufen bringt. Ben gibt die Arbeiten zurück und bemängelt dabei deren unordentlichen Zustand, den er droht, zukünftig mit schlechteren Noten zu bestrafen.

2. Kapitel
Das aktuelle Thema der Geschichtsstunde ist der Zweite Weltkrieg. Ben zeigt einen Film über Deutschland während des Nationalsozialismus, der auch die Konzentrationslager mit einschließt. Während der Lehrer rationale Fakten beisteuert, spürt er seine innere Betroffenheit. Die Schüler reagieren entweder schockiert, wie Amy und Laurie oder ignorant wie Robert. Auf Amys Frage, warum sich niemand gegen die Nazis gewehrt habe, antwortet Ben mit der Aussage, dass die Bevölkerung verängstigt und wehrlos war und viele behaupteten, von den Grausamkeiten nichts gewusst zu haben. Das entfacht eine Diskussion und mehrere Schüler behaupten, dass sie es niemals so weit kommen lassen würden. Ben freut sich, dass er sie zum Nachdenken anregen konnte.

Laurie ist besonders erschüttert und bleibt nach der Stunde noch im Klassenzimmer. Sie kann das Ausbleiben der Gegenwehr der Bevölkerung nicht nachvollziehen und spricht mit ihrem Lehrer darüber. Nachdem sie gegangen ist, sucht Ben nach einem Gespräch mit Robert. Er informiert ihn darüber, dass dieser womöglich nicht versetzt wird, doch Robert scheint das egal zu sein. Ben glaubt, dass sein Schüler im Schatten seines älteren Bruders steht und versucht, zu ihm durchzudringen. Robert wird die Situation zunehmend unangenehm und er verlässt das Klassenzimmer.

3. Kapitel
Beim Mittagessen beobachten Laurie und David ihren Mitschüler Robert, der sich einen Platz sucht. Die Schüler halten ihn für seltsam und es wird über ihn geredet.

In Laurie hat der Film eine bleibende Wirkung hinterlassen und ihr den Appetit verdorben, während für ihren Freund David das Mittagessen wichtiger ist. Er ordnet das Gesehene der Vergangenheit zu und schließt damit ab. Amy und Brian quetschen sich an ihren Tisch. Sie unterhalten sich über das nahende Footballspiel. David und Brian gehören zum Team, doch sie schätzen ihre Chancen schlecht ein, da viele Spieler ständig das Training versäumen.

Das Thema fällt nochmals auf die vergangene Geschichtsstunde. Laurie fühlt sich für ihre Betroffenheit missverstanden und verlässt mit Amy den Tisch. David hakt es ab und geht nicht davon aus, dass sich eine solche Situation wiederholen könne.

Im Redaktionsbüro unterhalten sich Laurie und Amy über Lauries Beziehung. Sie verbringen hier oft Zeit zusammen. Amy sitzt dann am Fenster, um heimlich zu rauchen. Laurie hat das Gefühl, dass Amy mit ihr in ständiger Konkurrenz steht und sie sich so nicht wirklich nahe kommen. Sie werden von Carl und Alex erschreckt, zwei Witzbolde und ebenfalls Mitglieder des Redaktionsteams. Die nahende Abgabe der nächsten Schülerzeitung nehmen sie jedoch nicht ernst und finden alberne Ausreden.

4. Kapitel
Ben lässt es nicht los, dass er die Schülerfragen nicht präzise beantworten konnte. Darum nimmt er Bücher aus der Bibliothek mit nach Hause, doch findet auch hier keine klare Antwort. Ihm kommt die Idee, die damalige Situation zu simulieren. Als seine Frau Christy heim kommt, hört er ihr gar nicht zu. Sie ist ihm nicht böse. Christy hat solche Phasen schon früher erlebt, in denen Ben sich geradezu besessen einem Thema widmen konnte.

Analyse

Die ersten vier Kapitel fungieren als Exposition, in der die tragenden Figuren der Handlung sowie die Hauptschauplätze vorgestellt werden.

Der Roman beginnt mit einem Einblick in den gewöhnlichen Schulalltag an der Gordon High School. Das amerikanische Schulsystem unterscheidet sich vom deutschen System in der Hinsicht, dass es keine Unterteilung nach Leistungsniveau und Schulabschluss gibt. Alle Schüler besuchen dieselbe Schule, anstatt ihren Bildungsweg zwischen Gymnasium, Real- und Hauptschule zu wählen. Darum ist eine High School am ehesten mit einer deutschen Gesamtschule zu vergleichen. Es gibt keinen festen Klassenverband. Die Schüler wählen ihre Kurse und finden in diesen zusammen. Die High School ist eine Ganztagsschule. Aktivitäten wie die Schülerzeitung und das Football-Team laufen zusätzlich zum Unterricht.

Die Schüler an der Gordon High School, insbesondere im thematisierten Geschichtskurs, stellen also einen Querschnitt dar. Es gibt Musterschülerinnen wie Amy und Laurie, Mobber wie Brad, Football-Stars wie Brian und David, und sogenannte Versager, beziehungsweise Außenseiter wie Robert.

Das Redaktionsbüro der Schülerzeitung ist ein Ort der freien Meinungsäußerung und wird direkt zu Romanbeginn thematisiert. Im Verlauf kehrt die Handlung immer wieder dorthin zurück und bildet so den Kontrast zur aufkommenden Meinungseinschränkung. Hier ziehen sich Laurie und Amy zurück, um über Beziehungsfragen zu sprechen.

