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Die Welle

Kapitel 11-13

Zusammenfassung

11. Kapitel
Laurie findet beim Betreten des Redaktionsbüros einen anonymen Brief. In diesem schreibt ein Schüler aus der Unterstufe, dass er, nachdem er Mr Ross’ Unterricht besucht habe, von einem älteren Schüler gedrängt worden wäre, der Welle beizutreten. Als er sich weigerte, wäre ihm gedroht worden, dass er seine Freunde verlieren würde, sobald auch diese Mitglieder der Welle würden. Laurie wird nun einiges klar.

Auf dem Rückweg von Direktor Owens’ Büro beobachtet Ben, wie Schüler die Versammlung der Welle vorbereiten und Flugblätter verteilen. Ihr Tatendrang überwältigt ihn. Robert folgt ihm. Er will von nun an Mr Ross’ Leibwächter sein. Dieser sei der Anführer und daher schützenswert. Robert sieht darin seine Aufgabe. Ben ist erst skeptisch und fürchtet, dass er damit zu weit gehen könnte. Die Welle hat eine Eigendynamik entwickelt und sowohl die Schüler, als auch ihn mitgerissen. Trotz der Konsequenz, dass er die Position des Führers, die die Schüler bereits auf ihn übertragen, einnimmt und erfüllt, glaubt er mit seiner Zustimmung, das Experiment voranzutreiben.

12. Kapitel
Kurz vor der Versammlung hadert Laurie, ob sie hingehen soll. Der anonyme Brief hat etwas in ihr wachgerüttelt. Die Welle bringt nur Vorteile für die Mitglieder, aber nicht für diejenigen, die sich weigern, beizutreten. Laurie kann ihr Unbehagen nicht länger leugnen und bezeichnet die Welle als furchterregend.

Eine Prügelei holt sie aus ihren Gedanken. Brian ist darin verwickelt und schreit die Grundsätze der Welle. Ein Lehrer trennt sie und bringt sie zum Direktor. David klärt Laurie auf, dass es sich bei dem anderen Jungen um den Schüler Deutsch gehandelt habe, der es auf Brians Position im Footballteam abgesehen habe und nicht zur Welle gehöre. David hält das für Egoismus. Wäre Deutsch die Mannschaft wichtig, würde er der Welle ebenfalls beitreten.

Laurie trifft sodann eine Entscheidung: Sie wird nicht zur Versammlung gehen. Sie will, dass die Schüler individuell entscheiden können. Die Welle geht in ihren Augen zu weit. David versteht sie nicht. Für ihn überwiegen deutlich die Vorteile von Gleichheit und Einheit. Er behauptet, Laurie sei nur beleidigt, da sie nichts Besonderes mehr sei und trennt sich von ihr. Für Laurie gerät alles aus den Fugen.

Die Versammlung gilt als Riesenerfolg. Laurie versteckt sich im Redaktionsbüro, um nicht auf ihre Abwesenheit angesprochen zu werden. Sie erschrickt, als Alex hereinkommt. Auch Carl hat die Versammlung verlassen. Sie teilen das Gefühl, etwas gegen die Welle unternehmen zu müssen. Laurie ruft eine Sondersitzung der Redaktion ein, allerdings nur für diejenigen, die noch nicht zur Welle gehören. Sie soll Sonntagnachmittag bei ihr zu Hause stattfinden.

Am Abend kommt David nicht zu ihrer lang geplanten Verabredung. Laurie will nicht glauben, dass die Welle sie trennen könnte. Sie versucht sich an ihrem Artikel, doch ohne Erfolg. Stattdessen kommen ihr die Tränen. Als ihr Vater in ihr Zimmer kommt, ist Laurie überrascht. Normalerweise mischt er sich nicht ein. Mr Saunders spricht sein Mitleid für die Trennung aus. Doch seine Frau und er machen sich vor allem wegen der Welle Sorgen. Auf dem Golfplatz hat er eine Geschichte aus zweiter Hand gehört, dass ein jüdischer Junge nach der Versammlung zusammengeschlagen worden sei. Laurie ist schockiert. Die Grundidee der Welle war, das Leben in Nazi-Deutschland nachzuempfinden, und nicht, selbst zu Nazis zu werden. Ihr Vater spricht aus, dass das Experiment außer Kontrolle gerate. Laurie kann nur sprachlos zustimmen. Einige Eltern wollen am Montag zum Direktor gehen. Laurie erzählt ihm von der Sonderausgabe der »Ente«. Ihr Vater bitte sie, vorsichtig zu sein.