Laurie ist als Chefredakteurin der Schülerzeitung mit dem Engagement der anderen Redakteure unzufrieden. Auch im Football-Team herrscht mangelnde Disziplin. Die Spieler erscheinen nicht regelmäßig zum Training und dem kommenden Spiel gegen Clarkstown sehen sie mit Anspannung entgegen. Eine ähnliche Frustration zeigt sich in den Gedanken des jungen Geschichtslehrers Ben Ross. Er bemängelt die Unpünktlichkeit und Gleichgültigkeit der Schüler. Ihre unordentlichen Hausarbeiten bringen diese zum Ausdruck. Damit zeichnet sich ein Bild der Schüler ab, das zu Beginn des Romans in starkem Gegensatz zu den später eingeführten Werten von Disziplin und Handeln steht.

Der Film, den Mr Ross in dieser Stunde zeigt, bringt bei den unterschiedlichen Charakteren auch unterschiedliche Reaktionen, von tiefer Betroffenheit bis Gleichgültigkeit, hervor. Diese Gleichgültigkeit begründet Ben mit der Herkunft der Schüler aus »gesunden Mittelstandsfamilien« (19), die trotz oder womöglich gerade durch die Informationsflut der Massenmedien für derartige Leiden und Grausamkeiten keine Empathie aufweisen.

Auffallend ist jedoch der vorherrschende Konsens der Schüler, dass sie nicht verstehen können, dass sich die Bevölkerung in Deutschland nicht gegen das Regime der Nationalsozialisten gewährt hat. Dies zeigt sich an den Fragen und Aussagen der Schüler wie von Eric: »Das ist doch Unsinn! [...] Wie kann man denn Millionen von Menschen abschlachten, ohne dass jemand etwas davon weiß?« (21) oder Laurie: »Das ist keine Entschuldigung. Sie hätten doch fortlaufen können. Sie hätten sich wehren können. [...] Sie konnten selber denken. Niemand befolgt doch blind solche Befehle!« (23). Diese Fragen und Aussagen motivieren Ben zur Durchführung des Experiments und werden diesbezüglich bedeutsam.

Robert hingegen verschläft den Großteil des Films. Ben Ross erkennt, dass der Schüler sich selbst aufgegeben hat, da er im Schatten seines großen Bruders steht. Von den anderen Schülern wird Robert als komisch und seltsam betrachtet. Seine Außenseiterposition wird zu Beginn deutlich herausgestellt und bietet eine Erklärung, wieso er sich später so stark der Welle verschreibt. Noch mangelt es den Schülern spürbar an Disziplin und einem Gemeinschaftsgefühl, und das auf mehreren Ebenen.

Die Schüler der Gordon High stehen außerdem in Konkurrenz zueinander. Laurie bemerkt das sogar in ihrer Freundschaft zu Amy, die ihr nacheifern will. Das zeigt Amy, in dem sie zum Beispiel mit Footballspielern ausgeht, nur weil Laurie mit David aus dem Football-Team zusammen ist.

Bens Anspruch, den Schülern den bestmöglichen Lernerfolg zu bieten, zeigt sich in seiner Recherche, die er selbst am Abend zu Hause fortsetzt. Dabei wird die Idee eines Experiments geboren, das die Schüler in die Lage und Regeln der damaligen Zeit versetzen soll: »Es ist vielleicht eine Antwort, die sie selbst aus Erfahrung finden müssen.« (40) Dies stellt einen Bezug zu der in den 60er Jahren vorherrschenden Idee der antiautoritären Beziehung her, bei der Kinder vor allem aus eigener Erfahrung lernen sollten. Dieses Konzept weitete sich auch auf das Schulsystem aus, wo Frontalunterricht durch alternative Methoden wie pädagogische Experimente ergänzt oder ersetzt wurde. (Freund, 14) Die wahre Begebenheit, auf der Rhues Erzählung beruht, spielte sich 1967 an einer amerikanischen High School ab.

Durch Christys Beschreibung wird Bens eifriger Charakter herausgestellt, wie er auch zu Beginn des 2. Kapitels dargestellt wird. Auffällig ist dabei seine Tendenz, sich in einem Thema vollkommen zu verlieren, eine Eigenschaft, die ihn zu einem begeisterten Lehrer macht, doch auch die Gefahr birgt, von seinem eigenen Experiment mitgerissen zu werden.

Der Konflikt, der schließlich zu Bens Umsetzung des Experiments führt, wird durch mehrere Komponenten herbeigeführt: die mangelnde Disziplin der Schüler, ihre Reaktion auf den Film über Nazi-Deutschland aus Entsetzen und Unverständnis, Bens Motivation durch ein Experiment einen nachwirkenden Lerneffekt zu erzielen und schließlich die positive Annahme der Schüler auf das ungewohnte Unterrichtskonzept.

Der allwissende Erzähler wechselt dabei immer wieder von einer auktorialen zu einer personalen Erzählperspektive. In letzterer lässt er die Leser*innen an den Gedanken der jeweiligen Charaktere teilhaben. Im ersten Abschnitt betrifft das Laurie Saunders, Ben Ross und David Collins.

Veröffentlicht am 15. August 2023. Zuletzt aktualisiert am 15. August 2023.