13. Kapitel
Laurie hofft, beim Footballspiel am Samstag mit Amy und David sprechen zu können und mehr über die Schlägerei zu erfahren. Vor allem Amy will sie überzeugen, aus der Welle auszutreten. Auf dem Weg zur Tribüne wird sie von Brad aufgehalten. Sie müsse den Gruß ausführen, bevor sie auf die Tribüne dürfe. Laurie weigert sich deutlich. Brad wird die Situation unangenehm und er erlaubt Laurie, ohne Gruß zu gehen, solange niemand hinsieht. Doch Laurie will sich nicht einschleichen. Ihren Fragen, wie Brad noch mitmachen könne, weicht er aus. Stattdessen macht er Andeutungen zu ihrer Abwesenheit bei der Versammlung. Doch bevor Laurie genauer nachhaken kann, beginnt das Spiel und beendet ihr Gespräch.

Am Sonntagnachmittag findet die Sondersitzung der Redaktion in Lauries Wohnzimmer statt. Carl bemerkt, dass einige Redakteure fehlen, weil sie nicht ins Visier der Welle geraten wollten. Alex reagiert mit seinen üblichen Witzen, kann jedoch das angespannte Gefühl im Raum nicht vertreiben. Ob die Welle wirklich als Motivation der Schüler galt, die den Jungen zusammengeschlagen haben, ist unklar. Definitiv sind verletzende Worte gefallen. Die Eltern des Jungen wollen den Direktor sprechen. Auch andere Eltern seien besorgt und die übrigen Lehrer skeptisch. Laurie hat einen Leitartikel verfasst, indem sie die Welle als gefährlich, sinnlos und freiheitsberaubend darstellt. Selbst das Football-Team hat trotz der neuen Prinzipien verloren. Die Sonderausgabe soll am Montag bis zur Mittagspause in der Schule verteilt werden.

Analyse

Das 11. Kapitel bildet den Höhepunkt der steigenden Handlung, als Laurie den anonymen Brief findet. Dass dies ausgerechnet im Redaktionsbüro stattfindet, verstärkt dessen symbolhafte Bedeutung als Ort der freien Meinungsäußerung, während diese auf den Fluren und in den Klassenzimmern zunehmend eingeschränkt wird. Nach bisher nur leisen Äußerungen der Verunsicherung beinhaltet der Brief eine erste deutliche Gegenmeinung zur Welle sowie deren folgenschwere Entwicklung in Richtung Radikalisierung. Eine Antihaltung wird von den Mitgliedern nicht länger akzeptiert, weswegen sich der Verfasser als anonymer Schreiber schützen muss. Auch Laurie erkennt das. Dadurch wechselt sie ihre Position und stellt sich von nun an gegen die Welle. Daraus etabliert sich eine zweite Spannungskurve, die sich der Gegenbewegung widmet.

Die faschistische Entwicklung des Experiments zeigt sich auch in Roberts Wunsch, Mr Ross’ Leibwächter zu werden, was ebenfalls zum Höhepunkt beiträgt und diesen besonders für die Spannungslinie der Welle herausstellt. Die Welle verleiht Robert Identität, Selbstwert und eine Aufgabe. Mr Ross hält diese als Führer und Gründer zusammen und muss in Roberts Augen daher geschützt werden.

Ben, der zuvor vom Tatendrang und Engagement der Schüler bezüglich der Versammlung beflügelt war, gerät ins Stocken. Die Welle entwickelt eine Eigendynamik, was sich in der Metapher zeigt: »Es war so, als hätte die Welle ein eigenes Leben gewonnen und ihn [Ben] und seine Schüler mit sich fortgeschwemmt« (113). Auch Erwachsene sind vor Manipulation nicht sicher. Ben wird von der Dynamik der Welle und den positiven Veränderungen der Schüler von Gleichgültigkeit zu Disziplin eingenommen. Er übersieht die fatalen Auswirkungen, beziehungsweise kalkuliert sie in seine Rechnung nicht mit ein. Stattdessen lobt er sich selbst für die Entwicklungen und wird von einem Gefühl der Macht erfüllt. Um das Experiment aufrechtzuerhalten, willigt er in Roberts Wunsch ein und unterdrückt seine eigenen Zweifel diesbezüglich.

Eine Schlägerei verdeutlicht die anschwellende Radikalisierung der Mitglieder. Brian prügelt sich mit dem jüngeren Deutsch. Als ein Lehrer sie trennt, brüllt Brian die Leitsätze der Welle und verstärkt damit ihren ideologischen Gehalt. Die Auseinandersetzung zwischen den beiden Football-Spielern hat erst auf Eifersucht und Konkurrenzkampf beruht. Nun wird auch die Mitgliedschaft der Welle darauf ausgelegt. Deutsch gehört der Bewegung nicht an und gilt daher in Davids Augen als Außenseiter. Deutschs Weigerung, der Welle beizutreten, wird von David verachtet, als Egoismus bezeichnet und wertet das Kollektiv höher als den Einzelnen. Diese Situation ist ein zweiter Aha-Moment für Laurie. Ihre vorherigen Zweifel, ob sie zur Versammlung gehen soll, haben sich aufgelöst. Sie trifft eine Entscheidung und lehnt die Welle ab. Das führt jedoch zum Streit und schließlich zur Trennung von ihrem Freund David. Die Bewegung greift somit in die persönlichen Beziehungen der Anhänger und Gegner ein, was Laurie in der Aussage: »Die Welle übernimmt einfach die Macht über alles« (118) andeutet.

Das Redaktionsbüro wird erneut zum Fluchtort. Die Welle hat eine solche Macht entwickelt, dass Laurie Angst vor den Fragen und Meinungen der Anderen hat: »Laurie wollte nicht zugeben, dass sie sich versteckte, doch es war so.« (119) Mit ihrer Meinung ist sie jedoch nicht allein. Alex’ Aussagen über das Verhalten der Schüler, wie eine Truppe Soldaten oder sein Vergleich der Schule mit einer Kaserne, sind witzig gemeint, enthalten aber einen bedrohlichen und wahren Kern. Außerdem zielen sie auf den militärischen Gehorsam und Drill der Bewegung ab.

Ähnlich ist es bei Carl, der sich die Ideen der Welle angehört und sich dann aktiv dagegen entschieden hat. In seinen Worten: »Das sieht ja fast so aus, als wäre ich hier in Anne Franks Dachkammer geraten« (120), spricht er von dem jüdischen Mädchen Anne Frank. Anne und ihre Familie versteckten sich mehrere Jahre in einem Hinterhaus vor den Nationalsozialisten, bis sie verraten wurden und Anne in einem Konzentrationslager ums Leben kam. Ihr Tagebuch wurde später von ihrem Vater veröffentlicht und ist weltberühmt. Carl zieht mit seinem drastischen Vergleich auf das Verstecken vor der radikalen Mehrheit, in diesem Fall der Welle, ab. Gemeinsam bilden die Schüler nun einen Kontrapunkt und wollen aktive Schritte gegen die Welle einleiten. Der unaufhaltsame Aufstieg der Bewegung wird gebremst. Die Sonderausgabe der Schülerzeitung wird zur Argumentationsschrift gegen die Welle, ihre Verfasser bilden die Gegenbewegung.

Diese Wende zeigt sich auch in der wachsenden Sorge der Eltern, unter ihnen auch Mr und Mrs Saunders. Ein weiterer Schüler wurde zusammengeschlagen und beschimpft, weil er Jude ist. Der Bezug zur Welle kann nicht hundertprozentig belegt werden. Die Bereitschaft zu Gewalt, Rassismus und Unterdrückung nimmt allerdings zu und treibt Lauries Bedürfnis zu handeln weiter an. Die sich überschlagenden Ereignisse erhöhen den Zeitdruck. Sie will ihre Freunde vom Gegenteil überzeugen und weigert sich von nun an, öffentlich den Prinzipien der Welle treu zu bleiben oder diese auszuführen. Dies zeigt sich beim Footballspiel, bei dem die Tribüne erst nach der Durchführung des Grußes betreten werden darf. Brad agiert dabei als Mitläufer. Er führt die Befehle aus, die ihm durch die Welle erteilt wurden. Seine Überzeugung reicht aber nicht so weit, dass er Laurie komplett verbietet, die Tribüne zu betreten. Denn sie darf diese nur heimlich passieren. Die Bedrohung durch die Welle, und damit ihr radikaler Charakter, wächst, vor allem für die Personen, die ihr nicht angehören, wie sich in Brads Zitat zeigt: »Und du solltest lieber den Mund halten. Du weisst, dass genug Leute bemerkt haben, dass du gestern nicht bei der Versammlung warst.« (129)

Anhand erlebter Rede kristallisieren sich in diesem Abschnitt Lauries Zweifel deutlich, und Bens vorsichtig heraus. Doch Ben schiebt diese immer wieder beiseite und gibt sich dem Strom der Welle hin, indem er ihr Anführer mit Leibwache wird. Das emotionale Empfinden unterscheidet sich vom aktiven Handeln. Laurie unterbricht diesen Kreislauf jedoch und lässt ihre Gefühle zu, als sie sich ihrer Position zur Welle klar wird. Das gibt ihr Orientierung und den Mut, sich gegen die Mehrheit zu stellen.

Veröffentlicht am 15. August 2023. Zuletzt aktualisiert am 15. August 2023.